Cersaie 2007 - Baden im Open Space
Am 6. Oktober ist in Bologna die 25. internationale Keramikmesse für Architektur und Badezimmereinrichtung zu Ende gegangen. Noch stärker als im vergangenen Jahr stand die Entwicklung der Produkte zu Allroundtalenten des Wohnraumes im Mittelpunkt, was eine Zuordnung in bestehende Produktgruppen zunehmend erschwert. Ebenso wie auf der diesjährigen Mailänder Möbelmesse wurden auf der Cersaie mehrdeutige Objekte vorgestellt, die geradezu vorbildhaft verschiedene Eigenschaften in sich vereinen. Auf 160.000 qm Standfläche präsentierten sich knapp 1.100 Aussteller aus 32 Ländern.
Obwohl die in Bologna ansässige Cersaie gerade einmal halb so viele Aussteller und Besucherzahlen aufweist wie die Frankfurter ISH, ergänzt Sie als Fachmesse für Bau- und Badkeramik ein wichtiges Segment der Branche. Anders als auf der ISH fiel in Bologna die Präsentation von Neuheiten eher spärlich aus und auch auf Begleitprogramme, Events und Cocktails außerhalb des Messegeschehens wurde weitgehend verzichtet.
Getunte Natur
Dass keramische Oberflächen durchaus vielseitig einsetzbar sind ist bekannt, finden doch Fliesen seit Jahrtausenden im Außen- und Innenbereich Verwendung. Aber auch im Jahr 2007 schafften es einige Hersteller das Thema interessant zu präsentieren. So hob man vor allem den grenzenlosen Einsatz keramischer Beläge und die damit einhergehende optische Verschmelzung von Wohn-, Lebens- und Nutzbereichen hervor, deren Entsprechung sich in der Architektur sowie in der Möblierung wieder findet. Fast unbemerkt wurde die groß- oder kleinformatige Fliese aufgetunt und den jeweiligen Umweltbedingungen angepasst. Der italienische Hersteller Iris Fmg beispielsweise stellte eine Serie von Keramikfliesen vor, deren Ursprung und Aussehen der natürliche Werkstoff Stein ist. Nach Pulverisierung und Produktion weist er dann aber weitaus beständigere Eigenschaften auf als das witterungsanfällige Ausgangsmaterial.
Romantik des 19. Jahrhunderts
Materialien und Optik der vorgestellten Produkte blieben allgemein dem Thema Natur verbunden, wobei vor allen anderen die Farben Champagner und Braun mit dem Evergreen Weiß und einem Hauch Gold kombiniert wurden. Die Keramikindustrie knüpft mit romantisch verklärten Themen des 19. Jahrhunderts an die Möbelentwürfe der internationalen Designszene an und erklärt die puristische Sachlichkeit des 20. Jahrhunderts als beendet. Die Oberflächen sind uni, strukturiert, mit Blumen sowie afrikanischen Mustern bedruckt oder als opulentes Brokatdekor geprägt wie bei Villeroy& Boch (Bild 4), wo man sich an die Motive historischer Spitzentischdecken anlehnte. Auch der Designer Carlo Dal Branco ließ sich für den Entwurf seiner Mosaikmuster (Bild 1) für den italienischen Hersteller Bisazza von Themen aus der britischen Kolonialzeit inspirieren.
Baden im Open Space
Ergänzt wurden die opulenten Fliesendekors auf der Cersaie zum einen durch archaische Badskulpturen oder einem puristisch anmutenden Mix aus Wohn- und Badmöbeln. So entwarf der Designer Makio Hasuike für Falper beispielsweise eine limitierte Edition aus drei Solitären, die jeweils Becken, Wasserspender und Ablage aufnehmen, wahlweise im Raum positioniert und durch ein Schranksystem ergänzt werden können. Für Toscoquattro entwickelte Claudio Silvestrin einen Waschtisch (Bild 2), der aus einem halbkugelförmigen Becken und einem dunklen Sideboard aus Ebenholz zusammengefügt wurde. In letzterem ließen sich ebenso Badutensilien, DVDs oder eine Hausbar unterbringen. Wohnzimmeratmosphäre kam dann schließlich bei dem Hersteller wie Antonio Lupi (Bild 3) auf, der Badmöbel wie die Wanne „Biblio“ vorstellte, in deren Außenwände Bücherregale eingelassen sind.
Auch wenn manche Hersteller noch die guten Zeiten der immerhin großzügiger gestalteten Nasszelle beschworen, so wurde auf der Cersaie doch schnell klar: Das Bad ist im Wohnzimmer angekommen. Waschbecken, Badschränke und Ablageflächen haben sich vom Image der Nasszelle befreit und treten stattdessen als aufwendige Möbel oder ganze Wohnlandschaft auf mit dezentem Wasserzu- und -ablauf. Wohin uns der Hang zur Verschmelzung sämtlicher Lebensbereiche führen wird bleibt abzuwarten. Doch eine Lösung für die Toilette, dem wohl intimsten Möbel im zukünftigen Open Space des Wohnens, blieben die Hersteller weitgehend schuldig.
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