Projekte

Marcels Märchenwelt

von Norman Kietzmann, 06.01.2009


Miami ist um eine neue Designdestination reicher: Das im Dezember 2008 eröffnete Apartmenthotel „Mondrian South Beach“ ist der erste Wohnkomplex außerhalb der Niederlande, der komplett nach Entwürfen von Marcel Wanders eingerichtet wurde. In eine von außen sterile Betonburg implantierte der Amsterdamer Designer einen eklektischen Mix aus Mustern, Farben und dekorativen Details.


Die Szenerie gleich beinahe der Übergabe bei einem Staffellauf. Nachdem Philippe Starck für fast zwei Jahrzehnte die Welt der „Designhotels“ in den USA und Großbritannien mit fester Hand regiert hat, tritt nun der Wettstreit um seine Nachfolge in die nächste Runde. Denn der Meister ist altersmüde geworden und wird sich in den kommenden ein bis zwei Jahren aus dem Designgeschäft immer mehr zurückziehen. Womöglich sogar vollständig. Ließ er sonst nur selten eine Gelegenheit aus, seine Entwürfe zu preisen, gab er sich dafür in den vergangenen zwölf Monaten umso mehr Mühe, das eigene Erbe zu zerbrechen. Er habe das Design zerstört, so sein viel zitiertes, nüchternes Fazit. Dass die Entwickler luxuriöser Hotels bei solchen ganz und gar nicht rosigen Bemerkungen nicht weiter tatenlos zuschauen können, steht außer Frage.

Suche nach dem Nachfolger


Die Show muss weitergehen. Wenn nicht mit ihm, dann eben mit jemand anderem. Für Unternehmen wie die Morgans Hotelgruppe steht dabei nicht zuletzt auch ihre eigene Zukunft auf dem Spiel, gehören ihr doch die bekanntesten Hotels, die Philippe Starck entworfen hat, darunter das „Royalton“ in New York, das „Clift“ in San Francisco, das „Sanderson“ und das „St. Martins Lane“ in London sowie das „Mondrian“ in Los Angeles. Ging die börsendotierte Gruppe bereits im Januar 2007 neue Wege, indem sie den New Yorker Designer Benjamin Noriega-Ortiz die Gestaltung des „Mondrian Scottsdale“ Hotels übertrug, setzt das Unternehmen bei seinem neuen Apartment-Projekt in Miami nun auf den Niederländer Marcel Wanders – und hofft nebenbei auf einen ähnlichen Stareffekt wie schon bei Starck zuvor.

Holländische Versuchung

Für Wanders könnte in der Tat eine neue Phase in seiner Karriere beginnen. Zwar braucht der umtriebige Amsterdamer in der Designwelt sicher kaum noch vorgestellt zu werden, doch von einer globalen Marke wie Philippe Starck ist er noch immer weit entfernt. Als das Mondrian South Beach im Dezember 2008 in Miami eröffnet wurde – bestens abgestimmt zum gesellschaftlichen Großereignis der Kunstmesse Art Basel Miami – wurde Wanders nicht nur als ein Stardesigner aus Europa vorstellt, sondern sogleich zu einem „Design Superstar“ erhoben. Dass die Zugkraft eines bekannten Designernamens eine wichtige Rolle spielt, gilt für das Konzept des Mondrian South Beach umso mehr. Schließlich werden die 335 Zimmer, Studios und Suiten zum Verkauf angeboten und kosten je nach Zimmergröße zwischen 500.000 und sechs Millionen US-Dollar. Entgegen herkömmlicher Apartmentkomplexe profitieren die Besitzer zusätzlich vom Service eines Fünf-Sterne-Hotels wie Rezeption, Reinigung, Restaurant, Bar, Konferenzräume, Swimmingpool, Spa, Fitnessstudio sowie einem eigenen Anlegehafen für Boote.

Zimmer mit Aussicht

Die Vermischung aus Wohnkomplex und Hotel spiegelt sich auch in der Einrichtung wieder. So hat Wanders für die 335 Wohnungen eine betont zurückhaltende Farbpalette gewählt, bei der er dem dominierenden Weiß ornamentale Muster in Grau, Schwarz, Braun, Blau und Gold gegenüber stellt. Schreibtisch, Fernseher, eine iPod-Station und andere „typische“ Hoteleinrichtungen wurden in einem übergroßen Bilderrahmen zusammengefasst und entlang einer Längsseite des Wohnzimmers angeordnet. Um den Raumeindruck zu vergrößern und zudem die Aussicht auf die Skyline und den Strand von Miami zu betonen, wurde der Übergang zwischen Schlafzimmer, Badezimmer, Wohnzimmer, Küche und Balkon fließend gestaltet.

Theatralische Räume

Besonderes Augenmerk legte Marcel Wanders auch auf die öffentlichen Bereiche, die nicht zuletzt die Visitenkarte des Hauses sind. Von der mit großen Säulen ausgestatteten Lobby führt eine große elliptische Freitreppe hinauf zu einem Zwischengeschoss mit Räumen für Events und Konferenzen. Mit ihrem schwarzen, reich verzierten Geländer bietet sie einen ornamentalen Kontrast zu dem sonst ansonsten komplett in weiß gehaltenem Foyer. Die „Sunset Lounge“, die sich im Erdgeschoss an die Hotellobby anschließt, wird von übergroßen, goldenen Leuchten in Glockenform erleuchtet und bietet von ihrer freistehenden Bar aus einen Blick auf die Terrasse sowie den Pool. Auch dieser wird von einer übergroßen Leuchte mit weit auskragendem Schirm gekrönt, die inmitten des Wassers zugleich als Pool-Bar dient. Aus Hecken geformte Sitzlounges, Hängematten und intime „Kuss-Ecken“ runden die Außenbereiche ab.

Kulinarischer Stilmix

Das Restaurant des Mondrian South Beach beherbergt eine weitere Dependance des New Yorker In-Lokals „Asia de Cuba“, das unter der Leitung von Chefkoch Bryan Flyer einen Mix aus asiatischen und lateinamerikanischen Gerichten bietet. Auch hier finden sich über einem großen Gemeinschaftstisch mehrere übergroße goldene Glocken, die erklingen, wenn die Gäste ihre Plätze einnehmen sollen. Das 380 Quadratmeter große „Agua“-Spa ist mit Mosaiken von Bisazza ausgestattet und verfügt über eine Sauna, einen Dampfraum sowie mehrere Behandlungsräume für Massagen oder Maniküre. Der zum Wasser orientierte Fitnessclub bietet einen Blick über die gesamte Bucht, wo den Bewohnern Jet-Ski, Wasserski oder weitere Wassersportarten zur Verfügung stehen. Wahren Sinn für Extravaganz bewies Wanders jedoch an ganz anderer Stelle: So ließ er auch die Tiefgarage mit den Tapetenmustern der Apartments sowie den großen goldenen Glockenleuchten ausstatten, als wäre sie die eigentliche Lobby des Hauses. So weit reichte bisher selbst der Gestaltungswille eines Philippe Starck nicht.
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Links

Mondrian South Beach

www.mondriansouthbeach.com

Marcel Wanders Studio

www.marcelwanders.com

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