Mailänder Messewunder
Da mag manch ein Besucher nicht schlecht gestaunt haben, als er den Messestand von Gaggenau auf der diesjährigen Eurocucina in Mailand besuchte. Denn wie der deutsche Küchengerätehersteller dort seine Produktneuheiten präsentierte, war nicht nur überraschend, sondern auch gut gestaltet. Das wie eine veritable Fabrikhalle anmutende Standkonzept, erarbeitet von dem Münchner Architektur- und Designbüro eins:33 mit den Gaggenau-Designern Sven Baacke und Gerd Wilsdorf, stach heraus aus den ansonsten eher konventionellen Präsentationen anderer Unternehmen und wurde auch prompt mit einem Designpreis belohnt: dem iF communication design award in Gold 2010.
Alles sinnlich
Gaggenau präsentierte sich auf der Mailänder Küchenmöbelmesse im Sonderausstellungsbereich FTK (Technology For The Kitchen), der zum vierten Mal ausgerichtet wurde. Hier warben neben Gaggenau zahlreiche weitere Hersteller mit Einbaugeräten und Abzugshauben um die Aufmerksamkeit der Besucher. Und immer öfter münden diese Bemühungen in aufwändig gestalteten (und damit auch kostspieligen), Corporate Design angepassten Messeständen: Mittels Architektur und Interior- und Grafikdesign sollen die ausgestellten Produkte sinnlich erlebbar werden.
Alles neon
Gaggenau hatte mit seiner Präsentation auf der Eurocucina eindeutig die Nase vorn, hatten die Planer von eins:33 und die Gaggenau-Designer auf einer Fläche von 280 Quadratmetern doch eine überraschende Idee verwirklicht: die Umsetzung der veritablen Gaggenau-Fabrik-Atmosphäre in einer doch recht unspektakulären Messehallen-Architektur. Nun sind eine gute Idee haben und diese dann kongenial umzusetzen bekannterweise zwei ganz verschiedene Dinge. Gaggenau jedoch ist mit dem Mailänder Messestand eine Lösung gelungen, die geschickt das Flair der industriellen Fertigung mit dem coolen, zeitgemäßen Design seiner Produkte zu vereinen wusste. Das hat auch die sechzehnköpfige Jury des iF awards erkannt: „Dieser Messeauftritt bringt wunderbar zum Ausdruck, was Gaggenau lebt und wie eine gute Produktphilosophie authentisch umsetzbar ist: […] Die Firma gewährte mit diesem Messestand einen Einblick in das Innenleben seiner überzeugenden Geräte, und sich dies anzuschauen, machte nicht nur jedem Küchenliebhaber Spaß.“ Integraler Bestandteil dieses Konzept war es, dass sich die in einer Ecksituation befindliche Messekoje in der Halle schon aus der Ferne gut ausmachen ließ. Wie das möglich war? Gaggenau hatte keine Kosten und Mühen gescheut, eine zwei Meter hohe und fünfzehn Meter breite, blaue Neonleuchtschrift mit dem Schriftzug des Unternehmens vom Produktionsstandort zu demontieren und kurzerhand in die Messehallen der lombardischen Metropole zu versetzen.
Alles echt
Und dieser, in seinen Ausmaßen und grafischen Klarheit beeindruckende Schriftzug war nicht das einzige originale Utensil aus der Gaggenau-Fabrik. An jedes Detail war gedacht und so gab es für den Besucher neben einer kuriosen Sammlung verschiedenster Original-Sitzgelegenheiten auch Geräteteile, Gitterboxen und Europaletten zu bestaunen. Und um die Fabriksituation möglichst authentisch zu gestalten, hatten sich die Architekten etwas ganz Besonderes ausgedacht: Nicht nur wurde der Besucher mit (künstlich) erzeugtem Maschinenlärm auf dem Messestand empfangen, auch der Produktionsprozess eines Backofens wurde – zwar simplifiziert, aber dennoch verständlich Material und Qualität der Produkte erklärend – nachempfunden. Neben der Vorbereitung des Rohstoffs Stahl wurde dessen Verformung mittels einer tonnenschweren Presse und unterschiedlichen Werkzeugen, die Veredelung der Oberfläche, die Installation des Kabelbaums, die Montage und Qualitätskontrolle eines Gaggenau-Backofens anschaulich demonstriert.
Alles klar
Betrat der Besucher den Messestand, wurde er auf der rechten Seite von einem langen, tresenartigen Monoblock empfangen. Dieser war aus übereinanderlegten hellen Europaletten mit einer robusten Platte aus schwarzem MDF konstruiert und wurde multifunktional eingesetzt: Hier wurden Prospekte verteilt, Champagner ausgeschenkt und köstliche Häppchen verteilt. Während im Zentrum des Messestands der Produktionslauf des Backofens künstlerisch verfremdet nachempfunden wurde, waren auf der linken Seite Gitterboxen zu einer Wand übereinander gestapelt – und dienten zugleich als Abgrenzung zur daneben liegenden Fußgängerpassage. Stand der Besucher vor diesen Gitterboxen, kam er aus dem Staunen kaum heraus, denn was gab es hier nicht alles zu sehen: Geräteteile, Verpackungsmaterial und kleine Schätze aus der Gaggenau-Fabrik. Und sogar der helle Fußbodenbelag spielte mit dem industriellen Ambiente, hatte man ihn doch kurzerhand mit knallgelben „Fahrstreifen“ versehen. Mittig auf dem Messestand angeordnet und deshalb auch als Raumteiler fungierend, hatten die Architekten raumhohe schwarze Wandelemente. Bündig in die Vorder- und Rückseiten dieser Wände eingefügt, kamen die Gaggenau-Einbaugeräte in dieser schlichten Installation besonders gut zur Geltung. Zusätzlich waren parallel dazu auf jeder Seite der Wand Edelstahlblöcke mit eingelassenen Gasherden und Abzugshauben positioniert.
Alles neu
Gaggenau präsentierte auf seinem Messestand nicht nur den Herstellungsprozess seiner Elektrogeräte, sondern auch einige Produktneuheiten: Zwischen den industriellen Devotionalien eingelassen waren in der besagten schwarzen Wand Elektrogeräte wie der Espressovollautomat CM 250 und der Mikrowellen-Backofen BM 270. Unter den Neuheiten stachen aus dem Sortiment insbesondere die Vario-Gaskochfelder VG 441/ VG 442 der Serie 400 mit Vollelektronik heraus, auch aufgrund der klaren Gestaltung des Brenners aus robustem und hochwertigem Messing sowie dem glattflächigen Gussrost.
Alles sitzt
Hatte der Besucher diese Geräte angeschaut, angefasst und ausprobiert, konnte er sich am ersten Messetag gleich noch hinsetzen auf die wunderbaren Sitzgelegenheiten, auf denen normalerweise Meister, Monteure und Arbeiter Platz nehmen. Doch in Mailand war alles anders: Sven Schnee, Leiter von Gaggenau International, Sven Baacke und Gerd Wilsdorf, Mitgestalter des Messestands, Martin Bergmann vom Wiener Designbüro EOOS und weitere illustre Gäste – übrigens spektakulär gewandet im originalen Gaggenau-Blaumann! – diskutierten über das Konzept der Küche als Wohnraum und Labor – kein Ort hätte dafür besser gewählt sein können als dieser.
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