„Licht-Krimi“ im Flutlichtmilieu
Der 31. Mai 2007 war für den Fußballverein Frankfurt 1899 e.V., kurz FSV, ein großer Tag. Denn nach langen Jahren konnten Fans und Verein endlich über den Aufstieg in die Zweite Bundesliga jubeln. Während auf dem Rasen und in den Vereinslokalen kräftig gefeiert wurde, begann hinter den Kulissen bereits die Planung, wie die Stadt Frankfurt und der FSV das Volksbank-Stadion für die technischen und organisatorischen Anforderungen der höheren Spielklasse fit machen können. Diese Richtlinien sind von der Deutschen Fußball Liga in einem über hundertseitigen Handbuch zusammengefasst, in dem genau festgelegt wird, wie ein Stadion für die Bundes- und die Zweite Liga sowie für Dritt- und Regionalligisten ausgestattet sein muss: von der Verteilung der Sitzplätze, überdacht und nicht überdacht, über Rasenheizung und Sicherheitsvorkehrungen bis hin zur Lichtstärke. So kamen mit dem Aufstieg in die Zweite Liga für den FSV eine ganze Reihe Maßnahmen ins Spiel, die das altgediente Volksbank-Stadion für die Zukunft ausrüsten sollten.
Für eine Spielstätte eines Zweitligisten wie den FSV fordert die Deutsche Fußball Liga beispielsweise 15 000 Zuschauerplätze, adäquate Medienarbeitsplätze, eine Rasenheizung und eine fernsehtaugliche Flutlichtbeleuchtung. Fernsehtauglich war die bisherige Anlage des FSV nicht – schließlich gab es seit 1963, als der Verein seine Lichtanlage aus finanziellen Gründen an die Stadt Frankfurt verkaufte, kein Flutlicht mehr am Bornheimer Hang, wo sich das Stadion befindet. Daher umfassten die notwendigen Planungen unter anderem eine gänzlich neue Flutlichtanlage und selbstredend unterliegt auch diese streng definierten Auflagen. So muss die Anlage auf dem Spielfeld eine minimale horizontale Beleuchtungsstärke von 800 Lux aufweisen. Da Zweitligaspiele im Fernsehen übertragen werden, muss auch die vertikale Beleuchtungsstärke der Stadionbeleuchtung bestimmte Anforderungen hinsichtlich Lichtfarbe und Farbwiedergabeeigenschaften erfüllen. Weitere Kriterien, die auch die Leuchtenanordnung betreffen, sind eine hohe Gleichmäßigkeit, die Vermeidung harter Schlagschatten und Blendfreiheit.
Flutlicht per effizienter Vier-Mast-Anlage
Im Frankfurter Volksbank-Stadion wurden diese Vorgaben mit der Installation einer Anlage von Siteco erfüllt. Auf den vier, je 40 Meter hohen Masten befinden sich insgesamt 144 Hochleistungsscheinwerfer, die den Ansprüchen an Leistung, Lichtqualität und Effizienz Rechnung tragen. So besteht der Reflektor des eingesetzten R3 Maxi Scheinwerfers aus hochreinem Aluminium, Reflektorvarianten mit sieben verschiedenen Lichtverteilungscharakteristika sorgen für eine jederzeit gleichmäßige Ausleuchtung des Spielfelds. In Kombination mit den ebenfalls eingesetzten, besonders lichtstarken Kurzbogenlampen ist es möglich, exakte Strahlengänge zu erzeugen, mit denen das Licht nahezu verlustfrei auf das Spielfeld gerichtet werden kann. Besondere Aufmerksamkeit widmeten die Produktentwickler des R3 Maxi der Blendungsbegrenzung. So verhindert nun eine V-förmige, innen liegende Blende in Sandwichbauweise bei flachen Neigungswinkeln der Scheinwerfer den direkten Blick in die Lampe. Bei steileren Winkeln sorgen Hexagonalfacetten im Reflektor für eine weitere Blendungsreduzierung. Mit dem Einsatz der Siteco-Scheinwerfer können die Frankfurter Fußballer nun ungeblendet und HDTV-gerecht ausgeleuchtet um die Wette kicken und das bei fast jedem Wetter. Denn durch sein reduziertes Design bietet der Scheinwerfer nur geringe Windangriffsflächen. Zudem gewährleistet ein effizientes Thermomanagement die optimale Kühlung der Leuchte, was ihre Lebensdauer erheblich verlängert.
„Scheuklappen“ für die Autobahn
Alles gut also, dachten sich vermutlich die Vereinsvorsitzenden und freuten sich bereits auf das Einweihungsspiel gegen Werder Bremen, welches das Stadion nach 20-monatiger Umbauzeit am 23. Juli feierlich wieder eröffnen sollte. Doch weit gefehlt, denn in unmittelbarer Nachbarschaft zum Volksbank-Stadion verläuft die Autobahn A 661. Auf einem Abschnitt von 300 Metern nähert sich diese so weit dem Stadion an, dass die voll eingeschaltete Flutlichtanlage zur Blendung der Autofahrer führen könnte. So forderte die zuständige Landesbehörde die Einhaltung der normativen Vorgaben. Diese besagen unter anderem, dass das Licht auf der Autobahn höchstens eine Helligkeit von zwei Lux betragen darf – bei eingeschaltetem Flutlicht im Stadion. Ein erster Lösungsvorschlag sah vor, auf der Autobahn eine zwei Kilometer lange „Gegenlichtanlage“ zu installieren. Die Beleuchtung der Fahrbahn sollte die hohen Leuchtdichtunterschiede im Gesichtsfeld der Autofahrer einfach ausgleichen. Das Problem: Die veranschlagten Kosten für eine solche Gegenlichtanlage beliefen sich auf nicht weniger als 2,5 Millionen Euro. Eine Menge Geld für lediglich einige Abende im Jahr, an dem wegen Punktspielen bei höchster Schaltstufe des Flutlichts gespielt wird. Die Kosten waren letztendlich nicht zu rechtfertigen.
Eine Lösung des Flutlicht-Problems konzipierte schließlich das Innsbrucker Bartenbach Lichtlabor in Form von speziellen „Scheuklappen“. Mit diesen von Siteco gefertigten Blenden, die im Strahlengang der Scheinwerfer angebracht sind, sollte die Entblendung der Autobahn erreicht werden, bei gleichzeitig voller Leistungsfähigkeit der Anlage. Dazu wurden in den Scheinwerfern innen liegende Lamellen eingesetzt, die auf jede einzelne Scheinwerferposition abgestimmt wurden. Das Bartenbach Lichtlabor berechnete im Vorfeld detailliert die gesamte Flutlichtanlage und legte die Lamellenstellungen für jeden Lichtpunkt einzeln fest.
Spannung kurz vor der Eröffnung
Fünf Tage vor der offiziellen Stadioneröffnung waren die Blenden fertig montiert. Und nun wurde es noch mal richtig spannend: Ein Gutachter wurde berufen, die Istwerte auf der gesperrten Autobahn zu ermitteln und zu prüfen, ob sich die in unzähligen Berechnungen am Computer simulierte Blenden-Lösung auch in der Praxis bewährt. Über eine vier Meter breite Armatur wurde an mehreren Referenzpunkten alle fünf Meter die Beleuchtungsstärke auf der Fahrbahn gemessen. Vier Messreihen wurden durchgeführt: ohne Stadionlicht, bei Teilschaltung des Flutlichts mit 500 Lux, bei voller Leistung von 800 Lux und noch eine Messung bei Dunkelheit. Pünktlich am Vortag der offiziellen Stadioneinweihung kam die Freigabe vom Hessischen Ministerium für Wirtschaft und Verkehr mit der Bestätigung, dass die Blendlamellen ihre Aufgabe zuverlässig erfüllen und im Gutachten keine Überschreitung von Grenzwerten auf der Autobahn festgestellt werden konnte.
Ende gut alles gut. Die Frankfurter Kicker konnten also am 23. Juli doch noch ihr umgebautes Stadion in neuem Licht präsentieren. Und in seiner Vereinshistorie kann der FSV nun nicht mehr nur auf einige Fußballkrimis zurück blicken, sondern auch auf einen echten „Licht-Krimi“.
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