Erleuchtende Rückschau - Forum 3 in Basel
Vor etwas mehr als fünf Jahren ließ der Schweizer Pharma Konzern Novartis sein Werksareal St. Johann in Basel, Hauptsitz der international agierenden Konzerngruppe, von Vittorio Lampugnani, Städtebauprofessor an der ETH in Zürich, Vittorio, neu planen. Das Unternehmen sieht vor den bestehenden Industriekomplex in ein hochmodernes Forschungs- und Entwicklungszentrum zu verwandeln. Die Novartis AG unterstreicht damit seinen Wechsel von einem Produktionsunternehmen hin zu einem Ort des Wissens, der Innovation und der Begegnung. Der Masterplan des italienischen Architekten Lampugnani fiel streng aus. Er wurde gemeinsam mit dem Landschaftsplaner Peter Walker, Lichtarchitekt Andreas Schulz und den Künstlern Harald Szeemann und Alan Fletcher erarbeitet.
Im vergangenen Jahr wurde das schlanke, fünfgeschossige Bürogebäude „Forum 3“ vom Schweizer Büro Diener & Diener Architekten eingeweiht und bildete damit den markanten Auftakt des geplanten Umwandlungsprozesses in den Novartis-Campus. Diener & Diener bediente sich hierbei einer architektonischen Sprache, die man von ihnen eigentlich gar nicht kennt: Eine hochkomplexes farbige Glashülle überzieht das 85 m lange Gebäude und verbreitet am Abend spielerisch bunte Heiterkeit. Der Künstler Helmut Federle entwickelte für die Fassade ein unregelmäßiges, geometrisches Muster von Glasscheiben verschiedenen Formats und unterschiedlicher Farbe, die sich zum Teil überlappen, aber stellenweise auch Lücken frei lassen. Sie bilden eine zweite, durchlässige Schicht vor dem Gebäude und erinnern aus der Ferne an die wie durchscheinend wirkenden Aquarelle des Künstlers Paul Klee.
Sinnliche Design-Noblesse
Hinter der Gebäudehülle verlaufen balkonartige Laubengänge und machen die Fassadenskulptur damit begehbar. An der südlichen Stirnseite wurde von den Landschaftsarchitekten Vogt ein viergeschossiger Wintergarten mit exotischer Bepflanzung angelegt. Eine skulpturale, geschwungene Nussbaumtreppe verbindet die vier Büroebenen des Hauses. Büromöbel von Charles und Ray Eames sorgen zudem für die nötige Design-Noblesse. Auch sonst wurde in Sachen Materialien und Ausstattung nicht gespart: Schwarzer griechischer Marmor ziert den Boden des Eingangsbereich, das Café wurde mit Rietveld- Ledersesseln ausgestattet und bodenlange Schiebetüren ermöglichen die Öffnung des Erdgeschosses zur platzseitigen Arkade.
Das Raumkonzept des Gebäudes ist den flexiblen Strukturen moderner Arbeitsorganisation angepasst. Die Architekten entwickelten ein Konzept des offenen Großraumes und gliederten diesen durch ruhige Besprechungszonen. In Gruppen von bis zu vier sitzen die Mitarbeiter um einen großen Tisch und wer sich zurückziehen möchte, kann sich in eine abgeschlossene Glaskabine zurückziehen.
Homogenes Licht mit besonderen Akzenten
Da für die Außenwirkung weitgehend auf Deckenbeleuchtung verzichtet wurde, entwickelte das in Berlin und Bonn ansässige Büro LichtKunstLicht für die offenen Büroräume ein indirektes Beleuchtungssystem, wobei die Lichtquellen in das vorhandene Mobiliar integriert wurden. Die Schränke sind ca. 1,90 m hoch und verfügen über Vertiefungen an der Oberseite, in denen je eine Indirektbeleuchtung eingelassen wurde. Hinzu kommen Tischleuchten für eine individuelle Handhabung. In den Besprechungsräumen und Einzelplatzarbeitsplätzen wurden Pendelleuchten angebracht, die der Form der Einzelplatzbeleuchtungen entsprechen.
Das Erdgeschoss wird von verschiedenen Lichtlösungen erleuchtet. Mit Rücksicht auf die Fassadengestaltung erhielt das Café eine dezente Deckeneinbaulösung, die vom Wiener Atelier Pichelmann entwickelt wurde und Entlüftung und Beleuchtung in einem Element vereint. In eine runde, aus der Decke ausgeschnittene Öffnung mit einem Durchmesser von etwa 1,2 m, wurden dazu verschwenderische 65 dimmbare Glühlampen platziert. Über schmale Öffnungen kann außerdem seitlich die verbrauchte Raumluft abgesaugt werden.
Die Großen Besprechungssäle erhielten eine Kombination aus zwei Beleuchtungsarten. In der Decke eingelassene „Wallwasher“ betonen die Raumbegrenzungsflächen und stellen die Grundversorgung dar. Große glockenförmige Pendelleuchten des Lichtdesigners Ingo Maurer werfen warmes Licht auf den Besprechungstisch. Und bei Beamer-Präsentationen werden die großen Leuchten einfach mit einem kleinen Motor am Kabel nach oben gefahren und geben somit den Blick zur Projektionswand frei.
Architektur als Zeichen von Innovation und Zukunft
In der Gebäudeflucht des repräsentativen „Forum 3“ mit gleicher Höhe und gleicher Tiefe wurde vor kurzem das Verwaltungsgebäude des Novartis Campus vom Tokioter Architekturbüro Sanaa und das an der Fabrikstrasse gelegene Visitor Center der Zürcher Architekten Peter Märkli fertig gestellt. Die Architekten für die weiteren Gebäude sind neben Adolf Krischanitz auch Frank O. Gehry und Tadao Ando.
Hört sich diese Aufzählung etwa bekannt an?
Den Vergleich mit dem Architekturzoo, der dem Möbelherstellers Vitra auf dem Werksgeländer in Weil am Rhein nachgesagt wird, lässt Vittorio Lampugnani jedoch nicht gelten, bestimme doch hier eine detaillierte Planung das Unternehmen. Tatsächlich scheint es bei Großunternehmen jedoch üblich geworden zu sein, dem Firmenantlitz mit hochkarätigen Architekturgrößen den ein oder anderen außergwöhnlichen Brillanten anzulegen. Den Architekten kann es nur recht sein und Mäzenen braucht die holde Baukunst heute nicht weniger als in früheren Zeiten.