Leben im Aquarium
Das Landesinnere der spanischen Region Murcia ist beinahe wüstenartig und gehört zu den trockensten Gebieten Europas. Die Pflanzenwelt ist karg und Dürre keine Seltenheit. Dennoch wählte ein junges Paar diese Gegend, um ein Haus zu bauen, und beauftragte den spanischen Architekten Martín Lejarraga mit dessen Gestaltung. Ganz oben auf ihrer Wunschliste stand ein Swimmingpool. Der prägte nicht nur die Form des Baus – seinetwegen wurde eine Längsachse entlang der Ostseite geschaffen – sondern auch dessen Name: Haus für einen Schwimmer.
Der L-förmige Stahlbetonbau befindet sich auf einem 1000 Quadratmeter großen Grundstück und besteht aus zwei individuellen Teilen, die nur durch eine gemeinsame Überdachung miteinander verbunden sind. Der nördliche, langgestreckte Teil flankiert den parallel liegenden, gepflasterten Carport und den mit Kieselsteinen ausgelegten Garten; an seinem Ende liegt der zweite, quadratisch geformte Teil des Gebäudekomplexes, in dem sich die Wohnräume der vierköpfigen Familie befinden.
Der Außenraum wird zum Innenraum
Das Erdgeschoss des Wohnhauses ist zur Nordseite, also zum anderen Gebäudeteil hin, mit Paneelen aus Milchglas umschlossen; zur Westseite hingegen öffnet es sich mit raumhohen gläsernen Schiebetüren zum Garten und zur Terrasse, die den Außenraum mit dem Innenraum verschmelzen lassen. Die Wände sind entweder in Weiß gehalten oder bestehen aus Sichtbeton; der Boden ist ein offen liegender Estrich. Die Decke wiederum ist aus gefalztem Stahlblech und lässt den Raum sehr industriell anmuten, was durch die offenen Lüftungsrohre, die an ihr an entlang laufen, noch unterstrichen wird.
Ein Wohnraum reduziert auf das Elementare
Der offen gehaltene Grundriss umfasst Küche, Ess- und Wohnzimmer sowie das Studio und ein kleines Bad. Das Zentrum bildet eine offene, in das Obergeschoss führende Treppe, die wie eine Zugbrücke wirkt. Sie wird an beiden Seiten nur von Metallgittern umgrenzt, was den industriellen Charakter des Raumes noch unterstreicht. Links davon liegt die Küche, die – passend zum restlichen Ambiente – von dem britischen Architekten John Pawson entworfen wurde: ein großer weißer Wandschrank wird durch eine Kochinsel mit einer Arbeitsfläche aus grauem Naturstein ergänzt. Rechts von der Treppe steht ein schlichter, weißer Esstisch mit quadratischem Stahlrohrgestell, einer matt lackierten Holzplatte und passenden Stühlen aus der Serie „Fronzoni 64“ von Cappellini. Im hinteren Teil befinden sich der Wohnbereich mit gemütlichem Tagesbett und Sofa sowie das minimal eingerichtete Studio.
Ein Pool als Aussichtsplattform
Die Treppe hinauf gelangt man zu den Privaträumen der Familie. Auf der linken Seite liegen die beiden Kinderzimmer. Es sind zwei identische Module, die jeweils aus einem Schlaf-, Ankleide- und Badezimmer mit Dusche bestehen und einen eigenen Balkon besitzen. Auf der gegenüberliegenden Westseite befinden sich das elterliche Schlafzimmer und ein Leseraum. Beide sind über Schiebetüren mit einer großzügigen Terrasse verbunden.
Über eine große Außentreppe zur Linken gelangt man in den Hof, während sich rechts die circa 35 Meter lange Längsachse des anderen Gebäudeteils mit Gartenfläche und Schwimmbad auf dem Dach anschließt. Dieser Trakt ist an drei Seiten abgestuft – die sich so ergebenden Terrassen wirken wie Aussichtsplattformen. Der Pool ist 25 Meter lang und 4 Meter breit und hat unterschiedliche Tiefen. Die flachen Bereiche eigenen sich für die kleinen Kinder zum Plantschen und dienen im Erdgeschoss als Lager- und Maschinenraum. Im Inneren des Schwimmbeckens sind verglaste, ovale Löcher unterschiedlicher Größe in die Wände eingelassen. Diese Öffnungen werden auch in anderen Teilen des Komplexes – wie zum Beispiel an der Südseite des Wohnhauses – wieder aufgegriffen. Die kleinen Fenster erinnern an überdimensionale Regentropfen und schaffen den Eindruck eines monolithischen Aquariums, das der trockenen Landschaft trotzt.
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