Kunst der Präzision
Egal ob es um die Zubereitung von Sushi oder den Bau eines Hochhausprojektes geht: Harmonie, Einfachheit, Zurückhaltung und die Liebe zum Detail bilden die Charakteristika der japanischen Ästhetik. Das Architekturbüro Takashi Yamaguchi & Associates aus Osaka verwendet bei seinen Bauten eben jene Elemente der kulturellen Tradition und verbindet sie mit einer hochmodernen Architektursprache. Für die Dynamic Tool Corporation, einem auf Entwicklung und Import von Präzisionsmetallen spezialisierten Unternehmen, entwickelten die Architekten einen monolithisch anmutenden Unternehmenssitz in Kyoto, dessen Qualitäten in der gebauten Präzision und der Inszenierung des Innenraumes durch eine genau geplante Lichtführung liegen.
Das Gebäude des japanischen Start-Up Unternehmens liegt auf einer künstlich aufgeschütteten Anhöhe und macht bereits aus der Ferne durch seine metallisch schimmernde Außenhaut auf sich aufmerksam. Diese besteht aus großformatigen Aluminiumpaneelen, die nahezu bündig auf die Verglasung der Erdgeschosszone im Norden stoßen. Die Entwicklung des Baukörpers verglich Takeshi Yamaguchi mit einem präzisen Schnitt durch ein Volumen in zwei gleich große, horizontale Teile, wobei das obere „Stück“ etwas nach vorne verrutscht sei. Der dadurch im Erdgeschoss entstandene „Unterstand“ dient als Eingangsbereich und ist mit einer transluzenten Glasfassade versehen. Im Obergeschoss wurde der „Überstand“ als Balkonfläche angelegt, die mit Metallnetzen verkleidet ist. Der zweigeschossige Kubus hat eine Grundfläche von 35 Meter x 12,1 Meter bei einer Höhe von 7,90 Meter.
Inszenierung des Lichtes
Auch im Inneren zeichnet sich das Gebäude durch klare Oberflächen und kühle Materialien aus. Wenige Möbel betonen den formalen Ausdruck des Ortes, der durch einen präzisen Einsatz von Tages- und Kunstlicht eine spannungsvolle Qualität erhält.
Die satinierte Glaswand neutralisiert das Tageslicht im Eingangsbereich und taucht ihn in diffuses Zwielicht. Von hier führt eine innen liegende Treppe ins Obergeschoss. Ein Kunstlichtstreifen im Bereich des Auftritts betont ihren Verlauf und dient ihr gleichwohl als einzige Grundbeleuchtung. Die Betonung einer Raumkante wiederholt sich in der Decke des folgenden Erschließungsganges im oberen Geschoss. Durch diese schmalen Lichtstreifen erfahren die einzelnen Bauteile einerseits eine ungewohnte Betonung und kehren andererseits das Verhältnis des natürlichen Lichtverlaufes um. Das Spiel mit unseren Seh- und Wahrnehmungsgewohnheiten kulminiert schließlich in einem Raum am Ende des Ganges, der sich nach Norden und Süden über große Fensterfronten zur japanischen Landschaft öffnet. Durch die vorangegangene Reduktion der Wahrnehmungsmittel wird so ein beinahe überhöhtes Naturerlebnis geschaffen. Die übrigen Räume im Obergeschoss dienen als Arbeits- und Forschungsbüros. Sie liegen an der nach Süden ausgerichteten Längsseite des Gebäudes und ihre großzügigen Glasflächen werden über textile Verschattungselemente in der Fassade reguliert. Im Erdgeschoss sind Labors sowie ein Lager untergebracht. In den Deckenbereichen eingelassene Niedervoltspots erleuchten am Abend den Monolithen von Innen und werfen ein exakt gezeichnetes Licht weit in die japanische Nacht hinaus.
Takeshi Yamaguchi beschreibt seinen konzeptionellen Entwurfsansatz als einen Akt der Zerstörung gängiger Vorstellungen von Zeit, Geschichte, Tradition etc. die einen Ort besetzen, um die Komponenten anschließend neu zusammenzufügen. Neue Architektur transformiere demnach zwar die bisherige Bedeutung des Ortes durch ihre Präsenz, doch sei sie nicht mehr und nicht weniger eine endlose Wiederholung von wiedervereinigten Bedeutungsinhalten. Die Zusammenführung von japanischer Ästhetik mit modernen Gestaltungsmitteln ist ihm bei diesem Gebäude in jedem Fall gelungen.