Ganz in weiß
Fast jede Idee hat ihren Ursprung auf einem weißen Blatt Papier – sei es die für ein Möbel, ein Haus oder diesen Text. Ist die Idee erstmal in die Realität umgesetzt worden, landet das Blatt meistens im Müll oder verschwindet in einem Aktenordner, um durch ein neues, unbeschriebenes Blatt ersetzt zu werden: der Kreislauf der Dinge! Für die in Hongkong sitzende Agentur Design Systems Ltd war genau dieser Gedanke die Grundlage für die Gestaltung des eigenen Büros.
Weiße Oberflächen haben ihre Vor- und Nachteile: Sie dienen als perfekter, neutraler Hintergrund ohne eigene Aussage, und verkörpern für den Menschen Reinheit und Purismus. Die Kehrseite ist ihre Schmutzanfälligkeit – jeder kennt die Spuren von schmutzigen Schuhen, Möbeltransporten und der letzten Geburtstagsparty auf weißen Wänden und Böden. Das Gestaltungsbüro Design Systems Ltd vermengte die beiden Sichtweisen: Für sie sind diese Abdrücke Zeichen von Bewegung und ein Hinweis auf die Größe, und damit den Erfolg ihrer Agentur. Der Wunsch ist, dass die Mitarbeiter die weißen Wände exakt wie ein Blatt Papier benutzen: zuerst mit Ideen befüllen und am Ende eines Prozesses wieder leeren.
Im Kopf des Designers
Aus der in grobem Sichtbeton gehaltenen Lobby tritt der Besucher durch eine Messingtür in den 300 Quadratmeter großen Büroraum, der sich L-förmig um den Vorraum legt. Um den Türgriff herum finden sich bereits erste Spuren: Auf dem Messing sind die Fingerabdrücke der Menschen gut sichtbar, die sich gegen die Tür gestemmt haben, um diese zu öffnen. Ein weiterer Effekt ist die Spiegelung des Raumes in der Messingverkleidung, die dem Raum einen leicht vergilbten Eindruck verleiht, fast wie bei einem Polaroid-Foto. Die Wände des Büros haben etwas Tagebuchartiges, kann man doch auf ihnen in die Gedankenwelt der Designer eintauchen. Umso länger ein Projekt andauert, desto mehr Bildmaterial sammelt sich darauf – und wenn es vorbei ist, leeren sich die Oberflächen wieder bis auf den weißen Grund.
Geordnete Unordnung
Die Arbeitsbereiche sind eingehaust in – natürlich – weiße Trennwände, die nach außen mit einer gerippten Oberfläche versehen sind und dadurch erheblich zu Verbesserung der Raumakustik beitragen. Nur im Inneren sieht man die Pressholzstruktur, der einzige Hinweis auf die Beschaffenheit der von der Agentur selbst konzipierten Möbel. Die Arbeitskapseln nehmen nicht nur die Gespräche der Designer, sondern auch die anfallende Unordnung in sich auf. Die Gedanken außerhalb sollen frei bleiben, unbeeinflusst vom bürokratischen Chaos eines Arbeitsplatzes: eine geordnete Unordnung.
Neben optischen und funktionalen Qualitäten spielten bei der Auswahl der Materialien auch ökonomische und ökologische Kriterien eine wichtige Rolle. Die Arbeitsplatten sind aus recycelten Holzfaserplatten, und die Trennwände beginnen erst auf Höhe der Sitzflächen, so konnte Material eingespart werden. Um aufwendige Bodentanks oder Kabelgewirr auf dem Fußboden zu vermeiden, wurde die gesamte Verkabelung unter die Decke gelegt und kann von den Mitarbeitern über flexible Kabelleitungen je nach Bedarf genutzt werden.
Designgeschichte besitzen
Keinen Stuhl gibt es mehrfach, keiner gleicht dem anderen: vom klassischen gepolsterten Bürodrehstuhl, über ältere Klassiker wie den Panton-, Plastic- und Standard Chair bis hin zum zeitgenössischen Chair One von Konstantin Grcic, der wohl an keinem Ort für Kultur- und Kunstschaffende mehr fehlen darf. Design Systems huldigen mit der Gestaltung ihres eigenen Büros der Ideenvielfalt und Kreativität: eine Hommage an das Design und seinen Entstehungsprozess.