Moderner Schrein
Das neue Restaurant The Jane in einer imposanten Kirche mit wilden Glasfenstern und schickem Interior von Piet Boon.

Die Kirche wird zur Küche – zumindest bei diesem Projekt in Antwerpen, das der niederländische Designer Piet Boon zusammen mit Studio Job und .PSLAB umgesetzt hat. The Jane kombiniert die imposante Architektur eines Kirchenraums mit einem reduzierten Interior in gedeckten Farben, modern interpretierten Glasfenstern und einem ausgeklügelten Lichtkonzept.
Es gibt Buchläden in säkularisierten Kirchen. Ebenso wie Hotels und Kochschulen. Oder eben Restaurants. So wie im Antwerpener Stadtteil Groen Kwartier, wo Piet Boon für den 3-Michelin-Sterne-Koch Sergio Herman und seinen Küchenchef Nick Bril die Kapelle eines ehemaligen Militärhospitals in ein stilvolles Restaurant-Interior verwandelt hat. Neue Glasfenster und eine raffinierte Lichtinstallation laden den Kirchenraum zusätzlich atmosphärisch auf.
Im Zentrum des mit einem freigelegten Tonnengewölbe überspannten Kirchenraums liegt der Restaurantbereich. 65 Sitzplätze verteilen sich auf lederbezogene Stühle, an den Wänden entlanglaufende Bänke, Sofazonen und filigrane Cocktailsessel. Im Unterschied zum farbintensivem Fensterprogramm von Studio Job ist das Interior schlicht gehalten. Aufbauend auf dem Kontrast zwischen weiß getünchten Wänden und überwiegend schwarzem Mobiliar, setzt Piet Boon auf zurückhaltende Farbakzente. So sind die Cocktailsessel in zartes Blau-Grün getaucht – was vornehm wirkt –, und nehmen die Farbe der Stoffbespannungen an den Seitenwänden auf. Kontrastierend dazu liegen Kissen im Leoparden-Look auf den Sofas. Am hinteren Ende des Gastraums – dort, wo sich ursprünglich der Altar befand – liegt die Edelstahlküche. Sie ist durch Glasscheiben einsehbar, was ihr einen gewissen Showcharakter verleiht. Die Höhe der Kirchenhalle nutzend, befindet sich auf der Empore eine Bar mit vierzig Plätzen, gruppiert um einen u-förmigen Tresen mit Natursteinplatte.
Leuchten
Das Lichtkonzept des libanesischen Designbüros .PSLAB komplettiert das Interiordesign. Über dem zentralen Gastraum hängt ein moderner Kronleuchter, der 800 Kilogramm wiegt und zwölf mal neun Meter misst. Er ist schon aufgrund seiner schieren Größe das Herzstück des Kirchenschiffs. Auf 2,75 Meter Höhe angebracht, überkrönt er nicht nur die Sitzplätze. Er hält den sehr hohen Raum auch optisch zusammen, indem seine metallenen schwarzen Tentakel weit in den Raum hineinragen – am jeweiligen Ende mit einer Glühlampe versehen. Tischleuchten mit einem runden Leuchtkörper aus Messing ergänzen das elegante Interior.
Apropos Licht. Wie es sich für eine (ehemalige) Kirche gehört, spielen Glasfenster eine entscheidende Rolle für die Ästhetik des Innenraums. Durch sie wird nicht nur das einfallende Licht farbig gebrochen. Die Fenster erzählen etwas über die Funktion des Raums. Nynke Tynagel und Job Smeets, die Gründer von Studio Job, fanden nicht nur die leer stehende Backsteinkirche und empfahlen sie Sergio Herman als passenden Ort für ein Restaurant. Studio Job vermischen in ihren Fensterentwürfen Sakrales mit Profanem. Auf den insgesamt fünfzehn Fenstern mit insgesamt mehr als 500 Glaspaneelen trifft deshalb Jesus am Kreuz auf Totenschädel, Sonnenblumen, Schneebesen, Croissants und Softeiswaffeln.
Das Interior des Restaurants ist durchdacht bis ins letzte Detail, was sich auch im Küchenarbeitsbereich und in den Waschräumen zeigt. Schlicht und elegant in der Formgebung, greifen die Elektronikwandarmaturen Uno2 aus der Axor Manufaktur in gebürstetem Black Chrome die dunklen Designakzente des Gastraumes auf. An der Spüle im Küchenbereich wird der Küchenmischer Axor Citterio SemiPro – dessen ergonomische Hebelgriffe besonders leicht zu bedienen sind – mit dem Küchenmischer Talis von Hansgrohe kombinert.
Das Interior ist Piet Boon im Zusammenspiel mit den Designbüros Studio Job und .PSLAB gelungen. Vor allem deshalb, weil er das beeindruckende Kircheninnere in den Mittelpunkt seiner Gestaltung gerückt hat. Hochwertige Materialien wie Naturstein, Leder und Eichenholz betonen den High-End-Charakter des Restaurants. Das ist übrigens ausgestattet mit Tableware, die ebenfalls aus der Feder niederländischen Designers stammt. Base, produziert von Serax, ist im Kleinen, was The Jane im Großen ist: elegant, schlicht und zeitgemäß. Spontanbesuche sind im Restaurant übrigens derzeit nicht möglich. Ganze drei Monate vorher muss man einen Tisch reservieren.
Mehr Projekte
Moderne Großstadtküchen
Fünf außergewöhnliche Projektbeispiele

Eine runde Sache
Dries Otten baute in Belgien eine Stadtwohnung um

Belebter Backstein
Mehrfamilienhaus in ehemaliger Textilfabrik in Melbourne

Bunter Community-Space
kupa Kitchen & Working Lounge von Stephanie Thatenhorst in München

Gestaffeltes Wohnhaus
Umbau einer kleinen Genter Stadtvilla von Graux & Baeyens Architecten

Tiroler Putz in Madrid
Atelier- und Wohnhaus Blasón von Burr Studio

Ziegelstein und Hefe
Hannes Peer gestaltete die Bäckerei Signor Lievito in Mailand

Dialog der Gegensätze
Umbau einer Drei-Zimmer-Wohnung in Brooklyn

Beton trifft Reet
Farmhaus von NORRØN im dänischen Haderslev

Küche als Ort der Begegnung
Erweiterung eines Wohnhauses aus den Dreißigerjahren

Beton auf allen Ebenen
Brutalistischer Anbau von McLaren Excell in London

Multifunktionales Penthouse
Loft in München von allmannwappner

Recycelter Anbau
Subtile Erweiterung eines viktorianischen Wohnhauses in London

Whisky im Pantheon
Eine Sichtbeton-Destillerie von Neri&Hu in China

Bewohnter Adventskalender
Lenka Míková Architekti gestaltet ein Prager Apartment

Küche mit Aussicht
Intelligenter Anbau von Material Works in London

Mut zur Maserung
Die schönsten Interiors mit Holz

Ode an die Natur
Restaurant Lunar in Shanghai von Sò Studio

Schiffscontainer im Garten
Umgestaltung eines Londoner Reihenhauses von DEDRAFT

Fließende Zimmer
Die schönsten textilen Raumteiler

Die Farben der Wüste
Restaurant Shay von Ivy Studio in Montreal

Großstadt in der Provinz
Die von Maurizio Lai gestalteten Sushi Clubs in der Brianza

Marmoriertes Gewölbe
Weinbar im historischen Palazzo von brunelli ann minciacchi

Café in Scherben
Drop Coffee in Dubai vom Designstudio Roar

Architektur im Wunderland
Das Londoner White Rabbit House von Gundry + Ducker

Für Katzen und Menschen
Ein Vierbeiner-Café von Davidson Rafailidis in Buffalo

Cosy Kost
Neues Raumkonzept von OEO Studio für Sternerestaurant Kadeau

Rotlicht auf der Treppe
Nautischer Gourmettempel von El Equipo Creativo in San Sebastián

Dolce Vita in Denkendorf
Multifunktionales Restaurant-Interieur von Ippolito Fleitz

Eine Bühne für den Austausch
Flexibler Multifunktionsraum von Delordinaire in Paris
