Menschen

Räume für Kommunikation

Margit Sichrovsky von LXSY Architekten über die Gestaltung neuer Arbeitswelten

Nur wenige Architekten von Co-Working-Spaces haben selbst mal in einem gearbeitet. Ihnen haben Kim Le Roux und Margit Sichrovsky etwas voraus. Denn ihren ersten Auftrag bekamen sie als Mieterinnen eines solchen Gemeinschaftsbüros. Seitdem ist die Architektur für neue Arbeitswelten das wichtigste Thema ihres 2015 gegründeten Büros LXSY Architekten. Neben preisgekrönten Co-Working-Spaces entwerfen sie auch Räume für Berliner Tech-Start-ups oder Inkubatoren.

von Judith Jenner, 05.11.2019

Mit ihren sechs Mitarbeiterinnen arbeiten LXSY Architekten in einem Schöneberger Loft und ziehen bald in eine neue Fläche im gleichen Haus um – dann endlich als Hauptmieterinnen. Im Interview erzählt Margit Sichrovsky, was das viel beschworene neue Arbeiten heute ausmacht und wie Architektur Kommunikation beflügeln kann.

Wie kam es dazu, dass Sie sich auf neue Arbeitswelten fokussiert haben?
Kim und ich haben uns im Masterstudiengang Architektur an der TU Berlin kennengelernt. Unsere Masterarbeit war der Entwurf eines Township-Upgrading-Programms in Kapstadt. Das war der Anstoß, unser Büro zu gründen. Erst haben wir uns zu Hause getroffen, doch schnell war klar, dass wir einen Arbeitsraum benötigen. Wir haben uns dann im Impact Hub eingemietet, ein Co-Working-Space für „Weltverbesserer“. Zufällig suchten die Inhaber Architekten für ihre neuen Räume und wir konnten uns mit unserem Entwurf durchsetzen.

Was fasziniert Sie an New Work?
Unser Mindset ist, dass wir gerne Leute zusammenbringen und etwas für den Menschen kreieren. Wir schauen immer, was gerade für diese Firma passt: In Tech-Start-ups haben wir zum Beispiel oft die Programmierer, die sich gerne zum Arbeiten abschotten. Wir schauen dann, wie sie so arbeiten können und man trotzdem eine Kommunikation ermöglichen kann. Unseren Leitfaden bilden die vier Cs: concentrate, collaborate, contemplate und communicate. Danach schaffen wir verschiedene Zonen, die nicht immer räumlich voneinander getrennt sein müssen. Zum konzentrierten Arbeiten oder Telefonieren beispielsweise kann ein abgeschlossener Meeting-Raum dienen, es kann aber auch eine Lounge sein, in der man ungestört aus dem Fenster schaut, um ein Problem zu wälzen. Bei den klassischen Arbeitsplätzen unterscheiden wir zwischen fix und flex. So schaffen wir für die Mitarbeiter verschiedene Möglichkeiten zum Arbeiten und Kommunizieren.

Warum sind gut gestaltete Büros wichtig?
Im Kampf um Mitarbeiter sehen viele Firmen ein, dass man eine gute Arbeitsumgebung schaffen muss. Den Angestellten ist das vielleicht gar nicht so bewusst, weil sie theoretisch nicht vor Ort sein müssten. Wie immer bei Architektur beeinflusst die Architektur aber die Umwelt und umgekehrt. Den Firmen geht es ja vor allem darum, Innovationen zu fördern. Gerade in der männlich dominierten Techbranche sind unsere Bauherren dankbar, dass die Raumplanung von Frauen kommt und damit vielleicht etwas weicher ausfällt als sie es gewohnt sind.

Wie kann Architektur dazu beitragen?
So wie Google und Facebook das machen, ist mir das oft zu verspielt. Wir glauben, dass eine zurückhaltende Atmosphäre eher die Kreativität fördert, als wenn sie bereits viel vorgibt an Farben und Materialien. Bei unseren Projekten versuchen wir, die Waage zu halten zwischen einem ruhigen und einem wertigen Design mit viel Holz. Durch die Nutzung entsteht dann eh Unruhe durch Plakate und Post-its an den Wänden, Glasscheiben werden als White Boards genutzt, was ja auch intendiert ist.

Welche Rolle spielt Repräsentation heute noch?
Das ist sehr unterschiedlich. Gerade arbeiten wir für einen Kunden, der schon möchte, dass sich seine CI im Tresen und der Einrichtung wiederfindet. Beim Co-Working-Space Full Node hingegen, wo sich viele verschiedenen Firmen einmieten, ging es eher darum, eine Wertigkeit zu schaffen, mit der sich die Firmen identifizieren können und die Räume so zu schaffen, dass das Arbeiten eine Qualität hat.

Was sind die größten Herausforderungen beim Gestalten von Co-Working-Spaces?
Viele Co-Working-Spaces bieten Veranstaltungen zu ihren Kernthemen an und finanzieren sich unter anderem darüber. Diese Nutzung darf aber nicht mit dem Arbeiten kollidieren, was nicht immer ganz einfach ist. Die Akustik ist auch immer ein riesen Thema. Meistens arbeiten wir dabei mit Akustikplatten, die wir unsichtbar an Wänden und Decken einsetzen.

Welche Trends beobachten Sie im Bereich New Work?
Ich beobachte, dass es weg geht vom Großraumbüro hin zu Teamräumen für vier bis sechs Personen. Auch die offenen Bereiche bedürfen mehr Schutz. Man sitzt zwar noch im Großraumbüro gemeinsam an langen Tischen, schottet sich aber akustisch oder visuell von anderen Teams ab. Etwas widersprüchlich finde ich, dass es trotz flacher Hierarchien oft noch das Einzelbüro für den Chef gibt.

Nehmen Sie bei Ihren Projekten Bezug auf die Gebäude, die ja teilweise denkmalgeschützt sind?
Bei unserem neusten Projekt Spielfeld in einer ehemaligen Post haben wir nach Absprache mit dem Denkmalamt das großzügige Entrée nach dem alten Vorbild wiederhergestellt und eine ursprüngliche Wandfarbe in den Vorhängen des Veranstaltungsraums aufgenommen.

Einige Möbel designen Sie selbst. Warum?
Bei Full Node haben wir sehr viel selbst gemacht und unter anderem einen Tisch, Rollcontainer und eine Leuchte zusammen mit Produktdesignern entworfen. Besonders schöne Schreibtische sind schwer zu finden.

Wie wird Ihr neues Büro aussehen?
Mit unseren begrenzten Mitteln möchten wir das Büro so gestalten, dass es eher wie ein Co-Working-Space als wie ein Architekturbüro aussieht. Einen Teil der Fläche werden wir an andere Kreative vermieten, sodass es einen interdisziplinären Austausch gibt. Der ist uns auch mit unseren eigenen Mitarbeitern wichtig, sodass wir unterschiedliche kommunikative Zonen schaffen werden.

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