Blüten, Rinden und Rhizome
„Der kann bleiben, wo der Pfeffer wächst!" Also am besten ganz weit weg. Zwar wächst Pfeffer noch immer ganz weit weg, aber zum Glück kann man ihn heutzutage fast überall kaufen. Und so ist Pfeffer neben Salz das wohl meist genutzte Gewürz in der nordeuropäischen Küche. Doch kann man die liebevoll zubereiteten Speisen mit so viel mehr Blättern, Rinden und Rhizomen würzen. Grund genug sich auf die Spuren zu begeben von Safran, Curry, Chili & Co.
Die Geschichte der Gewürze reicht Jahrhunderte zurück und ist ein Stück Kulturgeschichte. Mit der Entdeckung neuer Kontinente ging die Entdeckung völlig neuer Geschmackswelten einher. Über die Gewürzstraßen kamen Pfeffer, Zimt, Vanille oder Nelken von den Molukken, Indien, Ceylon und Sumatra in Karawanen nach Europa. Dort wurden sie als Arzneimittel weiterverarbeitet oder kamen in den Küchen zum Einsatz. Heute kaum noch vorstellbar, waren Gewürze – Teile von Pflanzen mit einem natürlichen Gehalt von Geschmacks- und Geruchsstoffen – zuweilen wertvoller als Gold. Und so trugen Adlige Gewürznelken, Zimtstangen oder Muskatnüsse als Statussymbol in Seidenbeuteln bei sich und demonstrierten ihren Reichtum gern einmal mit einem Zimtstangen-Feuer.
Ausgestellt
Feuer aus Zimtstangen gibt es nicht mehr, dafür kommt fast jeder in den Genuss von Gewürzen – auch wenn diese oftmals von minderer Qualität sind. Da gibt es zum einen die Hersteller, die in den großen Handelsketten vertreten sind, aber auch immer mehr kleinere Unternehmen, die Wert auf Qualität und die passende Verpackung legen. Pfeffersack & Söhne beispielsweise füllt seine feinen Gewürze wie Bärlauchkraut, Muskatblüten und Kubebenpfeffer in schwarze Dosen aus Keramik, die mit einem luft- und lichtdichten Korkverschluss versehen sind. Die Dosen werden im Westerwald von Hand hergestellt und mit selbst entworfenen Etiketten versehen. So dient das Gewürz einerseits kulinarischen Freuden, lässt aber den visuellen und auch den Tastsinn nicht zu kurz kommen.
Denn es ist doch so: Eine gut gestaltete Dose verstaut der Design-Aficionado nicht unsichtbar im Schrank, sondern zeigt diese gern in offenen Regalen oder auf dem schicken Küchenblock. In diese Verkaufslücke preschen auch die kunterbunten Aufbewahrungsdosen namens Kitchen Management, die das junge Wiener Designbüro Dottings für den österreichischen Hersteller Riess entworfen hat. Holzdeckel sorgen hier dafür, dass die Frische der fragilen Naturdelikatessen – Timing ist alles beim Einsatz von Gewürzen! – erhalten bleibt.
Handgemacht
Parallel zur guten Verpackung soll aber auch die Handarbeit nicht zu kurz kommen. Gerade die kleinen Anbieter von Gewürzen leben vom Image des Handgemachten, das einhergeht mit dem Thema Gesundheit und Nachhaltigkeit. Diese marketingtechnisch von den Herstellern bis ins Letzte ausgereizten Themen sprechen vor allem die Besserverdiener an, die es sich leisten können am Samstagmorgen im Feinkostgeschäft oder den Delikatessläden der elitären Kaufhäuser ihren Wocheneinkauf zu erledigen. Genau deshalb reiht sich hier allerlei Köstliches, Würziges und Exotisches in den einst schlichten Eichenholz-Designerregalen, so beispielsweise das Flor de Sal d‘Es Trenc. Die durch natürliche Verdunstung an der Wasseroberfläche entstandenen winzigen Salzkristalle, die sich wie eine „Blume“ zusammenballen, werden in den Salinen im Südosten Mallorcas per Hand abgebaut. Anschließend kommen sie unbehandelt und rein in die hübsch gestalteten Dosen – wahlweise mit Hibiskus, Rosenblüten, Kräutern oder Oliven versetzt.
Weggepackt
Aus dieser wiederentdeckten Liebe zum Gewürz lassen sich auch die vielen verschiedenen Aufbewahrungsbehälter erklären, die in den letzten Jahren von den Tableware-Herstellern auf den Markt geworfen wurden. Nicht nur stellte der dänische Hersteller Eva Solo gerade seine sanft geschwungenen Delikatessengläser von Tools Design vor, auch Menu präsentierte auf der ambiente 2011 mit Vitrii ein Aufbewahrungskonzept der deutschen Designerin Sarah Böttger. In drei Farbvarianten als Klarglas, Rauchglas oder blaues Glas erhältlich, lassen sich darin nicht nur Chili-Schoten, Meersalz und Muskatnüsse formschön verstauen, sondern auch Krimskrams aus Bad oder Büro.
Zerstoßen
Ein weiteres Accessoire, das gerade Hochkonjunktur hat bei den Herstellern und den Trend zum Gewürz bestätigt, ist der Stößel samt Gefäß. Mit dem Mörser – seit dem Altertum bekannt und heute meist aus Marmor oder Porzellan gefertigt – lassen sich Gewürze oder Pflanzenteil manuell zermahlen. Während das Exemplar des britischen Herstellers Joseph Joseph in Weiß-Grün daher kommt und im geschlossenen Zustand an eine Zuckerdose erinnert, ist es Alessi gelungen, den finnischen Designer Eero Aarnio für sich zu gewinnen. Mit Aroma hat er einen Mörser aus weißem Steingut entworfen, der in seiner rundlichen Schlichtheit in jeder Küche eine gute Figur macht.
Nachgesalzen
Eine ebenfalls gute Figur machen die Salz- und Pfeffermühlen des italienischen Herstellers. Während srew it. salt it. pepper it von Wiel Arets aus Edelstahl in Kombination mit schwarzem oder weißem Melaminharz durch die ungewöhnliche Form der Griffe auf sich aufmerksam macht, ist Jasper Morrisons Salz- und Pfeffermühle Pépé le Moko erwartungsgemäß schlichterer Natur. Gemein ist vielen Salz- und Pfeffermühlen ihre Farbgebung zur Unterscheidbarkeit, kommen sie doch meist als Set daher: schwarz und weiß. So auch beim Modell 58°N des Designerduos ULIK für Normann Copenhagen. Der dänische Hersteller hat sich für die immer beliebter werdende Materialkombination von (hier matten) Porzellan und Kork – man denke auch an das Salz- und Pfefferset Shake, das Brian Keaney für Tonfisk entworfen hat – entschieden. Die Oberflächenbeschaffenheit der Materialien machen es griffig und damit gut handhabbar. Ein Nachtteil: Hier wird gestreut statt gemahlen. Und dabei schwören Kenner doch auf frisch Gemahlenes, gerade beim Pfeffer. Denn nichts geht über den Geruch der Schärfe, der langsam in die Nase steigt und einen zum Niesen bringt.
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