Eurocucina 2008 - Die Küche als Labor, Insel und Skulptur
Neben der weltweit größten Möbelmesse, dem Salone del Mobile in Mailand, fand in diesem Jahr die internationale Küchenmesse „Eurocucina“ statt, die sich im zweijährigen Turnus mit der Leuchtenmesse „Euroluce“ ablöst. In drei Pavillons auf dem Messegelände Milano-Rho stellte die Branche ihre Neuigkeiten und Produkte vor, begleitet von der Technologiemesse FTK, die den Besuchern einen Einblick in die neuesten Entwicklungen im Küchenbereich gab. Auf einer Fläche von 33.000 Quadratmeter zeigten insgesamt 139 Aussteller ihre Neuheiten, die sich jedoch von denen früherer Präsentationen wenig unterschieden. Die Branche befindet sich immer noch in derselben Entwicklung: Küche- und Wohnbereich verschmelzen miteinander und übernehmen die Funktion als Mittelpunkt innerhalb der Wohnung. Gleichzeitig ist die Küche ein Raum mit dem sich der Besitzer präsentiert, der seinen ästhetischen Anspruch beschreibt und seinen Hang zu technischen Raffinessen und innovativen Funktionen zeigt. Die Küche ist Vorzeigeobjekt, ein Raum zum Beisammensein und hat in erster Linie eine Aufgabe zu erfüllen, die einer Werkstatt, in der zubereitet, gekocht und anschließend genossen wird.
Lebensraum Küche
Heute wird die Küche nicht mehr nur zum Kochen und Essen genutzt, vielmehr ist sie ein Treffpunkt für gemeinsames Genießen und Plaudern. Sie öffnet sich zum Wohnbereich, wodurch sie in eine disponierte Lage innerhalb des Wohngrundrisses rückt. Diese Wandlung vollzieht sich bereits seit einigen Jahren und spiegelt sich in Möbelprogrammen, Konzeptionen und auch den Oberflächen wider, die neue Anforderungen erfüllen müssen. Die ehemals kühle Atmosphäre der überwiegend aus poliertem Stahl gefertigten Küchen verschwindet, denn kühles Metall wird durch warme Materialien ersetzt: Hölzer, insbesondere Nusshölzer mit ihren warmen Farbtönen und auffallenden Maserungen werden für Schrankfronten und Arbeitsoberflächen verwendet, aber auch Natursteine wie Schiefer, Granit und Marmor finden Einzug im Küchenbereich. Für das Boffi-Küchensystem duemilaotto wählte Pierro Lissoni Naturmaterialien, roh belassenes Holz, Stein und Keramik, die besonders gut mit den minimalistisch gestalteten Formen des Systems harmonieren.
Die Küche als Werkstatt und Labor
Das Thema Küche als Werkstatt einer neuen Lebenskultur, die Otl Aicher als Ort kreativer Arbeit beschreibt, nimmt Alfredo Häberli als Ansatz für seine Concept Kitchen die er in diesem Jahr auf der Eurocucina erstmalig bei Schiffini vorstellte. Mit seinem Entwurf folgte er nicht dem allgemeinen Trend einen Monoblock inmitten des geräumigen Küchenraums aufzustellen, sondern entwarf ein heterogenes Mobiliar, das sich den unterschiedlichen Nutzungen und Anforderungen anpasst. Einziger Nachteil von Concept Kitchen ist, wie der Name schon sagt, dass es bisher nur ein Konzept ist. Das Wiener Designbüros Eoos setzte hingegen die Idee der Küchenwerkstatt um und kreiert für den deutschen Küchenhersteller Bulthaup das offene, mobile System b2 bestehend aus einer Werkbank auf der Speisen zubereitet werden und einem Werkschrank indem die Kochwerkzeuge lagern. Ihr Entwurf kommt einem weiteren Trend entgegen, nämlich dem, seine Küche für die eigenen Bedürfnisse zu gestalten. Mobile Module erlauben dem Nutzer sich seinen Arbeitsplatz je nach Bedarf individuell zu gestalten.
Die Küche als Insel
Fachleute sagen, die Raumgröße einer Küche sollte heute mindestens 30 Quadratmeter sein. Der Trend der „offenen Küche“, den die meisten Küchenfirmen nutzen, um frei im Raum stehenden Blöcke zu präsentieren, macht eine solche Raumgröße auch notwendig. Auf der Eurocucina zeigte fast jeder Aussteller Küchenmodule, die als monolithische Möbelstücke im Zentrum des Küchenbereichs positioniert sind wie Inseln des Kochens. Eine solche Kücheninsel entwarf Naoto Fukasawa für Panasonic. Sie besteht aus einem nahtlosen Block, der mit einer Arbeitsplatte aus Marmor abgedeckt ist und indem sämtliche Funktionen von außen verborgen bleiben. Als Trennungselement zwischen dem Küchen- und Wohnbereich erscheint Anima von Binova, ebenfalls ein massiver Block, dessen Rückseite sich zum Wohnbereich ausrichtet und Monitore, DVD-Player oder eine Bar unterbringt. Der italienische Hersteller Dada dagegen lässt mit seinem Küchensystem Hi-Line verschiedene Kombinationsmöglichkeiten zu, durch die sich die Küche als Insel in den Wohnraum einpassen kann. Eine Auswahl von Schrankelementen, Farben und Materialoberflächen erlauben dem Kunden das System seinen persönlichen Bedürfnissen anzupassen.
Der Block als Skulptur
Arclinea ließ einen Küchenblock von Antonio Citterio gestalten, der bereits seit 1995 für den italienischen Hersteller Küchen entwirft. Sculture Industriali bezeichnet er sein Küchenmöbel, dessen monolithischer Block eine Materialskulptur mit eingelassenen Spülbecken und Herdplatte ist. Sie besteht aus sich selbsttragendem Marmor – eine Materialmischung, die sich aus verschäumten Kunstharz (Eulithe) und Aluminium zusammensetzt. Eine Küche die sich nicht nach der Tendenz der kubischen Form richtet, sondern eher einer amorphen Skulptur ähnelt, entwarf Alessandro Mendini für Valcucine und Alessi. La Cucina Alessi besticht durch seine geschwungenen Kurven, die als spielerische Elemente eingesetzt werden und die Küche anmutig erscheinen lassen. An Originalität kaum zu übertreffen ist jedoch die Küche Eclettica von Strato. Wie ein eigener abgeschlossener „Küchen-Kosmos“ unabhängig vom Raum der ihn umgibt, erscheint sie wie eine Kapsel mit elliptischer Form.
Wie Mailand einmal mehr gezeigt hat: die Auswahl ist groß und lässt den Kunden viel Spielraum bei der Wahl seines Küchensystems. Zu hoffen bleibt nur, dass unter dem großen Angebot und den wachsenden Ansprüchen an jede Küche, die Qualität der Speisen nicht leidet. Denn die wichtigste Aufgabe einer Küche ist immer noch, dass Kochen und das bitte mit Leidenschaft.
Links