Fenster zum Hain
Mallorca ist ein Dorado der Malerei, schrieb die französische Schriftstellerin George Sand Mitte des 19. Jahrhunderts. Alles dort sei pittoresk, von der Bauernhütte bis zum lumpenbehängten Kind. Seitdem haben sich die Zeiten wahrlich geändert, doch die Bildlichkeit der Baleareninsel wird auch heute immer wieder reflektiert – selbst in der vom spanischen Büro A2 Arquitectos entworfenen Spa- und Schwimmanlage des Hotel Castell dels Hams in Porto Cristo, die zunächst ganz anders wirkt.
Es scheint alles so zu sein, wie es sich für eine klassische Hotelanlage auf Mallorca gehört: Der Rasen ist höchsten zwei Zentimeter hoch, die Hecke perfekt gestutzt, der Palmengarten mit diversen Schwimmbecken ausgestattet, und die Fassade des von der maurischen Architektur beeinflussten Baus mit zahlreichen Balkonen verziert. Doch wer über den breiten Fußweg hinter das L-förmige Hauptgebäude spaziert, entdeckt nicht nur einen herrlichen Ausblick auf die umliegenden Olivenhaine, sondern auch zwei längliche Neubauten. Auf den ersten Blick haben sie in ihrer reduzierten, fast nordischen Anmutung so gar nichts mit der balearischen Hotelanlage gemein. Doch bei genauerer Betrachtung erweisen sie sich als dessen Pendant: In den beiden Häusern ist die sich vorzugsweise für die kühleren Wintertage anbietende neue Spa- und Schwimmanlage untergebracht.
Tanz der Lichtreflexe
Das Büro A2 Arquitectos hat die räumliche Unterteilung der 690 Quadratmeter großen Einrichtung bewusst gewählt. Das erste Gebäude schmiegt sich in seiner Breite an das Haupthaus an und dient als Verbindungsglied zwischen Alt und Neu, Hotellobby und Wellnessbereich. Hier nimmt ein großes, aus schwungvollen Linien komponiertes Schwimmbad den von der Farbe Weiß dominierten Raum ein, der ein wenig an Jean Nouvels Badeanlage Bains des Docks im französischen Le Havre erinnert. Die Wände und Decken sind mit zahlreichen verglasten Öffnungen versehen, die bei Sonnenschein zusammen mit dem Weiß der Böden und Decken sowie dem Blau des Wassers eine helle Atmosphäre mit dekorativen Lichtreflexen schaffen.
Gerahmte Olivenhaine
Das zweite Gebäude ist zur Natur ausgerichtet und hat an seiner Längsseite große Fensteröffnungen, die die Umgebung räumlich einfangen sollen. Es fügt sich diagonal an die Schwimmanlage an, so dass es teilweise mit deren Rück- und Längsseite verbunden ist. Das Bindeglied hier ist das kleine Caldarium, das auch komplett in Weiß gehalten ist; nur die quadratischen Fenster in der Decke sind aus grünem Glas und tauchen den Raum in ein angenehmes mintgrünes Licht. In der Mitte des Zimmers ist ein rundes Warmwasserbecken untergebracht, dahinter folgen vier mit kleinen, weißen Mosaiken besetzte Steinliegen. Sie stehen vor einer großen Glasfront und bieten einen herrlichen Ausblick auf grüne Olivenbäume, deren kräftige Farbe durch das grüne Oberlicht noch verstärkt wird.
Farbbilder
Rechts neben dem Caldarium befinden sich zwei finnische Saunen, die ganz klassisch mit hellem Kieferholz ausgestattet sind und ebenfalls große Fensterfronten besitzen. Ihnen gegenüber sind Duschen für die Abkühlung zwischen und nach den Saunagängen untergebracht. Dahinter folgen vier nur durch die Decke mit natürlichem Licht versorgte Räume, in denen Kosmetikbehandlungen und Massagen stattfinden. Auf der linken Seite des Caldarium folgt zunächst ein ebenfalls schlicht in weiß ausgestatteter Ruhebereich und im Anschluss ein Raum mit einem Whirlpool. Im Gegensatz zur finnischen Sauna ist er mit Nussholz ausgestattet; nur die Decke ist weiß und umfasst quadratische Fenster aus roten Glas. Dank des dunklen Holzes und des roten Oberlichts wirkt die Atmosphäre hier nicht nur sehr gedämpft. Auch der Ausblick durch die große Glasfront lässt die grünen Olivenbäume in einem anderen Licht erscheinen.
Wie George Sand während ihrer Reise mit Frédéric Chopin 1838 schrieb, scheint auf Mallorca die Natur den Künstler zu erwarten und aufzufordern – und offensichtlich auch den Architekten. Zum Beispiel mit viel Glas, das eine räumliche Verbindung zwischen Architektur und Landschaft herstellt und dabei gekonnt die besondere Bildlichkeit in einen zeitgemäßen Rahmen setzt.