Fashion goes High-Tech
Die Grenzen zwischen den verschiedenen Designdisziplinen verschwimmen immer mehr. Technische Produkte werden zu unerlässlichen Mode-Accessoires, grafische Motive zieren Möbel und T-Shirts und die Inszenierung des Ganzen geht nicht selten als wahrhaftige Kunstaktion durch. Einer, der all diese Grenzen immer wieder überschreitet, ist der englische Modedesigner Hussein Chalayan, der für den innovativen Einsatz neuer Technologien und ungewöhnlicher Materialien in seinen Kollektionen bekannt ist. In enger Zusammenarbeit mit Swarovski kombinierte Chalayan in seiner Frühling/Sommer Kollektion 2008 futuristische Lasereffekte mit der natürlichen Schönheit von Kristallen, was die Zuschauer in Paris zu nicht enden wollendem Applaus und stehenden Ovationen hinriss.
„Readings“, so der Titel der aktuellen Kollektion, dreht sich thematisch um die unterschiedlichen Arten der Anbetung und Verehrung in historischen, ethnischen und religiösen Kulturen im Laufe der Jahrhunderte. Der letzte Teil der Präsentation war dabei inspiriert von altertümlicher Sonnenanbetung auf der einen und dem heutigen Promistatus auf der anderen Seite. Chalayan übersetzte diese Thematik, indem er bestimmte Stücke wie Kleider und Jacken mit multifacettierten Swarovski-Kristallen besetzte, aus denen einzelne, winzige rote Laser heraus strahlten, sodass sich ein wie Lava glühender Effekt entwickelte. Die Strahlen wurden in alle Richtungen des Raumes abgegeben, wo sie von umgebenden Spiegeln zurück auf den Laufsteg geworfen wurden. Das Model umhüllte währenddessen ein roter Strahlenkranz, der schließlich für das Thema der Sonnenanbetung stand. Um diesen Effekt zu erzielen, wurden die Jacken mit neunzig und die Kleider mit sechzig ferngesteuerten Lasern versehen, die besonders aufwändig in die Kleidung eingearbeitet wurden.
„Laser, eine Technologie, mit der ich noch nie zuvor gearbeitet hatte, aus Swarovski-Kristallen heraus abgegeben, bricht das Licht aus dem Körper heraus und prallt schließlich an den umgebenden Spiegeln wieder ab“, sagt Hussein Chalayan. „Daraus entsteht ein Zusammenspiel zwischen der Figur auf der Bühne und dem Publikum.“
Tschadors und magnetische Kleider
Hussein Chalayan, geboren 1970 in Nikosia auf Zypern als Sohn türkisch-zypriotischer Eltern, kam 1978 nach England und beendete 1993 sein Studium am Central St. Martins College of Art and Design in London. Bereits mit seiner Abschlussarbeit gelang ihm eine kleine Sensation: Chalayan vergrub seine erste, aus Seidenkleidern bestehende Kollektion, um sie anschließend wieder auszugraben und mit Metall zu versetzen. Die Wirkung der leicht verrotteten Kleider testete er dann auf einem magnetischen Laufsteg. Fortan bewegten sich seine Kollektionen immer im Grenzbereich zwischen Kunst und Mode, obwohl sich Chalayan selbst bis heute definitiv als Modedesigner bezeichnet. 1998 schickte er Models mit Tschadors auf den Laufsteg, welche nach und nach um ihre Bestandteile reduziert wurden, sodass das letzte Model nackt und lediglich mit der Kopfverhüllung vor das Publikum trat. Obwohl Chalayan zwei Mal hintereinander, 1999 und 2000, zum britischen Designer des Jahres gekürt wurde und in der Branche bereits seit Jahren als Trendsetter und Impulsgeber gilt, ging es finanziell für den Designer erst langsam bergauf. So kam es auch schon mal vor, dass Chalayan Modenschauen aus Kostengründen absagen musste.
Die Modenschau als Lichtspektakel
Inzwischen sind diese Zeiten zum Glück vorbei, sodass Hussein Chalayan seine Vorliebe für neue Technologien in seinen Shows zur Freude der Zuschauer frei ausleben kann. Seit drei Jahren wird Chalayan von Swarovski gesponsort. Und die Zusammenarbeit erweist sich als überaus fruchtbar. So entstand auch im vergangenen Jahr eine Kollektion, die High-Tech und Mode miteinander verband, jedoch lediglich in Japan erhältlich war. Unter dem Motto der sich verändernden Jahreszeiten präsentierte Chalayan in Zusammenarbeit mit Swarovski durch LED beleuchtete Kleider, glühende Hüte oder elektronische Hauben, die vom Nacken aus wie eine Welle über dem Kopf schwebten, gestaltet, um den dunklen Winter etwas zu erhellen. Selbst ein komplettes Video-Display bestehend aus über 15 000 programmierbaren LEDs zauberte Chalayan auf ein Kleidungsstück und versah es zusätzlich mit Tausenden von Swarovski-Kristallen.
Mode und High-Tech, Sinnlichkeit und Zukunftsvision, das scheinbar Unvereinbare zeigt sich hier in seiner schönsten Form. Grenzen bieten eine gewisse Sicherheit, doch wie Hussein Chalayan zeigt, entstehen die besten Dinge meist erst bei deren Überschreitung.
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