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Büro mit Gewissen

von Tanja Pabelick, 07.07.2008

Die Diskussion um Nachhaltigkeit und eine umweltfreundliche Lebensführung hat in den letzten Jahren für ein verstärktes Interesse an der ökologischen Bilanz von Produkten gesorgt. Der Konsument beurteilt nicht mehr nur nach Faktoren wie Nützlichkeit, Design und Preis, er möchte gleichzeitig sozial- und umweltverträglich handeln: „Öko“ ist Verkaufsargument. Mit der neuen Moral haben auch im Möbeldesign viele Hersteller ihre Produktionsprozesse auf Grün geschaltet und kommunizieren laut das neue Bewusstsein für die Natur. Doch wie sieht es mit der Ökologie am Arbeitsplatz aus, dessen Ausstattung vorrangig vom Arbeitgeber vorgenommen wird und sich in der Regel vor allem an ökonomischen Gesichtspunkten orientiert?
Dass ein sparsamer Umgang mit Ressourcen, etwa die Reduktion von Papier- und Stromverbrauch, nicht zuletzt auch für den Arbeitgeber positive finanzielle Folgen hat, mag noch einleuchten. Aber welcher Nutzen entsteht aus dem Einsatz einer umweltfreundlich produzierten Büroausstattung? Zwei Unternehmen machen beispielhaft vor, wie man mit nachhaltigen, effizienten und langlebigen Möbeln Ökonomie und Ökologie vereint. Einer der Vorreiter auf dem Markt nachhaltiger Büromöbel ist die Firma Steelcase. Während viele andere Hersteller erst mit der in den letzten Jahren aktuell gewordenen Nachhaltigkeitsbewegung eine Umorientierung eingeläutet haben, ist umweltverträgliche Gestaltung für den Büromöbelproduzenten aus Rosenheim ein alter Hut. Seit nunmehr fünfzig Jahren bemüht man sich darum, die Auswirkungen auf die Umwelt während des gesamten Lebenszyklus eines Produktes so weit wie möglich zu reduzieren. Das beginnt schon mit der Auswahl der verwendeten Wertstoffe: Bevor man sich bei Steelcase endgültig für ein Material entscheidet, wird es erst auf seine ökologische und gesundheitliche Unbedenklichkeit hin überprüft. Holz etwa wird ausschließlich aus nachhaltiger Forstwirtschaft bezogen und Oberflächen dürfen internen Leitlinien zufolge nur mit wasserbasierten Lacken behandelt werden.
Nichts verschwenden
Ein nachhaltiges Produkt verdient sich seine Bezeichnung aber nicht nur durch eine umweltfreundliche Herstellung und eine möglichst lang währende Gebrauchsphase, auch Rückführung oder Entsorgung müssen sicher gestellt und unter ökologischen Gesichtspunkten organisiert werden. Bei Steelcase hat man sich mit einem Netzwerk aus Fachhändlern und Recycling-Unternehmen zusammengeschlossen und stellt dem Verbraucher verschiedene Möglichkeiten der Weiter- oder Endverwertung zur Wahl. Damit stellt die Firma sicher, dass keines der von ihnen hergestellten Produkte einfach auf einer Mülldeponie landet, sondern verkauft, gemeinnützig gespendet oder dank Kennzeichnung an den einzelnen Bauteilen getrennt und in den Wertstoffkreislauf zurück geführt werden kann.
Grün gewinnt
Ökologische Anforderungen und Leitlinien hat sich auch die Firma Wilkhahn verschrieben und erhielt damit bereits 1996 als eine der ersten Betriebe den deutschen Umweltpreis. Statt sich unbehandeltem Massivholz und anderen vorwiegend oberflächlich „grünen“ Materialien des Öko-Klischees zu verschreiben, hat man bei Wilkhahn schon früh eine tiefer gehende Auseinandersetzung mit dem Umweltgedanken gesucht. Als Ikone des Eco-Design gilt bis heute ihr Stuhl „picto“, der komplett ohne feste Verbindungen konstruiert ist, sich dadurch leicht reparieren und für Recyclingverfahren sortenrein trennen lässt. Jedes Bauteil über 15 Gramm wird mit einer Materialkennzeichnung versehen, die genau wie bei Steelcase eine Rückführung oder Wiederverwertung erleichtert. Generell lautet aber die Prämisse so wenig verschiedene Werkstoffe wie nötig zu verwenden und den Materialaufwand über eine geschickte Konstruktion auf ein Minimum zu reduzieren. Das schließt sogar die Verpackungen der Möbel ein, die aus textilem Material bestehen und nach dem Mehrwegsystem funktionieren: die Hülle wird solange wieder verwendet, bis sie verschlissen ist.
Die Ökonomie der Ökologie
Es geht “nicht um einen neuen Stuhl, sondern um besseres Sitzen“ lautet das Credo – und das beinhaltet bei Wilkhahn auch einen umfassenden Service. Bis heute hat der Hersteller nahezu jedes Bauteil aller jemals von ihm produzierten Stühle auf Lager, bietet verschieden hohe Rückenteile und Bezüge zum Auswechseln an. Hier rechnet sich der ökologische Gedanke vor allem für die Kunden, die ihre Stühle immer wieder von der Firma warten lassen können und nicht bei jeder ausgedienten Gasdruckfeder gleich einen neuen Stuhl kaufen müssen. Und eine andere, weit verbreitete Tradition der Bürokultur wird hier durch die Modularität geschickt umgangen: In vielen Firmen ist es üblich jedem neuen Mitarbeiter einen neuen Stuhl mit einem fabrikneuen Bezug zur Seite zu stellen. Bei einem Wilkhahn-Stuhl nicht nötig, denn der Bezug kann einfach ausgetauscht werden – ein echtes Novum bei Büromobiliar. Gerade wegen der anvisierten Beständigkeit seiner Möbel legt Wilkhahn – neben allen Umweltaspekten auch großen Wert auf eine klassische Ästhetik und Ergonomie der Möbel. Schon 1950 kooperierte man mit der HfG Ulm und orientierte sich an ihrem Leitsatz „langlebige Produkte zu entwickeln, den Gebrauchswert zu erhöhen und die Verschwendung zu reduzieren“. Eine Zielsetzung, der Wilkhahn mehr als gerecht geworden ist, denn viele der Produkte, wie die FS Linie oder Stuhl picto, finden sich schon seit über 20 Jahren im Programm des Herstellers - und in den Büros seiner Kunden.
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