Winterwonnen im Wannenbad
Raus aus den engen Skistiefeln, kratzige Wollmütze runter, Handschuhe abstreifen und die kalten roten Bäckchen vor dem flackernden Kaminfeuer aufwärmen. Dazu ein Glas heißen Jagertee und selbst gebackene süße Schmankerl – im gerade eröffneten Hotel Wiesergut im österreichischen Hinterglemm wird dieses Wintermärchen wahr. Und es kommt sogar noch besser: Offene Bäder mit freistehenden Badewannen versprechen ein unbeschwertes Badevergnügen nach dem Pistenspaß.
Was als Umbau eines ehemaligen Gutshofs aus dem 14. Jahrhundert begonnen hatte, endete in einem kompletten Neubau – zu schlecht war die vorhandene Bausubstanz. Dass das Ergebnis dennoch eine fast heimelige Atmosphäre ausstrahlt, ist der behutsamen Gestaltung des Innsbrucker Architekturbüros Gogl & Partner und der Innenarchitektin Nina Steinbacher-Wimmer aus Zell am See zu verdanken.
Neubau statt Umbau
Das Hotel gliedert sich in den eigentlichen Gutshof mit siebzehn Gutshof-Suiten, Restaurant und begrüntem Hof sowie den Eingangsbereich mit Remise, sieben exklusiven Garten-Suiten und dem Spa. Alle Gebäudeteile sind untereinander mit einem gläsernen Gang verzahnt. Das am Ende des Glemmtals liegende Wiesergut wurde übrigens bereits im 19. Jahrhundert als Herberge genutzt. Nun ist es gelungen, die imposante Natur mit ihren Gipfeln und Wäldern in eine geradlinige Architektur samt stimmigem, puristischem Interiordesign zu übersetzen – ganz ohne in bergidyllischen Kitsch abzugleiten.
Auf Maß gefertigt
Dazu tragen neben der strengen, fast asketischen Linienführung vor allem die verwendeten Materialien und Farben bei. Holz allenthalben – an Wänden, Decken und auf dem Boden – wettergegerbtes Leder, Leinen- und Lodenstoffe und freiliegendes Mauerwerk mit Natursteinen werden kombiniert mit glatten, weißen oder schwarzen Wänden. Die sind zuweilen auch in Sichtbeton gefertigt, so dass ein fast urbanes Raumgefühl entsteht – als wäre man in New York und nicht im beschaulichen Salzburger Land. Möbel aus Holz, offene Kamine und eine warme Beleuchtung aus unterschiedlichen Lichtquellen erden die einem Loft oftmals innewohnende Kühle. Apropos Beleuchtung: Eine Besonderheit sind die mundgeblasenen Kugelleuchten – ein Entwurf der Kölner Designerin Isabel Hamm. Auch die Möbelstücke im Wiesergut sind Einzelanfertigungen, die von österreichischen Handwerkern hergestellt wurden.
Wenn Japan auf Österreich trifft
Traditionen sind den Besitzern wichtig, und so stammt noch heute ein Großteil der verwendeten Lebensmittel aus der familiengeführten Landwirtschaft und der Region. Die Idee hinter dem Wiesergut ist einfach und schlüssig: Architektur, Design und Kulinarik gehen Hand in Hand. Deswegen kommt das Brot aus dem hoteleigenen Holzofen, befinden sich vor den Suiten von der Münchner Gartenarchitektin Marion von Kutschenbach angelegte „essbare Gärten“ mit einer Streuobstwiese, Wildkräuter-, Beeren- und Lavendelbeeten und werden die frisch zubereiteten Gerichte auf handgemachter Keramik von Petra Lindenbauer gereicht. „Wären wir in Japan und nicht im Glemmtal, würden wir der Atmosphäre im Wiesergut den einfachen Namen Wabi geben. Der Begriff steht für das Schlichte, Unverfälschte, dessen Schönheit gerade in dessen Unvollkommenheit liegt. Ein Stein, ein Stück Holz mit vielen Gebrauchsspuren, ein altes tönernes Gefäß in einem schlichten Raum, in dem nichts vom Wesentlichen ablenkt, schafft eine Atmosphäre, in der wir glücklich sind“, beschreiben die Gastgeber Martina und Josef Kröll ihr Konzept.
Sinnlich: Bäder und Spa
Die Garten-Suiten bieten ein Raumerlebnis, das mit dem Thema Berge spielt: vier Meter hohe Fenster mit grandiosen Ausblicken auf die Gipfel, viel Holz und natürliche Materialien, ein Kamin aus unbehandeltem Stahl und eine freistehende Badewanne – auf einer 55 Quadratmeter großen, offenen Fläche. Der Badbereich der Zimmer befindet sich dabei auf einer leicht erhöhten Ebene im selben Raum und wird durch wenige Stufen erschlossen. Ein großes rechteckiges Waschbecken, Hocker und eine Dusche mit Glaswänden harmonieren mit einer Wand aus Naturstein. Ist das private Badezimmer nicht Erholung genug, findet man im unterirdisch erschlossenen Spa einen Ort der Ruhe und professionelle Anwendungen. Neben dem Pool aus Edelstahl, einem Saunabereich und dem Fitnessraum warten hier zwei Massageräume, ein Kosmetikbereich, ein Panorama-Ruheraum und eine Tee-Lounge mit offenem Feuer auf den Gast. Im Sommer kann man sich übrigens auch in der freien Natur behandeln lassen. Ein sanftes Plätschern des kleinen Gebirgsbachs gleich nebenan inklusive.