Design Miami Basel 08
Vom 02. bis 05. Juni fand in der Basler Markthalle nun die dritte Ausgabe der Design Miami Basel statt. 28 Designgalerien präsentierten sich dabei parallel zur Kunstmesse Art Basel einem internationalen Publikum aus Sammlern, Kuratoren, Journalisten und Designinteressierten. Mit seltenen Unikaten und limitierten Serien hat das Design nun endgültig seinen Platz auf den Shoppinglisten des Jetsets erobert und lässt die Grenze zu Kunst bewusst verschwimmen.
Als das Design vor knapp 100 Jahren das Licht der Welt erblickte, war das Ziel fest umrissen: gute, funktionale und vor allem auch günstige Produkte für die Serie zu entwerfen. Der Aspekt des Seriellen genoss hierbei eine besondere Bedeutung, markierte er doch den entscheidenden Unterschied zum Kunsthandwerk des 19. Jahrhunderts.
Wie schnell aus diesem Anspruch schon während der frühen Bauhausjahre mehr Wunsch als Wirklichkeit wurde, haben vor allem die deutlich überteuerten Entwürfe gezeigt, die die Werkstätten von Mies van der Rohe oder Le Corbusier schließlich verließen. Dass Sammler heute für diese mitunter horrende Summen berappen, scheint angesichts der unumstrittenen Bedeutung der Entwürfe – erst recht wenn es sich tatsächlich um einmalige Prototypen oder Einzelstücke handelt – mehr als verständlich. Zumal man den Designern auch keinen Vorwurf mehr machen kann, da sie in den seltensten Fällen die Preisspirale selbst zu verantworten haben und zudem schon lange das Zeitliche gesegnet haben.
Wenn Design zur Kunst wird
Doch wie sieht es aus, wenn Designer ihre Produkte von Anfang an nicht mehr für die Serie sondern gleich als limitierte Einzelstücke für Galerien und Sammlungen entwerfen? Sind die ihrem Gebrauchswert enthobenen Produkte somit nicht automatisch Kunst? Denn natürlich ist es eher unwahrscheinlich, dass die stolzen Besitzer eines seltenen Sammlerstücks dieses auch tatsächlich gebrauchen werden und es stattdessen wohl eher daheim auf den Sockel stellen. Doch kann man diese Grenze tatsächlich so hart ziehen? Und hat das Design nicht schon längst als Ready-Made der Dada-Bewegung oder über die Siebdrucke der Pop-Art seinen Einzug in die Kunstwelt vollzogen?
Begründet wurde die endgültige Liaison zwischen Design- und Kunstwelt schließlich zu Beginn der 1980er Jahre, als Ettore Sottsass und seine Memphistruppe ihre postmodernen Entwürfe lieber gleich in Museen und Galerien anstatt auf den Verkaufsmessen der Industrie präsentierten. Doch ihre Entwürfe, die häufig reine Einzelstücke blieben oder nur in sehr geringen Stückzahlen produziert wurden, hatten vor allem eine programmatische Aufgabe: Sie sollten eine neue Sichtweise auf das Design veranschaulichen und als „utopische Manifeste“ den Weg späterer Entwürfe für die Masse ebnen.
Immer wieder haben in der Folgezeit Designer mit außergewöhnlichen Einzelstücken auf sich aufmerksam gemacht. Doch der Kontext, in dem sie besprochen wurden, blieb dennoch der des Designs. Ebbte das Interesse an Designunikaten in den 1990er Jahren zunächst ab, erleben sie derzeit wieder einen regelrechten Boom, der die Preise auf den Auktionen in die Höhe schießen ließ. So wurde Marc Newsons Chaiselongue „Lockheed Lounge“ für 2,8 Millionen Dollar beim Auktionshaus Christies versteigert und setzte damit einen neuen Höhenrekord. Die Käufer waren diesmal aber weniger die klassischen Kenner auf dem Gebiet des Designs. Es sind die Sammler der Kunst, die nun das Design für sich entdecken und auf den Versteigerungen der großen Auktionshäuser und Events wie der Design Miami Basel genüsslich auf Einkaufstour gehen.
Im Fokus der Sammler
In der Tat hat die Art Basel dabei ein glückliches Händchen bewiesen, als bedeutendste Kunstmesse der Gegenwart nun auch einen Ableger für das Design ins Leben zu rufen. Denn auch wenn der Kunstmarkt derzeit immer noch mehr Wertsteigerungspotential als das Design bietet, lassen sich auch mit Designgegenständen erstaunliche Zuwächse erzielen. Vor allem Einzelstücke von Marc Newson oder Ron Arad stehen besonders hoch in der Gunst vieler Sammler. Von letzterem ist auch auf der diesjährigen „Design Miami Basel“ einiges zu finden.
Insgesamt 28 Galerien präsentieren sich auf den 6.000 Quadratmetern Ausstellungsfläche der Basler Markthalle, einem beeindruckenden Kuppelbau aus Beton, der mit einer zentralen Öffnung wie eine Mischung aus Bahnhof und Pantheon wirkt. Überhöhung und Banalität liegen hier eng beieinander, wie auch der Blick auf die Präsentationen der einzelnen Galerien zeigt. Die Bandbreite der ausgestellten Entwürfe reicht von klassischen dänischen Holzmöbeln wie dem „Hunting Chair“ von Borge Mogensen aus dem Jahr 1950 (gesehen bei Dansk Mobelkunst Gallery, Kopenhagen - Paris) über Jean Prouvés „Demountable House“ von 1944 (gesehen bei Galerie Patrick Seguin, Paris) bis hin zu Tom Dixons „Untiteled Chaise Lounge“ aus extrodiertem Kunststoff von 2007 (gesehen bei Kenny Schachter ROVE Gallery, London).
Die holländische Avantgarde
Doch es sind bei weitem nicht nur die Klassiker und allseits bekannten großen Namen der Branche, die auf dieser Design Miami Basel stark vertreten sind. Vor allem die junge niederländische Avantgarde ist bei den progressiven Galerien besonders präsent. So widmet die Moss Gallery aus Los Angeles dem Designduo Studio Job eine Einzelausstellung, die schon nach der Vorbesichtigung der Sammler ausverkauft ist. Und der Jungstar Maaten Baas zeigt mit seinem „Plastic Chair in Wood“ (2007) für die Contrasts Gallery aus Shanghai eine aus Holz gefertigte Version des Billig-Kunststoffstuhls Monoblock. Der „Cinderella table“ (2004) des niederländischen Designers Jeroen Verhoeven, der zwei Profile barocker Tische wie ein Schneckenhaus am Computer miteinander verbinden ließ, wird in einer Version aus Birkenholz von der Mailänder Galerie Nilufar angeboten. Dass nicht wenige der neuen Entwürfe auch in einer betont handwerklichen Form daherkommen, hat wohl sicher auch mit den Kaufgewohnheiten der Kunstsammler zu tun. Schließlich entspricht das betont industriell Gefertigte nicht unbedingt der gängigen Vorstellung vom limitierten Sammlerstück.
Fokus auf die Jungen
Widmete die Miami-Ausgabe der Design Miami Basel noch im Dezember 2007 eine gesonderte Ausstellung dem japanischen Designer Tokujin Yoshioka, werden nun gleich vier junge „Designer der Zukunft“ ausgezeichnet. In einem von den kommerziellen Galerien leicht abgetrennten Bereich können sie ihre Entwürfe dem internationalen Publikum präsentieren – übrigens gleich in Sichtweise der Loge einer großen britischen Bank, die den Event gesponsert hat. Die in London lebende deutsche Designerin Julia Lohmann zeigt dort eine Kollektion von Tischen aus Beton, die mit ihren rissigen Oberflächen fragil und zerbrechlich wirken. Das Designerduo Clemens Weisshaar aus München und Reed Kram aus Stockholm stellt eine Serie von geometrischen Figuren vor, die sich auf unterschiedliche Weise zu Hockern, kleinen Tischen oder Ablagen verbinden lassen. Der britische Designer Max Lamp entwarf eine Hockerserie aus Beton, die entfernt an die afrikanischen Hocker von Ray und Charles Eames erinnern. Und der italienische Designer Martino Gamper präsentiert eine Serie unterschiedlich groß geschnittener Tische, die mit ihren Oberflächen aus Granit oder Kieselsteinen fast schon an die Frühwerke der Postmoderne denken lassen.
Austausch zwischen Künstlern und Designern
Auch diesmal wird die Ausstellung durch verschiedene Gespräche ergänzt. So interviewt der Kurator der diesjährigen Architekturbiennale Aaron Betsky den niederländischen Künstler Joep van Lieshout, der auch mit eigenen Werken in der Carpenters Workshop Gallery aus London vertreten ist, sowie Designlegende Alessandro Mendini. Doch schlussendlich ist es der New Yorker Designer Karim Rashid, der eine überaus eigenwillige Erklärung für das derzeitige Interesse der internationalen Sammler findet: „Meine Theorie ist, dass die Kunst tot ist. Sie weiß nicht mehr, was sie tun soll. Also springt die Kunst auf die neuen Technologien, die sie im Design erkennt. Aber die Leute wollen im Grunde nicht, dass Kunst industriell gefertigt wird sondern immer noch von Hand. Im Design finden es viele leichter, den Fortschritt zu akzeptieren.“
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