Isabel Hamm
Die Kölner Leuchtendesignerin über handwerkliches Know-how, LED und den Schritt zur Serie.

Eine Boutique in Kitzbühel, das ZDF-Studio in London, ein Modeladen in München, Clubs, Bars, Hotels und exklusive Privathäuser – die handgefertigten Leuchten und Lüster von Isabel Hamm geben vielen Locations in Europa einen extravaganten Touch. Die oft groß dimensionierten Arbeiten der in Köln lebenden Designerin werden aus filigranen Glaselementen individuell gefertigt. Die aufwendigen Installationen setzen brillant-leuchtende Akzente im Raum.
Vor kurzem wurde Ihre Leuchteninstallation Marquette im Londoner 100 Wardour St. Club fertig gestellt. Wie entstehen diese aufwendigen Projekte?
Fast alle meine Projekte entstehen für einen konkreten Ort oder aus einem besonderen Anlass heraus. Seitdem ich mich mit Leuchten beschäftige, arbeite ich eng mit verschiedenen Architekturbüros und Innenarchitekten zusammen. Beispielsweise mit Russell Sage Studio aus London für die Marquette.
Ursprünglich haben Sie eine Ausbildung als Keramikerin gemacht. Wann haben Sie begonnen, Leuchten zu entwerfen?
Stimmt, zunächst habe ich mich mit Keramik beschäftigt, eine Ausbildung gemacht und schließlich den Abschluss als Meisterin. Das war 1987. Fast zehn Jahre später, 1996, habe ich dann am Royal College of Art in London zwei Jahre den Masterstudiengang der Keramik- und Glasabteilung besucht. Dort bin ich erstmals im Detail mit Glas in Verbindung gekommen, das ja das dominierende Material meiner Leuchten ist.
Was waren die entscheidenden Aspekte, sich intensiver mit Glas zu beschäftigen?
Das waren sicher an erster Stelle die technischen Möglichkeiten. Das RCA hatte eine eigene Glashütte im Haus, dort konnte man mit Unterstützung eines Tutors mit dem Material arbeiten. Es gab einiges zu lernen, aber ich konnte auch auf meine Erfahrungen als Keramikerin zurückgreifen. Der Vorgang zur Verformung des Glases beim Glasblasen hat Ähnlichkeiten mit der Arbeit auf der Drehscheibe. Dadurch habe ich auch gelernt, mehr wie ein Designer zu arbeiten.
Was meinen Sie damit?
Bis dahin habe ich eigentlich nur Dinge entworfen, die ich auch selber umsetzen konnte. Beim Umgang mit Glas war und ist das nur bedingt möglich. Hier ist bei der Bearbeitung das handwerkliche Know-how der Glasbläser extrem wichtig. Um gute Ergebnisse zu erzielen, muss man den Handwerkern Raum lassen und mit ihnen auf Augenhöhe am Entwurf arbeiten.
Wie kam das erste Leuchtenprojekt zustande?
Während des Studiums hatte ich in London die österreichische Architektin Monika Gogl kennengelernt. 2002 haben wir dann das erste gemeinsame Projekt realisiert. Für eine Boutique in Kitzbühel habe ich in ihrem Auftrag einen großen Glaslüster entworfen, dessen Glaselemente in einem Senkofen in einem Prozess vergleichbar mit dem Tiefziehen produziert wurden.
Wie arbeiten Sie heute?
Hauptsächlich setze ich Borosilikatglas ein. Das ist besonders hitzebeständig und kann punktuell verformt werden. Als Ausgangsmaterial für den Formgebungsprozess stehen zum Beispiel Röhren und Stäbe zur Verfügung. Seit 2003 arbeite ich mit Borosilikatglas, das ich durch einen Lehrer in einer Glasfachschule näher kennengelernt habe. Dieser Glasbläser arbeitet seitdem regelmäßig für mich. Für die Fertigung der Sonderleuchten kooperiere ich natürlich mit einem Elektriker. Ein Metallbauer, der Gürtlermeister ist, übernimmt die feinen Arbeiten in Messing und Edelstahl.
Bei den seriellen Produkten der Leuchtenindustrie kommen zunehmend LED zum Einsatz. Welche Leuchtmittel verwenden Sie?
2007 habe ich zum ersten Mal LED ausprobiert, aber nur sehr reduziert. Mittlerweile hat sich die Qualität der LED deutlich verbessert, vor allem in Bezug auf die Lichtqualität, aber auch bei der Wärmeentwicklung oder den elektrischen Kriterien. Interessant für mich ist beispielsweise, dass LED nun auch in Retro-Fit-Fassungen zur Verfügung stehen. Neben LED verwende ich aber immer noch Halogenlicht. LED kamen übrigens auch bei einer Kooperation mit dem Leuchtenproduzent Buschfeld Design zum Einsatz.
Kitzbühel, Lech, Anka, Fano – wie kommen die Leuchten zu ihren Namen?
Das ist ganz einfach und unspektakulär. Bei den Sonderleuchten für öffentlich genutzte Räume liefert der Installationsort den Namen, bei Leuchten für Privaträume verwende ich zum Teil den Namen des Auftraggebers.
Neben den Sonderleuchten und exklusiven Kleinserien haben Sie mit Shades nun auch den Schritt in Richtung Serienproduktion gemacht. Wie kam es dazu?
Die Pendelleuchte Shades hatte ich eigentlich als Sonderleuchte für das Hotel Wiesergut in Österreich entworfen. Die Auftraggeber waren hoch zufrieden, und auch die Hotelgäste waren begeistert und haben nachgefragt. Mit diesem positiven Feedback war der Schritt zu einer – noch kleinen – Serienproduktion nicht allzu schwer.
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