Bretter, die die Welt bedeuten
Das Münchner Skisport-Label Indigo steht für Highend-Wintersportgeräte mit hohem Design-Faktor. Vor 20 Jahren entwickelten Firmengründer Gregor Baer und Thorsten Schwabe das erste Snowboard der Marke Eigenbau. 2002 betraute Willy Bogner das Duo mit dem Entwurf des ersten hauseigenen Skis aus Bambus. Heute zählen die noblen Gleiter der Ski-Pioniere als sportives Statussymbol auf den Pisten zwischen St. Anton und Zermatt.
Es begann mit einem Snowboardvideo, das Gregor Baer und Thorsten Schwabe vor Augen kam, im Jahr 1988, als Snowboard noch ein echter Exoten-Sport war. Der Funke sprang über und löste eine Initialzündung aus. Kurzerhand zimmerten sich die beiden Freiburger selbst ein Brett, um über verschneite Hänge zu surfen – zu einer Zeit, in der Boardern die Nutzung der Skilifte noch ganz allgemein untersagt war. In ersten Versuchen transplantierten Baer und Schwabe die Stahlkanten handelsüblicher Ski auf eigens vorbehandelte Brettl’n aus Eschenholz und freuten sich, wenn die Konstrukte die Jungfernfahrt überlebten.
Schlangenprint statt stereotypes Styling
Heute, 20 Jahre später, ist diese Geschichte Schnee von gestern, die hobbymäßige Experimentierreihe hat sich zu einer professionellen Erfolgsstory ausgewachsen. Unter dem Label Indigo produziert das Duo designprämierte Highend-Wintersportgeräte, die auf fünf Kontinenten zu haben sind. In den drei Disziplinen Langlauf, Snowboard und Ski Alpin haben Baer und Schwabe ein Imperium geschaffen, dessen Design den Massen-Style der übrigen Branche ziemlich billig aussehen lassen: Statt aggressiv-quietschbunter Graffiti-Optik in Comicfarben, von der Ski-Industrie seit Jahren für den letzten Schrei in Sachen Produktgestaltung gehalten, standen bei Indigo von Beginn an monochrome oder Ton-in-Ton-Farbgebung im Vordergrund. Diese meist ausgefallenen Texturen, wie gemasertes Naturholz oder Schlangenprint, geben so ein ungewöhnlich klares Statement auf den alpinen Pisten ab. Außen hui – und innen? Auf Konstruktion und Qualität der verwendeten Stoffe lassen die beiden studierten Ingenieure erst recht nichts kommen. In der Debatte um Produktionstechniken fallen Begriffe wie Vorspannung, Flex und Kanten-Tuning. Das Ergebnis vorneweg: Mit hochwertigen Materialien und der handgemachten Fertigung an geheimem Ort bewegen sich die Macher der Indigo-Ski in einer Liga, in der automatisierte Industrieprodukte nicht mithalten können. „Ein industrieller Ski schießt schon nach rund sieben Minuten fertig aus der Maschine, während unsere Modelle an die zwei Tage benötigen“, so Schwabe.
Mit Bogner zum Erfolg
„Wir sind seit Jahren die Trendsetter der Branche“, sagt Thorsten Schwabe, Jahrgang 1969, selbstbewusst und meint damit das technologische, als auch das gestalterische Level. Das sprach sich herum: Im Jahr 2002 kam Willy Bogner persönlich auf das Duo zu und beauftragte es mit der Entwicklung des ersten hauseigenen Bogner-Skis. Beide Seiten hatten einen Ruf zu verlieren, was sich in hohen Ansprüchen an Design und Performance des Skis und folgerichtig in einer ausgiebigen Entwicklungsphase niederschlug. „Wir haben jedes einzelne Modell zu Tode getestet“, erinnert sich Gregor Baer. Das Ergebnis machte ein Jahr später auf der ISPO 2004 als Bambus-Ski Furore, ein nostalgisch-rasantes Sportgerät, an dem auch Luis Trenker seine Freude gehabt hätte: Der Ski verbindet den Retro-Chic eines Bambusfurniers mit einem hoch funktionellen Innenleben: ein Sandwich-Konstruktion mit Bambuskern plus Nanohighspeed-Lauffläche mit Steinschliff und Diamant-gefinishter Kante. Eine passende Bindung und Teleskop-Skistöcke mit Carbon-Inlay und handgenähtem Ledergriff komplettieren den Auftritt. Die Kooperation mit Bogner dauert an und beläuft sich inzwischen auf eine Kollektion von zwölf Ski-Modellen mit linientreu gestylten Accessoires wie Skihelmen, Schneebrillen sowie Rucksäcken und Ski-Reisetaschen aus Nylon. Im Münchner Firmensitz und Showroom, wo sieben Mitarbeiter beschäftigt sind, fällt schnell ins Auge, wie sehr sich die Produktpaletten der Linien Indigo und Bogner gleichen. Auch preislich bewegen sich beide Marken im selben Segment: Zwischen 1.850 und 2.500 Euro kostet ein Ski inklusive Bindung, bei einer limitierten Auflage von 2.000 Paar pro Saison. Wo der Unterschied zwischen den Linien liegt? „Ganz klar in der Zielgruppe“, erklärt Thorsten Schwabe und verweist auf unterschiedliche Marketingstrategien. „Indigo ist eine Marke für Leute ab 30 Jahren, während sich die Kundschaft der Linie Bogner doch mehr im Bereich 40 plus bewegt. Mit der Sports Couture von Indigo sprechen wir radikalere, sportlichere Fahrer an.“
Qualität ist das Gegenteil von Zufall
„Die Zusammenarbeit mit Bogner brachte uns ganz klar den Durchbruch“, erzählt Diplom-Ingenieur Gregor Baer, der wie sein Kompagnon höchsten Wert auf technische Standards legt. In Zahlen ausgedrückt lautet die Produktformel: 80 Prozent Funktion, 20 Prozent Design. Dabei ist es nicht nur reines Fertigungs-Know-How, das Indigo zur Top-Marke im internationalen Skizirkus aufsteigen ließ: Ein Blick auf den ausgefeilt professionellen Auftritt der Homepage zeigt ganz klar, dass die Konstrukteure von der Visualisierung ihres Image ebenso viel verstehen wie von der Wahl der richtigen Materialien. Auf der Startseite posieren die Firmengründer in schneeweißen Outfits, die einem Modemagazin Ehre machen würden, dem präsentierten Langlaufski in leuchtendem Grün aber nicht die Show stehlen – halt, wäre da nicht eine ebenso apfelgrüne Schlange, die sich unter den Sohlen des knienden Thorsten Schwabe ringelt. Letztere diente offensichtlich als Muse und Inspiration für das Design der zitierten Skimodelle. Was eine Python auf der Piste verloren hat? „Die Schlange steht für Wendigkeit, Schnelligkeit und Mystik, sie ist ein Symbol für Natur!“ führt Schwabe aus, der zwei Jahre bei einer führenden deutschen Werbeagentur als Art Director wirkte. Auch der hauseigene Hochglanz-Katalog verrät, dass Könner mit Visionen am Werk sind: Philosophische Zitate von Goethe, Nietzsche und Wilde akzentuieren eine gezielt hochwertige Bildsprache. „Wir sind Markenwächter! Und, ja, man muss Visionen haben“, sagt Schwabe, und fügt sein Credo an: „Qualität ist das Gegenteil von Zufall!“. Trotz der prächtigen Zukunftsperspektiven vergessen die beiden unprätentiösen Firmengründer nicht den langen Weg voll Höhen und Tiefen, den das Unternehmen zurück gelegt hat. Er hat sich gelohnt: Sogar das Londoner Luxuskaufhaus Harrods offeriert seinen anspruchsvollen Kunden aktuell Ski „Made in Germany“ von Indigo – und widmet dem weißen Sport damit den ersten „Verkaufs-Corner“ seiner Geschichte.
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