Stories

Das Neue Normal

von Katharina Horstmann, 04.03.2011


Was kommt nach der Ära der Design-Ikone und des Designer-Egos? Wäre es unrealistisch, eine Designbewegung zu erwarten, deren Einfluss an den von Memphis heranreicht? Und überhaupt, braucht Design eine neue Ideologie und einen neuen „Ismus“? Es gab bereits diverse Versuche, das Design von heute zu kategorisieren, doch viele Fragen blieben bislang unbeantwortet. Aus diesem Grund lud der Armaturenhersteller Dornbracht zu den Dornbracht Conversations 3 nach Iserlohn ein. Unter dem Titel „Extra/Ordinary. A further dimension on the rise of New Normal“ diskutierte am 17. Februar 2011 eine Expertenrunde über Strömungen im Design wie Super Normal, und über Themen wie Nachhaltigkeit, digitale Technologien und Demographie.
 
 
Mit den Dornbracht Conversations – kurz DC genannt – hat Dornbracht im Jahr 2008 eine Diskussionsreihe ins Leben gerufen, die sich als Diskurs-Plattform mit den aktuellen Entwicklungen von Design, Architektur und Kunst auseinandersetzt. Bei Dornbracht Conversations erörterten neben anderen der Künstler Tobias Rehberger und der Designer Stefan Diez die Fragestellung „Was ist ein Designklassiker, und welchen Stellenwert haben Klassiker in einer transversalen Kultur?“; und während der DC 2 diskutierten Konstantin Grcic und der Sammler Harald Falckenberg die Fragen „Ist Design Kunst? Ist Kunst Design?“.
 
Konglomerat
 
Der Ausgangspunkt der diesjährigen DC 3 war die Feststellung, dass es heute nur noch kurzlebige Trends gibt, aber keine epochenprägenden Stile wie es sie im 20. Jahrhundert gegeben hat – vom Jugendstil zu Art Déco, von der Moderne zur Postmoderne – mehr festzumachen sind. Vielmehr scheinen sie von einem Konglomerat abgelöst worden zu sein, das von keiner Formensprache dominiert wird. In einer ersten Diskussionsrunde, moderiert von dem britischen Journalisten Marcus Fairs, Gründer des Blogs Dezeen, setzten sich Andreas Dornbracht, der Designer Michael Sieger und der Programmdirektor des Vitra Design Museum, Mateo Kries, mit der Designgeschichte und -evolution auseinander.
 
Memphis und Minimalismus
 
Memphis, da waren sich die Teilnehmer einig, gehört zu den wichtigsten Designbewegungen des 20. Jahrhunderts, wenn sie nicht überhaupt die letzte wirklich große gewesen ist. „Es war wohl der radikalste Bruch in der Designgeschichte in den letzten dreißig Jahren“, sagt Michael Sieger. „Die Philosophie dahinter ist auch heute noch spannend, weil Memphis den emotionalen Aspekt von Design hervorgebracht hat.“
Hinter Memphis und auch hinter dem Minimalismus als Weiterentwicklung der Moderne stand eine gewisse Ideologie, die mehr war als ein bloßer Trend, sagt Mateo Kries. Sie standen in Verbindung mit der sozialen Entwicklung der Gesellschaft. Seitdem gibt es eher Mikro-Bewegungen, die Nischen einnehmen, wie Droog oder Super Normal.
 
Super Normal
 
Letztere ist eine Antwort auf die Ikonifizierung von Alltagsgegenständen, die den Charakter von Statussymbolen annehmen. Die durch die Designer Jasper Morrison und Naoto Fukasawa initiierte Gegenbewegung zu dieser „Designifizierung“ der Welt zelebriert nicht das Ego des Designers, das um jeden Fall auffallen will, sondern vielmehr den Gegenstand an sich: unglamouröse Alltagsgegenstände oder auch „Werkzeuge fürs Leben“. Super Normal sei eine Mischung des Minimalismuskonzeptes mit den Erfahrungen von Memphis, sagt Mateo Kries. Dinge können normal, müssen dabei aber nicht banal sein, zitiert er Morrison. Die Entwicklung von Super Normal sei richtungsweisend, da sie die beiden sehr entgegengesetzten Designbewegungen miteinander verbunden hat: die Suche nach außergewöhnlichen und zugleich funktionalen, normalen Objekten.
 
Realfaktoren
 
Zu den derzeit größten Herausforderungen der Hersteller gehören Nachhaltigkeit und die Digitalisierung, stellte Andreas Dornbracht fest. Wie, zum Beispiel, wirkt sich die Digitalisierung auf Produkte aus, die nichts mit der Kommunikation gemein haben? Etwa ein Wasserhahn oder Textilien? Das ist eine Frage, mit der sich sein Unternehmen schon des längeren auseinandersetzt. Ein weiterer wichtiger Faktor seien Veränderungen im Konsumentenverhalten und in der Demographie. „Unsere Produkte sind kaum noch Statussymbole,“ erklärt er. „Das Aussehen eines Produktes hat weniger Relevanz. Wichtig ist, das Erlebnis, das ein Produkt verspricht, zu genießen.“
 
Die wichtigen Faktoren seien Faktoren, die nicht erfunden werden können, sagt Mateo Kries, denn sie sind real. Deswegen sei die Herausforderung, eine Verhaltensweise zu entwickeln, die diese Art von realistischen Faktoren ernst nimmt. „Es gibt einen Wechsel von der Nutzung des Designs als Statussymbol oder Mittel, um sich selbst zu repräsentieren, hin zu einer Rolle, die etwas mehr im Hintergrund spielt. Das ist eine wichtige Vorraussetzung für Design, um nachhaltig zu sein“, sagt der 36jährige. „Design ist rationaler, vielleicht gelassener auf eine normale Art und Weise – und das ist eine gute Basis, um über nachhaltige Objekte nachzudenken.“
 
Extra/Ordinary
 
In einer zweiten Diskussionsrunde wurde der von Dornbracht zur Umschreibung eines neuen Geistes des Designs gewählte Begriff Extra/Ordinary debattiert. Hierzu trafen der Artdirektor Mike Meiré, der Architekt und Designer Matteo Thun und der Design- und Kunstkritiker Thomas Wagner aufeinander. Und auch hier einigte man sich schnell: Die viel zitierte Ästhetik der Neuen Normalität – wie zum Beispiel das iPhone oder iPad – sei die Antwort des Designs auf die Wissens- und Informationsgesellschaft. Anders als der erste iMac, der farbenfroh war und eine poppig-runde Maus hatte, tritt ihr Aussehen zurück und lässt dem Inhalt – der Software – mehr Raum.
 
Undurchsichtig/Durchsichtig
 
Somit tritt das Design in den Hintergrund; es wird unsichtbarer und hilft, direkt zur Information zu gelangen. „Wir haben zwar die alte Lucius-Burckhardt-These im Kopf: Design ist unsichtbar“, sagt Thomas Wagner. „Aber nun bekommen wir eine neue Art von Objekt, das eigentlich im Inneren verborgen irgendwelche Verhaltens- und Nutzungsweisen enthält.“ Diesen Widerspruch zu managen, zwischen der Tatsache, dass man Produkte nicht verstehen muss, aber dennoch mit ihnen umgehen kann, sei angesichts der zunehmenden Digitalisierung die große Aufgabe des Designs.
 
„Vielleicht repräsentiert das Neue Normal einen Paradigmenwechsel zu einer neuen Offenheit“, sagt Mike Meiré. Dogmen verlieren an Gewicht, erklärt der Kölner, nun gehe es um Identitäten. Wir sind im 21. Jahrhundert angelangt, bekundet Matteo Thun, heute dreht sich alles um die Realität.  Und das sei der Grund, warum Technologie so wichtig sei, bestätigt Mike Meiré: „Sie ist die direkte Resonanz.“

www.dornbracht.com
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