Menschen

Benjamin Hopf

von Katja Neumann, 29.08.2008


Hinter dem 2008 gegründetem Label Formagenda stehen zwei erfahrene Köpfe: Benjamin Hopf, der seit zehn Jahren für deutsche und internationale Designlabels Leuchten entwirft, ist für den kreativen Teil verantwortlich, während Oliver von Schmarsow die Vermarktung betreut. Benjamin Hopf gründete Ende der 1990er Jahre gemeinsam mit Constantin Wortmann das „Büro für Form“. Hier entstanden für internationale Kunden wie Serien Lighting, Ritzenhoff, Elmar Flötotto oder Kundalini Arbeiten in den Bereichen Leuchten-, Möbel-, Interior-, Industrial- und Grafik-Design, die mit internationalen und nationalen Designpreisen ausgezeichnet wurden. Die junge Leuchtenfirma Formagenda stellte ihre erste Kollektion im April dieses Jahres auf der Frankfurter Messe Light+Building vor und gewann bereits im Vorfeld zur Messe einen Design Plus Award für das Modell „Cohiba“. Diese hat mit den Modellen „Tubo“ und „El Senor“ vor allem die ungewöhnliche Materialwahl gemein: alle drei Leuchten präsentieren sich im Lederjacket. Designlines sprach mit Benjamin Hopf über Formagenda als kreativen Neuanfang und seine neue Rolle als Leuchtenproduzent.


Herr Hopf, in Ihrer Zeit bei Hopf und Wortmann haben Sie neben Leuchten auch viele andere Produkte gestaltet ...

Ja, Möbel, Leuchten, Accessoires, Interieur und klassisches Produktdesign. Der Schwerpunkt lag aber auch damals schon auf Leuchten - wir haben zum Beispiel einige Produkte für Next, Serien, Flötotto oder Kundalini entworfen.

Was hat Sie dazu bewogen, nun mit Formagenda noch mal neu zu beginnen?

Ich wollte einfach die Erfahrung nutzen, die ich in den vielen Jahren gemacht habe. Sie für mich selbst nutzen, statt immer nur anderen diesen Erfahrungsschatz quasi umsonst zu schenken, denn dafür wird man ja nicht entlohnt. Die Bezahlung des Designers läuft bei Möbeln und Leuchten letztendlich über die verkauften Stückzahlen.

Also ein Neuanfang aus finanziellen Gründen?

Es sind auf keinen Fall nur finanzielle Gründe. Man steckt in die Produkte sehr viel Persönlichkeit hinein und manchmal werden an Entwürfen Veränderungen vorgenommen, die man so nicht wollte. Dann steht man vor der Frage, entweder „Nein“ zu sagen und den Entwurf anderweitig zu verwerten, oder es so realisieren zu lassen, wie der Produzent es herstellen kann. Auch wenn das Produkt danach nicht mehr genau so ist, wie man es sich vorgestellt hatte. Solche Fragen haben mich bewegt zu sagen: ich möchte selbst produzieren und versuchen, eine Kollektion zu entwickeln, in der die Grundideen der Produkte nicht verloren gehen dürfen.

Wie spiegelt sich Ihre neue Gestaltungsfreiheit in Ihrer Kollektion wider?

Mein Leitsatz im Design ist es, Emotionen zu transportieren und diese Emotionen auch zu kommunizieren. Jeder hat zum Beispiel Lieblingsstücke, die bei jedem Umzug wieder mitgenommen werden. Dinge, die man einfach liebt und um sich haben möchte. Das liegt an verschiedenen Gründen, an bestimmten Assoziationen oder Erinnerungen die man bei Produkten hat. Oft kennt man diesen Grund nicht einmal. Und so probiere ich hier bei Formagenda, die Emotionalität der Produkte in den Vordergrund zu stellen.

Bedeutet Formagenda für Sie eine Art kreative Spielwiese?

Formagenda ist für mich definitiv mehr als eine Spielwiese. In kreativer Hinsicht kann ich jetzt aber in der Tat aus dem Vollen schöpfen, weil ich für mich selbst arbeite. Ich habe niemanden mehr, der den Gedanken hinter dem Entwurf erst verstehen, dem ich die Idee erst einmal verkaufen muss. Der Begriff Spielwiese ist etwas zu lässig gewählt, da es ja nicht darum geht, sich gestalterisch auszutoben. Es geht darum, gezielt Produkte zu realisieren, die „Inhalt“ oder „Gestaltqualität“ haben. Und natürlich geht es darum diese zu verkaufen – und zwar so gut wie möglich.

Dies ist dann die Aufgabe Ihres Partners Oliver von Schmarsow ...

Ja, denn gerade Vertrieb und Vermarktung stellen für den Designer leider oft ein Hindernis dar. Viele kleine Labels scheitern vor allem daran, nicht großflächig in den Handel durchzudringen. Oliver und ich sind durch Zufall zusammen gekommen und hatten beide im Hinterkopf, etwas Neues zu machen. Er ist als Vertriebsprofi ja in einer ähnlichen Situation wie ich als Designer, indem er für andere Firmen auf Provisionsbasis arbeitet. Die Idee hatten wir vor ungefähr eineinhalb Jahren und seit ungefähr einem Jahr tüfteln wir an dieser Kollektion. Nun ist die Produktion weitgehend abgeschlossen und wir beginnen, uns im Handel zu etablieren.

Stammen alle Entwürfe von Ihnen?

Überwiegend, ja. Vor allem bei der Startkollektion war uns wichtig, eine „runde“ Kollektion zu entwickeln, die gezielt verschiedene Aspekte beinhaltet. So viele Produkte erst zusammen zu suchen, hätte wesentlich länger gedauert. Aber ich habe nicht den Ehrgeiz, alles selbst zu entwerfen, ich suche sehr gerne bei anderen Designern nach guten Produkten. Die Produkte müssen eben nur in das Gefüge von Formagenda passen. Es gibt sehr viele schöne Ideen, die keinen Hersteller finden. Und mein Netzwerk an Designern ist über die Jahre recht groß geworden. Es gibt in der aktuellen Kollektion zum Beispiel das Projekt „Lapplique“ von der Mailänderin Martina Grasselli. Die Leuchte hat mich sofort angesprochen, weil sie sehr emotional ist. Die Assoziation von Gesichtern, die sich durch dieses moderne, kühle Material drücken, in Kombination mit einer klassischen, schon fast altmodischen Leuchtenform. Das Ganze kann man wie einen Bilderrahmen an die Wand hängen. Der Kontrast von Material, Form und Gefühl verleiht dieser Leuchte ihren starken Ausdruck.

Und Sie produzieren nun auch selbst?

Wir arbeiten mit verschiedenen Zulieferern, die die einzelnen Teile fertigen. Das meiste stammt aus Deutschland. Wir wollten auf keinen Fall dem Trend folgen, in China so billig wie möglich zu produzieren. Der Preiskampf ist ein Diktat, der den Designprozess viel Qualität kostet. Wir versuchen die Qualität so hoch wie möglich zu halten. Aber der Produktionsprozess ist sehr langwierig. Bis alle Probleme beseitigt sind und ein Produkt so umgesetzt ist, wie man es sich vorgestellt hatte, vergeht oft bis zu ein Jahr. Formagenda ist demnach mehr ein zweites Standbein, parallel zu meinem Designstudio, wo ich weiterhin an Entwürfen für andere Firmen arbeite und verschiedene Interior-Projekte verfolge. Zur Zeit arbeite ich zum Beispiel an der Gestaltung eines „Ed Hardy“-Stores in Berlin.

Wie ist denn die Resonanz auf Formagenda bisher?

Sehr, sehr gut. Wir haben mit „Cohiba“ schon einen Design Plus Preis gewonnen und sind für den Designpreis der Bundesrepublik Deutschland 2009 nominiert. Das Feedback auf der Light + Building im April war außerdem enorm. Vor allem kommt die Lederkollektion extrem gut an, da die Materialwahl für Leuchten einfach völlig neu ist. Leder ist ja in den letzten zwei, drei Jahren vor allem wieder im Möbelbereich wieder verstärkt eingesetzt worden. Eine Leuchte wie unser „El Senor“ ist formal so reduziert, dass letztendlich nur das Material präsentiert wird.

Was hat es mit dem Reißverschluss bei „El Senor“ auf sich?

Das ist ein gestalterisches Detail, eine Brücke zur Mode, hat aber auch technische Gründe. Der Reißverschluß ermöglicht es, die Leder zunächst flach und somit platzsparend zu transportieren, und macht es leichter, die Kegelform zu erzeugen, ohne dass das Nähen zu aufwändig wird. Zu guter Letzt macht das Farbspiel zwischen der entsprechenden Lederfarbe in Abstimmung mit dem Reißverschluß, der Naht und dem dazu passenden Textilkabel den Entwurf erst interessant.

Produziert Formagenda ausschließlich Leuchten oder sind auch Möbel geplant?

Formagenda produziert zunächst nur Leuchten. Man soll ja nie „nie“ sagen, aber sich auf einen Bereich zu konzentrieren ist sinnvoll, da auch der Vertrieb gezielter ausgerichtet werden kann. Es gibt deutlich mehr spezialisierte Händler als ganzheitliche „Designstores“. Es kommt natürlich auch auf das Produkt an, ich schließe lieber nichts aus. Wir versuchen uns jetzt in diesem Bereich zu etablieren und bleiben beweglich und offen für Neues.

Herr Hopf, vielen Dank für das Gespräch.


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