Umzug der "Gray Lady"
Am 17. April 2007 begann mit den ersten zehn Mitarbeiter der Umzug der „New York Times“ vom alten Verlagsgebäude am Time Square in einen futuristischen Wolkenkratzer, der von Renzo Piano mit dem New Yorker Büro Fox & Fowle entworfen wurde. Der Einzug in das multimedial voll vernetzte Gebäude an der 8. Avenue soll den Aufbruch der Traditionszeitung in eine neue Ära symbolisieren, in der die Grenzen zwischen Print und Online schwinden. Die Etagen 2 bis 28 des 348 Meter hohen Turms besetzt die "Times", die Ladenflächen im Erdgeschoss und die Geschosse 29 bis 50 wurden vermietet.
Die New York Times (NYT) ist die bekannteste überregionale Tageszeitung aus New York, von ihren Machern und Lesern auch „The Gray Lady“ genannt. 1851 wurde sie als „The New-York Daily Times“ von Henry J. Raymond und George Jones gegründet mit der Absicht eine seriösere Alternative zu den vorherrschenden sensationsorientierten Zeitungen anzubieten. Unter Adolph Ochs, der die Zeitung 1896 übernahm, erreichte sie internationale Beachtung. Ochs` Nachfahren leiten bis heute das Blatt, so ist derzeit Arthur Ochs Sulzberger Junior Herausgeber. Die NYT erscheint jeden Tag in der Woche und verkauft rund 1,1 Millionen Exemplare ihrer Printausgabe. Seit 1995 präsentiert sie sich auch als Online- Medium, das im Laufe der Jahre immer mehr Priorität bekam.
Aufbruch im neuen Gebäude
Der Times Tower ist bis zu seiner Antennenspitze 348 Meter hoch und damit das dritthöchste Gebäude in New York City. Der Architekt Renzo Piano entwarf den Turm mit der grauen Glas/Stahl-Fassade, nachdem er im Jahr 2000 den von der NYT ausgeschriebenen Wettbewerb gewonnen hatte. Zusammen mit dem New Yorker Büro Fox & Fowle entwickelte er den Bau, der auf einer ökologisch ausgerichteten Gebäudetechnik basiert. Die an zwei Seiten aufragende Fassade ist vorgesetzt und besteht aus tausenden horizontaler Keramikröhren, die mit Abstand von der Glasfassade angebracht sind. Diese Röhren dienen als Blendschutz und verringern die Aufheizung des Gebäudes. Mechanisierte Fensterblenden steuern den Tageslichteinfall und unterstützen die dimmbaren Fluoreszenzleuchten die im Inneren die Helligkeit regeln. Auf diese Weise werden optimale Lichtverhältnisse bei möglichst geringem Energieaufwand hergestellt. Das Gebäude verfügt über ein sechsstöckiges Atrium mit Garten, dessen Gestaltung mit Moos und Birken aus Pappe, nicht unbedingt dem Konzept des Öko-Baus entspricht. Bei der Auswahl der Untermieter scheint dieser Anspruch dennoch zu bestehen, zieht doch die japanische Kette Muji ins Ladengeschoß des Times Towers, die sich mit dem Verkauf ökologisch ausgerichteter, schön und schlichter Produkte weltweit einen Namen gemacht hat. In den darüber liegenden 26 Etagen ist der Sitz der „Times“. Die restlichen 150.000 Quadratmeter wurden vermietet.
Multimedia im Büro
Kernstück des Gebäudes ist die Redaktionszentrale - ein hoch technisierter Nachrichtenpool, der für alle Plattformen konzipiert ist. Der „Newsroom“ erstreckt sich über drei Stockwerke mit hellen Fluren und intensiv rot gestrichenen Wänden. Print- und Onlinejournalisten werden hier zusammen sitzen und parallel Print- und Online- sowie Video- und Audionachrichten produzieren. Um die Zentrale herum gruppieren sich Online-Projekte, die mit dem Umzug der „Times“ an den Start gehen. Dazu gehört „City Room“, eine Webseite für die New Yorker Kommunalpolitik, Nahverkehr, Justiz und Schulen. Jeder Arbeitsplatz in der „Times“-Redaktion ist mit modernster Technik ausgestattet: einen Gigabit Ethernet Link, einem IP-Telefon und einem integrierten Voice-E-Mail-Chat-System. Auf diese Weise sind die Mitarbeiter untereinander in höchstem Maße „vernetzt“. Mittels Ethernet erfolgt ein schneller Austausch zwischen den einzelnen Datennetzen. Die IP-Telefone benutzen ebenfalls das Netzwerk. Die Gespräche werden dazu in einzelnen Datenpaketen übertragen, wodurch eine aufwändige Verkabelung überflüssig wird.
Im Zeichen der Zeit
Die „New York Times“ ist eine von nur noch wenigen Zeitungen, die nach wie vor im Großformat erscheinen. Laut Sulzberger Junior, der 1997 die Leitung des Medienunternehmens von seinem Vater übernahm, soll es dabei auch bleiben. Aber wie bei anderen Print-Publikationen verlagern sich auch hier die Prioritäten in den Online-Bereich, der anfangs nur als Ergänzung der Printausgabe galt. Derzeit verzeichnet der Online-Auftritt der New York Times täglich rund 1,5 Millionen Besucher, im Durchschnitt sind das bis zu 14 Seitenabrufe von jedem Besucher. Zum Vergleich: Das Blatt selbst hat etwa 1,1 Millionen Abonnenten. Zu der Zukunft der Branche im Zeitalter der Blogger sagt Sulzberger: „Wir sind Nachrichtenkuratoren. Die Leute klicken die „New York Times“ nicht an, um Blogs zu lesen. Sie wollen verlässliche Nachrichten, denen sie ihr Vertrauen schenken können.“ Worte im Sinne der „goldenen“ Journalistenregel: "be first, but first be sure".
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