Verstaubte Regale voller abgegriffener Bücher und unbequemes Mobiliar, das einem längeres Verweilen verleidet: Viele Bibliotheken haben ihren Zenit längst überschritten und dabei den Sprung ins digitale Zeitalter verpasst. Anders in Freiburg,  wo der provokante Neubau der Universitätsbibliothek von Degelo Architekten für Aufsehen, Besucherrekorde und interessante Ausblicke beim Studieren sorgt.

Von außen provokant, innen innovativ. Fassade und Form des Bibliotheksneubaus aus der Feder des Basler Büros Degelo Architekten spalten die Gemüter. Doch im Inneren weiß das Haus durch Funktionalität und neue Denkansätze zu überzeugen: Spröde Bibliotheksarchitektur sieht anders aus.

Neue Aus- und Einblicke
Die Albert-Ludwigs-Universität Freiburg wurde im Jahr 1457 gegründet und genießt hohes internationales Ansehen: Zehn Nobelpreisträger haben an ihr geforscht und gelehrt. Mit der neuen Bibliothek, die den Vorgängerbau aus dem Jahr 1978 ersetzt, wird der gute Ruf nicht nur gepflegt, ihm werden auch weitere Facetten wie Nachhaltigkeit und Zeitgeist hinzugefügt. Das Architekturbüro Degelo benutzte die Betonkonstruktion des Bestands als Grundlage für einen zeichenhaften Neubau, schliff das steinerne Skelett in die Form eines Prismas und umhüllte es mit einer Haut aus Glas. Aber nicht nur außen bietet das Gebäude neue Perspektiven: Drinnen gibt es neben den Ausblicken auf die umliegenden Häuser auch jede Menge interessante Einblicke. Große Raumformate, verglaste Trennwände und grazile Bücherregale machen es möglich.

Sprechen nicht vergessen
Die Ziele waren hoch gesteckt: Die Bibliothek sollte nach ihrer Fertigstellung die modernste ihrer Art in Deutschland sein und auch die digitale Konkurrenz nicht scheuen müssen. Der Anspruch bezog sich nicht allein auf die Architektur, sondern auch auf die Art der Medien und die Nutzung des Gebäudes. Neben klassischen Lesesälen bietet das Haus ein eigenes Medienzentrum nebst Fernseh- und Rundfunkstudio, in dem die Studenten nicht nur lernen und studieren, sondern auch eigene Formate produzieren können. Und im dritten Stock wartet das sogenannte Parlatorium: ein Ort, an dem das Sprechen und der soziale Austausch ausdrücklich gewünscht sind. Ein Novum für eine Bibliothek, das aus einem Haus mit Schweigepflicht eine echte Kommunikationszone macht. 

Gut geplant
Ausgestattet wurde das gesamte Gebäude mit seinen 1.800 Arbeitsplätzen zum größten Teil vom deutschen Unternehmen planmöbel, die in enger Zusammenarbeit mit Architekten und Bauherren die perfekte Ausstattung für das innovative Nutzungskonzept entwickelten. Das zentrale Element bildet dabei das Tischmodell m-pur in Weiß, der als Lesetisch dient. Der Möbelhersteller war auch für die Entwicklung technischer Details zuständig und integrierte eine kurvige Leseleuchte in die Studiermöbel. Die Leuchten lockern das ansonsten streng minimalistische Gestaltungsbild etwas auf und bleiben dennoch ihrer Funktion treu. Insgesamt entstanden unter der Leitung von planmöbel 770 Leseplätze, 14 Konferenztische mit technischer Ausrüstung, 60 Seminartische und 20 Stauraum-Möbel. Zusammen mit den 4,5 Millionen Medieneinheiten und der Architektur bilden sie den Rahmen für ein Studien- und Bibliotheksangebot, das in Zukunft an sieben Tagen in der Woche 24 Stunden lang genutzt werden kann. Auch hier ist man dem Internet ebenbürtig!