Rolf Sachs
Typisch deutsch: ein Interview zur aktuellen Rolf-Sachs-Ausstellung in Köln.
Für Rolf Sachs scheint die Frage nach deutschen Werten auch eine Auseinandersetzung mit der eigenen Identität: Geboren in der Schweiz, der Vater Deutscher, die Mutter Französin. Die frühe Kindheit in Hessen, Schulbesuch in der Schweiz, Studium in England und Amerika. Verheiratet mit einer Iranerin. Erst Erfolg als Investmentbanker, dann als Designer, Künstler, Bühnenbildner. Da mischen sich die Einflüsse, nationale Referenzen lösen sich auf – oder verstärken sich. Ein Gespräch anlässlich seiner Ausstellung typisch deutsch?, die heute zur imm cologne 2014 in Köln eröffnet wird.
Herr Sachs, typisch deutsch? heißt Ihre Ausstellung im Kölner Museum für Angewandte Kunst. Wie sind Sie zu diesem Thema gekommen?
Da ich Deutschland meistens aus dem Ausland betrachte, habe ich bemerkt, wie es plötzlich wieder anders dasteht, stark dasteht: Beispielsweise in der Kunst, wo es in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts sicher eines der bedeutsamsten Länder der Welt war, und besonders im Vergleich zu Frankreich, das momentan keine wirklich großen Künstler hat, aber Anfang des vorigen Jahrhunderts die omnipräsente Kunstmacht war. Zudem stehen wir in Deutschland natürlich wirtschaftlich besonders gut da und ich glaube, es gibt auch wieder einen gewissen Selbststolz der Deutschen. Es ist ganz klar, dass unser Ruf durch den Nationalsozialismus gelitten hat. Diese schlimme Zeit sollten wir nie vergessen, aber es ist auch schön zu sehen, dass wir in den letzten Jahrhunderten viel geleistet haben – egal, ob in den Naturwissenschaften oder den Geisteswissenschaften.
Sie sprechen oft von „wir“, wenn die Sprache auf Deutschland und die Deutschen kommt.
Ich habe mich immer stark als Europäer gefühlt. Aber mehr und mehr merke ich, dass meine kreative Sprache Deutsch ist.
Werfen wir einen Blick auf Ihre Arbeiten. Sind das eher Kreationen oder Interpretationen?
Meine Kreationen sind sehr oft auch Re-Interpretationen. Ich benutze ja meistens funktionale Gegenstände, die bereits existieren. Ich bin kein Formgeber.
Arbeiten Sie also eher als Künstler denn als Designer?
Ich bin viel stärker auf der emotionalen Seite. Das ist die künstlerische Seite. Oft erkläre ich das Verhältnis von Kunst und Design mit zwei Kreisen, die sich wie in der Mengenlehre überlappen. Ich bewege mich in diesem Überlappungsbereich: Manchmal wandere ich mehr in die Kunstwelt, manchmal ein bisschen mehr in die Designwelt. Aber eigentlich bin ich eher in der künstlerischen Welt zuhause. Ich befasse mich beispielsweise auch nicht unbedingt mit neuen Materialien, mit denen man besser oder günstiger ein Produkt herstellen könnte. Das ist die Aufgabe von Designern.
Sie sind nicht zum ersten Mal in Köln. Bereits Anfang der 1990er Jahre haben Sie hier ausgestellt.
Die Stadt hatte früher eine unglaubliche Präsenz in der Kunstwelt. Eine Zeit lang war Köln sicher die Hauptstadt der Kunst – zumindest in Europa. In Deutschland ist die führende Rolle aber inzwischen von Berlin übernommen worden. Und auch London ist heute wesentlich präsenter.
Welche Erinnerungen verbinden Sie mit dieser Zeit?
In Köln war es damals einfach wahnsinnig spannend! Viele Künstler haben dort gelebt und es gab viele Galeristen. Ich habe mehrere Male bei Monika Sprüth ausgestellt. Zu dieser Zeit hatte Köln richtig Flair. Das hat es heute auch noch, aber die herausragende Position in der Kunst ist verloren.
Haben Sie ein Lieblingsstück in der aktuellen Ausstellung? Eine Arbeit, die Ihnen besonders am Herzen liegt?
Eine meiner Arbeiten, die zentral ist und alles ein bisschen einbindet, ist Der unendliche Geist (ein über vier Meter hoher, aus Bronze gegossener Bücherturm, der aus Werken deutscher Geistes- und Naturwissenschaftler besteht). Sie dient unter anderem als Erinnerung an Brancusi. Es gibt jedoch viele Stücke, die ich gerne habe. Einige sind humoristisch, andere eher sinnlich. Das Schöne an der Ausstellung ist, dass sie sehr abwechslungsreich ist, mehrere Medien präsentiert. Sie funktioniert wie mein Studio – wie ein kreatives Labor.
Herr Sachs, vielen Dank für das Gespräch.
Die Ausstellung „typisch deutsch?“ im Museum für Angewandte Kunst Köln wird heute um 18 Uhr eröffnet. Sie ist bis zum 21. April zu sehen.
Öffnungszeiten während der imm cologne 2014: 11 Uhr bis 21 Uhr.
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