Stories

Das Bauhaus-Jahr 2009

von Katja Neumann, 31.03.2009


Vor 90 Jahren legte der Architekt Walter Gropius den Grundstein für einen der bis heute international erfolgreichsten Beiträge Deutschlands zur Kunst und Kultur des 20. Jahrhunderts: Das Bauhaus wurde gegründet und mit ihm zog ein neuer Geist durch die Welt, geprägt von einer völlig neuartigen Ästhetik. Anlässlich dieses Jubiläums feiern das Land Thüringen und im Besonderen die Städte Weimar, Erfurt und Jena das Bauhaus-Jahr 2009 mit zahlreichen Ausstellungen und Veranstaltungen. Ein weiterer Höhepunkt stellt die umfassende Ausstellung „Modell Bauhaus“ dar, die im Sommer in Berlin zu sehen sein wird.



Die Ideen des Bauhauses glichen im 20. Jahrhundert einer Initialzündung im Bereich der Produktgestaltung, deren Einfluss bis in die 1980er Jahre hinein reicht. In Weimar und Dessau entstanden vor allem in den 1920er Jahren zeitlose Klassiker wie die berühmte Tischleuchte von Wilhelm Wagenfeld oder Marcel Breuers Stahlrohrmöbel, die sich bis heute in Museen und Wohnzimmern gleichermaßen wiederfinden. Doch das Bauhaus war mehr als das: Es stand als Symbol für eine neue Zeit, für Massenproduktion und Industriezeitalter, für funktionale Ästhetik und neue Produktionsmethoden, für die idealtypische Einheit aus Künstler und Handwerker, für die Idee der Gestaltung des Lebensumfelds von der Stadtplanung, über den Wohnraum bis zum Kleinmöbel.

Ein neues Zeitalter

Wie revolutionär die Ideen des Bauhauses waren, zeigt ein Blick in die Geschichte der Produktgestaltung in Deutschland: Bis Anfang des 20. Jahrhunderts herrschte hier, wie auch in vielen anderen Ländern, eine Mischung aus verschiedenen Stilen von herausragender Üppigkeit, der sogenannte Historismus. Obendrein kam in Deutschland kaum ein Produkt ohne das Konterfei des Kaisers aus, was bei internationalen Ausstellungen für europaweites Amüsement sorgte. Schließlich war es das preußische Innenministerium, das den Architekten Hermann Muthesius nach England schickte, um die Arts-and-Crafts-Bewegung kennen zu lernen. Von diesem kunsthandwerklichen Konzept überzeugt, wurden kurze Zeit später auch in Deutschland Kunstgewerbeschulen und -werkstätten gegründet. Schon 1907 kam der Wendepunkt: Mit der Gründung des Deutschen Werkbundes – einer Allianz von Industriellen, Künstlern und Intellektuellen – wurde der neue deutsche Stil international bejubelt. Aus dessen Weiterentwicklung ging schließlich das Bauhaus hervor, das 1919 vom Architekten Walter Gropius in Weimar gegründet wurde.

Verbindung der Künste in idealer Einheit

Das Bauhaus war eine Schule des Funktionalismus, deren Ausgangspunkt zunächst die Rückbesinnung des Künstlers auf das Handwerk darstellte. Die zunehmende Industrialisierung erforderte schließlich ein neues Denken: Die Maschine sollte in den Dienst der Menschheit gestellt werden. Angestrebt wurden in Serienproduktion hergestellte Produkte, die den ästhetischen Anforderungen einer im Entstehen begriffenen Massengesellschaft entsprachen und nach Gesichtspunkten der Zweckmäßigkeit und der Eignung zur Massenherstellung entworfen werden sollten. Um diese zu entwickeln, galt es, Kunst und Handwerk zu vereinen in einer interdisziplinär ausgerichteten Ausbildung, die ihren Höhepunkt in der Architektur finden sollte. „Das Endziel aller bildnerischen Tätigkeit ist der Bau“ formulierte Walter Gropius im Eingangssatz des Bauhaus-Manifestes, der „Bau der Zukunft“ sollte alle Künste in idealer Einheit verbinden.
Die praktische Arbeit in den Werkstätten galt dabei als Herzstück der Ausbildung am Bauhaus, wobei auch die Begriffe Lehrling, Geselle und Meister aus dem Handwerk übernommen wurden. Gemäß diesen interdisziplinären Ansatze gab es beispielsweise Werkstätten für Malerei, Bühne, Bildhauerei, eine Druckerei, die Metallwerkstatt, Weberei und Tischlerei. Die Architekturabteilung wurde hingegen erst 1927 eröffnet.
Mit dem Umzug des Bauhauses nach Dessau wurde 1926 aus der Schule die „Hochschule für Gestaltung“. Die in Dessau eröffneten, von Gropius entworfenen spektakulären Neubauten des Bauhauses – neben dem Schulgebäude entstanden auch Wohnhäuser für die Bauhaus-Meister und die Siedlung Dessau-Törten – erlangten schnell internationale Bekanntheit.

Von Gropius zum „New Bauhaus“


1928 trat Walter Gropius als Direktor zurück, seine Nachfolge tritt Hannes Meyer an, der nach dem Motto „Volksbedarf statt Luxusbedarf“ eine stärkere soziale Ausrichtung und den Verzicht aus ästhetischen Aspekten forderte. Unter Hannes Meyer kam Anfang des Jahres 1930 auch die berühmte Bauhaus-Tapete in den Handel, die zum erfolg- und ertragreichsten Produkt der Schule werden sollte. Im Frühling desselben Jahres wurde Hannes Meyer aufgrund seiner kommunistischen Orientierung als Bauhaus-Direktor abgesetzt, an seine Stelle trat der Architekt Ludwig Mies van der Rohe, der trotz seiner betont unpolitischen Haltung die Auflösung des Bauhauses im Jahr 1933 nicht verhindern konnte. Das Bauhaus war schließlich nicht nur Schule und Werkstatt, sondern auch ein Lebensgefühl, das so ganz und gar nicht in die rückwärts gewandte nationalsozialistische Ideologie passte. So verließen viele Bauhäusler das Land, einige gingen nach Amerika und trugen die Ideen im Exil weiter. Bereits 1937 wurde in Chicago das „New Bauhaus“ gegründet, dessen Gründungsdirektor der ehemalige Bauhaus-Meister László Moholy-Nagy wurde und bis zu seinem Tod 1946 auch blieb.

Das Bauhaus war zweifellos seiner Zeit voraus und viele der innovativen Konzepte fanden erst Jahre später ihre Umsetzung und entsprechende Würdigung. Nicht nur in den Bereichen Architektur und Design war das Bauhaus federführend, auch in der Fotografie, der Lichtkunst und Bühnentechnik, der Malerei und im Grafikdesign setzte es Maßstäbe hinsichtlich Modernität und fortschrittlicher Ästhetik.

Anlässlich des 90. Gründungsjubiläums des Bauhauses haben sich die Städte Erfurt, Weimar und Jena zusammengeschlossen, um gemeinsam mit weiteren Partnern ein umfassendes, alle Orte der Region vernetzendes Ausstellungsprojekt zum Thema Bauhaus zu initiieren. Zentrum des Projektes ist die Stadt Weimar als Gründungsort des Bauhauses. In Berlin wird im Sommer dieses Jahres die vermutlich größte Ausstellung zu sehen sein, die jemals zum Thema Bauhaus veranstaltet wurde: „Modell Bauhaus“ ist die erste gemeinsame Ausstellung des Bauhaus-Archivs / Museum für Gestaltung Berlin mit der Stiftung Bauhaus Dessau und der Klassik Stiftung Weimar.


Die wichtigsten Ausstellungen zum Bauhaus-Jahr 2009 im Überblick

Das Bauhaus kommt aus Weimar
Bauhaus-Museum, Neues Museum, Schiller-Museum, Goethe-Nationalmuseum u. a.
1. April bis 5. Juli 2009

Eine Ausstellung der Klassik Stiftung Weimar zum Bauhaus-Jahr 2009. „Das Bauhaus kommt aus Weimar“ stellt an fünf verschiedenen Stationen in Weimar bekannte und unbekanntere Facetten des frühen Bauhauses ausführlich vor, darunter als Höhepunkt die Arbeiten aus den Werkstätten der Schule
Gezeigt werden darüber hinaus Werke aus internationalen Sammlungen, darunter Leihgaben aus dem Museum of Modern Art und dem Metropolitan Museum in New York.

www.das-bauhaus-kommt.de

Modell Bauhaus
Martin-Gropius-Bau, Berlin
22. Juli bis 4. Oktober 2009

Erstmals gestalten das Bauhaus-Archiv / Museum für Gestaltung Berlin, die Stiftung Bauhaus Dessau und die Klassik Stiftung Weimar als die sammlungsführenden und forschenden Bauhaus-Institute in Deutschland eine gemeinsame – und vermutlich größte jemals gezeigte - Ausstellung unter dem Titel „Modell Bauhaus“ im Martin-Gropius-Bau in Berlin. Die Ausstellung erzählt die Geschichte des Bauhauses anhand von Arbeiten der Meister und Schüler sowie der wichtigsten an der Schule behandelten Themen.
In 18 Galerieräumen im Erdgeschoss des Martin-Gropius-Baus wird das historische Bauhaus präsentiert, während das Nachleben des Bauhauses im Lichthof gezeigt wird.
In Anlehnung an den Farbkreis von Johannes Itten gestalten die Ausstellungsarchitekten chezweitz & roseapple die chronologische und inhaltliche Entwicklung des Bauhauses mittels Farbstufen.

Kooperationspartner der Ausstellung ist das Museum of Modern Art in New York, das im Anschluss an die Berliner Präsentation seinen 80. Geburtstag mit der Ausstellung „Bauhaus 1919 – 1933: Workshops for Modernity“ begehen wird.

www.modell-bauhaus.de

Kunstlichtspiele – Lichtästhetik der Klassischen Avantgarde

Kunsthalle Erfurt
29. März bis 24. Mai 2009

Im Zentrum der Ausstellung steht die Licht-Kunst-Bewegung des frühen 20. Jahrhunderts sowie Werke der Malerei und Grafik, Fotogramme, Bücher, Architekturentwürfe, Modelle und experimentelle Filme der 1920er Jahre. Die große Faszination, die von zu dieser Zeit von künstlich erzeugtem Licht ausging, inspirierten auch bedeutende Künstler. Einige der interessantesten Ansätze zeigt diese Ausstellung: Lyonel Feininger, Robert Delaunay und Erich Heckel setzten in ihren Gemälden die Erscheinungen des Lichts malerisch um. Präsentiert werden auch einige der Designentwürfe des Bauhauses für industriell gefertigte Lampen, allen voran die Ikone von Wilhelm Wagenfeld.
Höhepunkt der Ausstellung – mit Weltpremiere-Charakter – ist der „Raum der Gegenwart“ mit dem Licht-Raum-Modulator von László Moholy-Nagy: Der 1930 von ihm konzipierte, aber bis heute nicht realisierte Raum ist erstmals in Erfurt nach seinen Entwürfen von einem Forscherteam im Maßstab 1:1 rekonstruiert worden

www.kunsthalle-erfurt.de

Das Bauhaus in Jena – Bilder, Modelle, Objekte, Fotos und Dokumente

Stadtmuseum Jena & Kunstsammlungen der Stadt Jena
22. März bis 7. Juni 2009

Kunst, Architektur und Design werden in der Ausstellung „Das Bauhaus in Jena“ vorgestellt. Sie zeigt Werke aller Bauhaus-Künstler, Bauhaus-Design und Werbegraphik sowie originale Pläne und Modelle der Bauhaus-Häuser, darunter das heute nicht mehr existierende Jenaer Stadttheater von Walter Gropius – sein erster Bauauftrag in Thüringen – und die heute noch bewohnten Häuser Auerbach und Zuckerkandl unterhalb der Sonnenberge. Ein Schwerpunkt dieser Ausstellung liegt auf den engen Beziehungen der Bauhaus-Meister zum Jenaer Kunstverein und seinen Ausstellungsleitern Eberhard Grisebach und Walter Dexel. Im Industriedesign entwickelte sich eine besondere Verbindung der Bauhaus-Meister zur Firma Schott & Gen. in Jena. Hier waren es vor allem Gropius, Marcks und Moholy-Nagy, die sich mit Produkten für die industrielle Massenfertigung, aber auch mit neuen Werbekonzepten beschäftigten.

www.das-bauhaus-in-jena.de

TV-Tipps

2. April 2009
BR Alpha, 00:15 Uhr
Gropius & Co.: „Erinnerungen an das Bauhaus"

5. April 2009
MDR, 22:35 Uhr
BauHaus
Dokumentation
Facebook Twitter Pinterest LinkedIn Mail
Links

Petersilia, Abstrakta, Maizena & Co.

Das Bauhaus isst

www.designlines.de

Lernen vom Bauhaus?

Pariser Werkbundausstellung 1937

www.designlines.de

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