Ein bisschen besonders
Fasziniernd und polarisierend zugleich: Gold und seine Geschichte in Kunst Leben.

Faszinierend und polarisierend. Die Geschichte des Goldes zeigt, wie es unsere Begeisterung für sich gewonnen hat. Und während drei Künstler sich kritisch mit Luxus auseinandersetzen, bieten einige Hersteller Gelegenheit, sich auf konsumkritische Art mit dem seltenen Edelmetall zu umgeben.
Gold – ein Stoff, der uns Menschen entzweit und verbindet wie kein anderer. Kein Metall dieser Welt hat ein so großes Ansehen, obwohl es ebenso offensichtlich eine negative Seite hat. Als protziges Statussymbol und Stellvertreter für Habgier ist Gold genauso Bestandteil unsere Lebens wie als Ehrung, Verehrung oder edler Körperschmuck. Auf der Siegertreppe gibt es die Goldmedaille als höchste Auszeichnung. Der Goldring signalisiert den Bund der Ehe. Die Bezeichnung flüssiges Gold steht gleich für mehrere wertvolle Lebensmittel wie Bienenhonig oder Olivenöl. Speisen wie die Lasagne holen wir goldgelb überbacken aus dem Ofen. Und viele Genussmittel gewinnen an Wert, indem sie mit Gold Edition betitelt werden.
Für Himmel und Zähne
Um ein zeitgenössisches Phänomen handelt es sich dabei allerdings nicht. Denn seinen Anfang nahm der ganze Wahn bereits vor über 6500 Jahren, wie die älteste gefundene Grabbeigabe aus dem bulgarischen Warna beweist. Als Schmuck trägt man Gold etwa seit dem vierten Jahrtausend vor Christus. Ein berühmtes Zeugnis der frühen Astronomie ist die mit Gold besetzte Himmelsscheibe von Nebra aus der Bronzezeit. Zur Geburt Jesu Christi brachten die Heiligen drei Könige neben Weihrauch und Myrrhe selbstverständlich auch Gold. Und mit der gesellschaftlichen Weiterentwicklung begann das Edelmetall den Siegeszug bis in die letzten Winkel aller Kontinente – ob als Zahlungsmittel, Schmuck oder Zahngold. Es folgte der Goldraub bei den Inka und der Goldrausch in Nordamerika. Selbst der Versuch, Gold künstlich herzustellen, blieb nicht aus. Zwar ist das misslungen. Aber immerhin entstand dabei als glückliches Nebenprodukt das Meißener Porzellan, das weiße Gold Europas. Heute verursachen ein entfesselter Goldpreis und die Goldgewinnung vor allem soziale wie ökologische Folgen.
Bescheidenheit oder Hochmut?
Worin liegt nun aber der Reiz im ewig glänzenden Material? Es mag die Seltenheit und seine warme Ausstrahlung sein, durch die das Edelmetall so fasziniert. Allein die Zurschaustellung goldener Gegenstände scheint oft schon die Strahlkraft des Stoffes auf seinen Besitzer zu übertragen. Ein bescheidener Mensch wird sich demnach nur dezent mit Gold verzieren, während sich der hochmütige Zar die Wasserhähne vergolden lässt und der arabische Ölscheich im goldenen Mercedes Benz vorfährt.
Kraftsymbol im Widerstand
Doch kann man übertriebenes Protzen auch mit Kritik an der oberflächlichen Gesellschaft aufladen. Aus dem US-amerikanischen Hip-Hop kennt man etwa das Klischeebild der goldbehangenen Gangster-Rapper. Hier wird Gold zum Kraftsymbol im Widerstand gegen die Unterdrückung der afroamerikanischen Minderheit und zum Ausdruck der Individualität. Der Rapper Trinidad James beispielsweise drückt in All Gold Everything seine Abneigung gegen stillose Hipster der Konsumgesellschaft aus; gegen Mitläufer, die allen Trends nacheifern; gegen Stripperinnen im College-Alter sowie gegen Spitzel und Verräter. Für ihn zählen unbekümmerter Spaß am Leben und der Zusammenhalt seiner Clique – zum Ausdruck gebracht durch Gold, Geld und Drogen.
Eine Ecke weiter gedacht hat der Konzeptkünstler und Designer Diddo. Er treibt seine Kritik an der Habgier auf die Spitze, indem er mit The Cure for Greed ein Set entwickelte, mit dem man seine Geldsucht befriedigen kann. Zu Pulver zermalmt und eingekocht, lässt sich ein Extrakt aus Dollar-Noten durch eine goldene Spritze in die Venen injizieren. Einen weiteren Ansatz im Umgang mit Luxus-Besessenheit fand das Modelabel Ju$t Another Rich Kid um Ken Courtney gemeinsam mit Designer und Künstler Tobias Wong. Für jene Menschen, die absolut alles haben und immer noch mehr wollen, entwickelten sie die Indulgences: ein Paket aus sieben unnötigen Luxus-Accessoires. Das Highlight darunter: eine kleine Kapsel für 425 Dollar, bei deren Verzehr selbst das Darminnerste mit 24-karätigen Goldblättchen zum Glänzen gebracht wird.
Für diejenigen Normalbürger, die noch nicht alles haben, aber ein bisschen was Besonderes suchen, bieten einige Hersteller immer wieder gern konsumkritische Goldschätze an. Schließlich ist Gold das wohl einzige Material, das keiner wirklich braucht, aber jeder haben will. Bei Seletti gibt es so zum Beispiel Estetico Quotidiano, eine Serie von Einweg- und Alltagsprodukten wie Pappteller, Flaschen und Töpfe aus vergoldetem Porzellan. Established & Sons hatte die Hamburger-Box Takeaway in Gold im Angebot. Und Tom Dixon führt die goldenen Deko-Schalen Eclectic in der Kollektion, die nicht gerade edel, sondern mehr wie laienhaft ausgehämmertes Blech daherkommen. Als wäre das nicht genug, bietet der Hersteller Calico aus Brooklyn als i-Tüpfelchen die Möglichkeit, seine Kostbarkeiten selbst ganz in Glanz zu hüllen: handgefertigte Tapetenunikate mit goldener Marmorierung. Nur ein bisschen besonders eben.
Alles, was glänzt: Mehr aus unserem Special The Golden Age lesen Sie hier.
Diddo
www.bydiddo.comJu$t Another Rich Kid
www.justanotherrichkid.comSeletti
www.seletti.itEstablished & Sons
www.establishedandsons.comTom Dixon
www.tomdixon.netCalico Wallpaper
www.calicowallpaper.comMehr Stories
Orient! Express!
Reisen auf der Schiene wird mit Klasse neu belebt

Unknown Unknowns
Die XXIII. Internationale Ausstellung der Mailänder Triennale ist eröffnet

Best-of Pools
Vom Mini-Tauchbecken bis zum grenzenlosen Schwimmerlebnis

Shades of Green
Nachhaltige Spurensuche auf der Mailänder Möbelmesse 2022

Lockruf des Nordens
Die Neuheiten vom Festival 3daysofdesign in Kopenhagen

Meister der Zweitnutzung
Neues Design aus alten Möbeln von Girsberger Remanufacturing

Kiesel-Hocker & Hörnchen-Sofas
Die Neuheiten der 60. Mailänder Möbelmesse

Best-of Eurocucina 2022
Küchenneuheiten aus Mailand

Salone del Mobile 2022
Unsere Highlights aus Mailand

Von der Fläche in den Raum
Formholzmöbel feiern ein Comeback bei Thonet

Schöne Tage in Antwerpen
Streifzüge durch die flämische Metropole

Catwalk & Disco
Ausstellung Memphis Again in der Mailänder Triennale

Die Welt als Bühne
Design-Ausstellung über Aldo Rossi in Mailand

Arbeitsräume der Zukunft
Brunner stellt die Onlineplattform Future Works vor

Der Sommer kann kommen
Die neuen Outdoor-Möbel von Royal Botania

Best-of Bad 2022
Sanitärobjekte, Armaturen, Möbel & Accessoires

Mission Nachhaltigkeit
Über Nachhaltigkeit und zirkuläres Wirtschaften bei GROHE

Motion. Autos, Art, Architecture
Norman Foster kuratiert Ausstellung im Guggenheim Bilbao

Innovationsfreu(n)de
Brunner und Stefan Diez präsentieren den Schalenstuhl mudra

Planet Plastik
Neue Ausstellung im Vitra Design Museum

Best-of Maison & Objet 2022
Die Neuheiten der Pariser Einrichtungsmesse

Skulpturen für den Alltag
Museum Ludwig widmet Isamu Noguchi eine Retrospektive

Macht! Licht!
Ausstellung im Kunstmuseum Wolfsburg über Kunst, Politik & Ressourcen

Hybride Arbeitswelten gestalten
Inspirierende Moodboards von Wilkhahn

Best-of Küchen 2022
Küchenmöbel, Elektrogeräte & Materialien

Alpine Sinnlichkeit
Entdeckungen auf der Sammlermesse Nomad St. Moritz

Best-of Outdoor 2022
Die schönsten Neuheiten für Garten, Terrasse und Balkon

Ausgezeichnete Bürogestaltung
de Winder Architekten gewinnen den Award Best Workspaces 2022

Wohnen als Gesamtkunstwerk
Ettore Sottsass’ Casa Lana in der Mailänder Triennale

Neue Tendenzen im Büro
HofmanDujardin über fünf Entwicklungen, die den Arbeitsplatz prägen werden
