Nächste Woche liegt das Paradies für Küchen-Aficionados in Frankfurt am Main. Dort lockt die weltgrößte Konsumgütermesse mit Produktneuheiten aus den Bereichen Kochen und gedeckter Tisch. Erneut glänzt die ambiente mit Superlativen: Erwartet werden knapp 140.000 Fachbesucher, die auf 27 Hallenebenen auf über 4.500 Aussteller aus 87 Ländern treffen. Für den, der sich nicht so lange gedulden möchte, haben wir schon jetzt ein paar Highlights herausgepickt.


Der Angebotsbereich Dining – das sind Marken, Trends und Innovationen in Küche, Haushalt und auf dem Tisch – belegt in diesem Jahr das komplette Ostgelände der Messe und ist aufgrund der breiten Produktpalette „als effiziente Orderplattform für Einkäufer unschlagbar“, wie der Objektleiter der Messe Thomas Kastl enthusiastisch erklärt. Aus dieser Fülle von Produkten und Neuheiten also wählt der Einkäufer aus, was bald in den Geschäften und folglich auch in unseren (Küchen-)Schränken und auf unseren Tischen stehen wird.

Die Stimmung: verhalten

Für den Designliebhaber sind sicherlich die Hallen 4.0 und 4.1 das Nonplusultra der Messe, findet sich hier doch alles Schöne für den gedeckten Tisch: aus Glas, Porzellan, Keramik, Kristall, Silber, Metall oder Kunststoff. Die Ausstellerliste jedenfalls liest sich wie ein Who is who der Branche: Alessi, Iittala, Stelton, Villeroy & Boch, Rosenthal, Jenaer Glas. Trotz dieses opulenten Namenreigens gibt es einen Wermutstropfen: Wichtige Hersteller aus dem High-End-Bereich – so unter anderem die Manufakturen Theresienthal, KPM oder Hering Berlin – feiern die Premiere ihrer neuen Produkte erneut lieber auf der Pariser Messe Maison & Objet statt in Frankfurt.

Auch das, was bisher durchgesickert ist an Neuheiten, lässt auf eine eher verhalten-vorsichtige Stimmung bei den Herstellern schließen – ähnlich wie es im Januar bereits auf den Kölner Messen imm cologne und LivingKitchen zu beobachten war. Statt grundlegender Innovationen setzen die Unternehmen auch auf der ambiente lieber auf Nummer Sicher, also auf (leichter verkäufliche) Variationen in Form und Farbe. Gestalterisch wagen sie sich nur selten auf neues Terrain. Deshalb wechselt der französische Hersteller Le Creuset – Frankreich ist übrigens in diesem Jahr Gastland auf der ambiente – die Farben und setzt bei seinen Steinzeug- und Gusseisenklassikern nun auf Citrus, Mandarin und Cocos. Alessi hingegen ergänzt die sehr an die neunziger Jahre erinnernde Serie Dressed von Marcel Wanders um einen Topf, eine Kasserolle mit zwei Griffen, ein Pasta-Set und einen Milchtopf – in Edelstahl statt wie bisher in Aluminium mit Antihaftbeschichtung. Auch wenn das blumige Dekor – zumal bei so langlebigen Produkten wie Kochtöpfen – nicht jedermanns Sache sein mag: Das neue auffällige Sieb mit dem perforierten Volutenmuster könnte von sich reden machen, genau wie der Entwurf Tower von Monica Förster. Die schwedische Designerin hat für die Italiener eine gute Idee in ein schlichtes, überzeugendes Design umgesetzt: ein Set aus fünf unterschiedlich großen Messbechern aus Porzellan, die übereinandergeschichtet einen dekorativen und zudem platzsparenden (Küchen-)Turm ergeben.

Im Trend: ein alter Trend

Bereits im letzten Jahr überall zu sehen in den Frankfurter Messehallen, ist ein weiterer Trend nach wie vor en vogue: Kaffee. War es 2012 der Thüringer Porzellanhersteller Kahla, dem mit der Kollektion Café Sommelier von Barbara Schmidt und Michael Gliss eine Überraschung gelang, schlägt nun auch Eva Solo in dieselbe Kerbe und gibt dem Filterkaffee eine Chance. Zum hundertjährigen Geburtstag des dänischen Herstellers haben die Haus- und Hof-Gestalter von Tools Design die Kaffeekanne Madam Solo mit Filterkaffee-Prinzip entworfen, die sich gestalterisch am dänischen Designklassiker Madam Blue orientiert. Während der Korpus aus weißem Porzellan gefertigt ist, bestehen die Tülle aus tropffreiem Silikon und der Henkel aus Edelstahl. Überhaupt scheinen Materialkombinationen gerade sehr beliebt, wie auch bei Rosenthal zu sehen ist. Hier nämlich  trifft warmes, unebenes Holz auf kühles, glattes Porzellan. Beide Materialien in einem Produkt zusammengebracht hat die Designerin Katja Falkenburger mit ihren sechs Sammeldosen: Während der Dosenkörper aus Holz gefertigt sind, erinnern die unterschiedlichen Deckel aus Porzellan in ihrer Struktur an Papier und Stoffbänder im Origami-Stil.

Talente: Alles neu?

Immer mehr Hersteller entdecken übrigens das Potential von Nachwuchsdesignern für ihre Produktpalette. Ist es doch so, dass gerade bei den altehrwürdigen Porzellanherstellern der Absatz teils bedrohlich sinkt, haben doch viele eine Auffrischung ihres oftmals kostspieligen Sortiments mit jungen Produkten verpasst und hinken deshalb den Ansprüchen des Markts bedrohlich hinterher. Nicht so Kahla. Nicht nur, dass der Thüringer Porzellanhersteller gerade einen eigenen Showroom mit Café in Berlin eröffnet hat, seit Langem setzt man hier auf die Zusammenarbeit mit Designhochschulen. Denn es ist oft erstaunlich, was herauskommt, wenn Jungdesigner sich mit einem für sie bisher unbekannten Material auseinandersetzen. Die oftmals erfrischenden Ideen konnte man nicht nur auf der letzten Ausgabe des DMY in Berlin bestaunen – auch in Frankfurt werden die Studenten frischen Wind in die oftmals angestaubte Porzellanindustrie bringen. Mit Kahla Atelier präsentieren die Thüringer Arbeiten, die in universitären Workshops bei der Beschäftigung mit dem Thema Esskultur entstanden sind und zwar außerhalb von kommerziellen Gegebenheiten. Am Messestand von Kahla wird deshalb eine schöne Idee von Lisa Grahner zu sehen sein: ein Teebecher, durch dessen seitlichen Schlitz die Schnur eines Teebeutels geführt und auf beliebiger Höhe fixiert werden kann.   

Aussichten: Klein, aber oho

Abseits der ausgetretenen Designpfade könnte neben Kahla Atelier und der Newcomer-Schau Talents auch Kinto zur Entdeckung der diesjährigen Messeausgabe werden. Seit Mitte der neunziger Jahre entwickelt der kleine japanische Hersteller Dinge, die  multifunktional und schlicht zugleich und dabei doch immer mit einer besonderen gestalterischen Idee in Kombination mit handwerklicher Fertigkeit versehen sind. Deshalb wird aus einem Kannendeckel eine Tasse (Couleur), der Kaffeefilter praktischerweise um einen Schöpflöffel ergänzt (Column) und zu den farbenfrohen Henkelbechern (Neighbors) ein rundes Holz gleich mitgeliefert, das Untersetzer und Warmhaltedeckel in einem ist. Kinto hat zudem auf der Maison & Objet im Januar die neue Linie atelier tete gelauncht, die auch der ambiente-Besucher zu sehen bekommt. Er darf sich freuen auf die Allianz von zeitgenössischem Design mit traditionellem japanischem Handwerk.

Gerade wenn die Stimmung verhalten ist, die Hersteller eher auf Variationen statt Innovation setzen, sind es die kleinen Dinge, die unsere Aufmerksamkeit erregen werden in Frankfurt in diesen Tagen. Vielleicht eine blau glänzende Oberfläche, die jedes Objekt zum Star werden lässt (titanisierte Geschenkkollektion Solitaire von Metz & Kindler für Rosenthal), Karaffen und Gläser, die aussehen wie schockgefrostet (Frost von Front für Stelton) oder eine quietsche gelbe Ente, die sich als Eieruhr entpuppt (Duck Timer von Eero Aarnio für Alessi).  Wir jedenfalls werden Ausschau halten und Ihnen von unseren Trouvaillen berichten.



Highlights der ambiente 2013

Halle 1.1 und Halle 1.2
Junge und trendige Küchenaccessoires. Hersteller wie Joseph Joseph, Kinto, Sagaform, Sigg, Lékué.

Halle 3.0 und Halle 3.1
Koch-, Brat- und Backgeschirr, Besteck, Schneidwaren, Küchengeräte und Maschinen. Hersteller wie Fissler, Le Creuset, WMF, Kitchen Aid, Kochmesser, Riess, Braun.

Halle 4.0
Table Contemporary Design. Hersteller wie Alessi, Eva Solo, Iittala, JIA, Menu, Royal VKB, Stelton/ RIG-TIG. Im Foyer wird die vom Londoner Designer Sebastian Bergne kuratierte Ausstellung Solutions zu sehen sein, außerdem die Newcomer-Show Talents.

Halle 4.1
Table Prestige. Hersteller wie Fürstenberg, Villeroy & Boch, Rosenthal, Zwiesel Kristallglas/ Jenaer Glas. Im Foyer wird es anlässlich der Wahl des Partnerlands Frankreich eine Sonderschau La France un art de vivre der Designerin Olivia Putman (Studio Putman) mit französischen Produkten zu sehen geben.

Galleria 1
Design-Plus-Ausstellung mit den Gewinnerprodukten, beispielsweise Il tempo della Festa von Alessi, Dorotea von Gense, Ding von JIA und Beater von Normann Copenhagen.


Am 21. Januar 2013 erfolgt an dieser Stelle ein ausführlicher Nachbericht zur ambiente 2013.