Läcker Öl
Das Design-Kollektiv Form Us With Love hat die neue Bier-Ausstellung in Stockholms Spritmuseum gestaltet.
Bier ist auf dem Vormarsch. Kleinbrauer erobern die Krüge, Pints und Tulpen. Allein in Stockholm hat sich die Anzahl der unabhängigen Bierproduzenten im letzten halben Jahrzehnt verfünffacht. Das Spritmuseum in Stockholm hat nun einen Tempel für Bierliebhaber eröffnet, der den theoretischen Unterbau liefert, aber auch zur praktischen Anwendung einlädt. Ein Besuch an dem „sprituellen“ Ort auf der Insel Djurgården.
Skandinavien hat wie so viele Länder ein gespaltenes Verhältnis zum Alkohol. Er ist felsenfester Teil der Kultur, zeigt aber auch oft genug seine Schattenseiten. Deswegen hat der „Sprit“ seinen Preis. Wer günstig konsumieren will, muss sich aufs steuerbefreite Meer bewegen. So scheint es nur passend, dass das im letzten Jahr eröffnete und dem Alkohol gewidmete Spritmuseum auf einer Insel vor der Küste Stockholms liegt. Untergebracht in zwei historischen Lagerhäusern der Marine aus dem 18. Jahrhundert, lockt nachts eine minimalistische Leuchtreklame zur hochprozentigen Fortbildung – mit einem auf drei Striche reduzierten Martini-Glas.
Alkohol für alle Sinne
Seit diesem Jahr geht es hier aber nicht mehr ausschließlich um Weine und Spirituosen. Im Januar wurde aufgerüstet und mit Öl (Schwedisch für Bier) dem Bier eine eigene, neue Ausstellungshalle gewidmet. Eine Reaktion auf den Zeitgeist. Das aktuelle Interesse an Traditionsrezepten und lokalen Produkten hat auch die Liebe zum Bier und seinen schier unendlichen Geschmacksnuancen entflammt, Stichwort Craft Beer. Im Zusammenhang mit Gerste, Hopfen und Malz fallen Begriffe wie Wissenschaft, Kunst und Handwerk. Deswegen geht es im Spritmuseum natürlich nicht nur um Umdrehungen, sondern vor allem um die Kultur des Bieres. Die erklärt und vermittelt niemand geringeres als das Designer-Kollektiv Form Us With Love, das innerhalb von zehn Jahren seit Gründung zu einem der wichtigsten skandinavischen Designstudios gewachsen ist. Sie haben den Museumsteil kuratiert und führen durch die neuen alten Bierwelten. „Wir laden die Öffentlichkeit ein, mehr darüber herauszufinden, was ein Bier von einem anderen unterscheidet. Durch eine pädagogische Umgebung ermutigen wir zur Neugierde, zum Riechen, Fühlen und Unterscheiden der Inhaltsstoffe und Methoden der ausgestellten Rezepte“, erklärt Anna-Karin Svanberg vom Spritmuseum das Konzept hinter der multisensorischen Ausstellung.
Labor im Museum
Form Us With Love macht den Besucher zum praktischen Laboranten. Weiße Fliesen, Spotlights und durchsichtige Displays illustrieren den notwendigen Forschergeist und endlose Experimente. Den Bogen zu Chemie, Physik und Mathematik schlägt das Raster, das einerseits in Form der quadratischen Fliesen die Flächen überzieht, andererseits die Ordnung der Podeste bestimmt. Die Inszenierung ist minimalistisch, liest sich dadurch aber fast wie eine illustrierte Bedienungsanleitung zum Brauerfolg. „Wir wollten das Ausmaß von Beobachtung und Versuch zeigen, indem wir klinische Materialien mit einer theatralischen Lichtinszenierung kombinieren“, sagt Form Us With Love.
Trinken im Auftrag der Wissenschaft
Der Spaß kommt dabei nicht zu kurz. Etwa, wenn Experten wie der Sommelier Alf Tumble erklären, wie wir mit der Revolution in den Regalen am Dinnertisch umgehen. Welches Menü passt zu meinem Lieblingsbier? Wie schmeckt Sauerbier? Oder das stärkste Starkbier? Neben der Ausstellungshalle verfügt das Museum über Verkostungsräume – und ist richtigerweise direkt an eine Bar, ein Restaurant und ein Café angeschlossen. Trinken im Auftrag der Wissenschaft? Skål!