Ein knackiger Kerl
Weihnachtszeit ist Figürchenzeit. Engelchen, Kinderlein, Chöre und Tierabbildungen tummeln sich in liebevoll gestalteten Szenerien. Alles wirkt harmonisch und friedlich. Doch ein schelmischer Geselle sticht aus der besinnlichen Stimmung hervor. Der Nussknacker.
„König Nußknacker, so heiß´ ich, harte Nüsse, die zerbeiß´ ich. Süße Kerne schluck´ ich fleißig, doch die Schalen, ei, die schmeiß´ ich lieber andern hin, weil ich König bin.“ So beschrieb Heinrich Hoffmann 1851 den Charakter der inzwischen zum Klassiker gewordenen Holzfigur. Mit der Autorität von Persönlichkeiten aus der damaligen Obrigkeit, einer strammen Haltung, einem grimmigen Blick und deutlich sichtbaren Zähnen zeigt Herr Nussknacker, wer der Chef ist. Und spätestens, wenn er mit seinem weit aufgerissenen Kiefer Schalen zum Zerbersten bringt, ist selbst dem Weihnachtsmann angst und bange. Aber ist es wirklich so? Nicht ganz. Denn auch der Kerl unter den Adventsfiguren lässt so langsam sein Herrscher-Dasein hinter sich. Königsgarderoben, Soldatenmäntel und Husarenuniformen weichen modernen Berufsbildern. Als Arzt, Künstler, Advokat oder Golfspieler getarnt, hält er in der heutigen Zeit Einzug in viele Wohnstuben. Und sogar der Weihnachtsmann höchst persönlich kommt als prachtvoll geschmückter Nussknacker in die Häuser.
Tradition für Moderne
Die obligatorischen Zähne sind noch sichtbar, aber meist von einem Bart, Arztkittel oder anderen Kleidungsstücken kaschiert. Auch der Blick ist nicht mehr gar so düster, meist blickt er uns mit großen, freundlichen Kulleraugen entgegen. Aber ob furchteinflößender Soldat oder charmanter Tennisspieler, der Nussknacker wird noch heute nach alter Tradition und Handwerkskunst gefertigt. Neben dem bayerischen Oberammergau war und ist das Erzgebirge das Zuhause des harten Typs und anderen Werkstücken, wie Weihnachtspyramiden, Räuchermännern und Schwibbögen. Ursprünglich von den Bergleuten als Hobby betrieben, hat sich die Holzarbeit in Form von Schnitzen, Drechseln und Fräsen über Generationen hinweg zum Markenzeichen der Region entwickelt. In rund 150 Arbeitsschritten werden die rund 35 Einzelteile aufwändig bearbeitet, verleimt und angemalt. Während der Nussknacker früher eher Respekt vermittelte und als Kinderspielzeug diente, ist er heute ein charmanter, dekorativer, lustiger Zeitgenosse, ja sogar eine außergewöhnliche Geldanlage! Es gibt ein paar besonders edle Exemplare, die sich mit einem Preis von über 28.000 Euro definitiv nicht unter Wert verkaufen. Die Kosten des Sammlerstücks resultieren vor allem aus einem einkarätigen Diamanten, den die Weihnachtsmann-Figur an ihrem Gürtel trägt. Bei all dem Stilbewusstsein tritt das größte Talent - das Nüsse knacken - damit zuweilen in den Hintergrund.
Frau Nussknacker
Und selbst die Gleichberechtigung hält Einzug in die Männerdomäne der Weihnachtsdekorationen. So tauchen an der Seite des knackigen Kerls immer mehr Nussknacker-Damen auf. Deutlich zarter präsentieren sich die Frauen in Gestalt von Chorsängerin, Lehrerin oder Wirtin. Wenn sie es denn überhaupt können, knacken die weiblichen Vertreterinnen die Schalenfrüchte allerdings nicht mit einem starken Biss, sondern mit ihren langen Beinen. In den USA sind Nussknacker nach berühmten Persönlichkeiten sehr beliebt, so dass Hillary Clinton und Maggie Thatcher mit festem Beinschlag die härtesten Hülsen zum Brechen bringen. Ob traditionelle, in hochwertigem Handwerk gefertigte Holzfigur oder Scherzartikel aus Kunststoff: Falls es in der besinnlichen Adventszeit mal zu ruhig wird, schnappen Sie sich „König Nussknacker“ und knacken Sie laut drauf los.
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