Garten Special - Sommer 2007
Hätten Sie gedacht dass das meistverbreitete Möbel unserer Zeit ein Gartenstuhl ist? Nicht etwa weil er so schön gestaltet ist, sondern einzig und allein weil ihm negative Eigenschaften fehlen: er ist bequem, günstig und flexibel. Bei dem weißen Plastiksessel Monoblock findet sich kein Grund zum Meckern. Dennoch kommt er heute vielen aufgrund seiner Verbreitung bis in die hinterste, von Gartenzwergen besiedelte Kleingartenlaube zu proletarisch daher. Während den Kunststoffstuhl über Jahrzehnte niemand wahrgenommen hat, geschweige denn sich an seiner Gestaltung jemand gestoßen hätte, ist er neuerdings ein viel diskutiertes Produkt der Gartenkultur, an dessen gestalterischen Qualitäten sich die Geister scheiden. Diese Kontroverse ist geradezu exemplarisch für eine neue Wahrnehmung des Gartens als Verlängerung des Wohnraumes der zur Visitenkarte avanciert, worin der alte Pragmatiker Monoblock nichts mehr zu suchen hat.
Verwunderlich ist sein bisher ungeschlagener und andauernder Erfolg dabei keinesfalls. Über Jahre hat sich Otto Normal nicht sonderlich für das Aussehen der Produkte auf seinem Rasen interessiert: Die Gartenausstattung kam in der Regel aus dem Baumarkt. Und was hier seit jeher die Regale bevölkert ist praktisch, wetterfest, flexibel und passt auf den Gardena-Anschluss. Die Wahrnehmung des Raumes hinter der letzten Terrassenplatte war von der Nachkriegszeit bis in die 1970er Jahre eher praktischer Natur. Man säte trittfesten Rasen, und genügsame Bodendecker, freute sich am anspruchslosen Grün und darüber, dass das Gemüse im Supermarkt so einfach aus den Regalen zu pflücken war. In den 1980ern hingegen entdeckte man das Leben im Einklang mit der Natur, lockte die Bienen mit Wildblumen und kochte Suppe aus selbst gezogenen Rüben und Gartenkräutern. Erst in den letzten Jahren, wurde eine gepflegte und designorientierte Gartenkultur – fernab von Holzspalier und Lattenzaun - populär. Was man an ästhetischen Ansprüchen an den Innenraum stellt, überträgt sich auf das Leben unter freiem Himmel. Der Garten ist „in“ und die Umsätze bei Pflanzen, Gartengeräten und Freizeitmöbeln steigen seit dem Jahrtausendwechsel jährlich um etwa 5%. Vorbild für die neue Gartenkultur sind die südlichen Länder, wo Garten und Patio schon immer mit dem Wohnraum verbunden waren und als kommunikativer Ort für gemütliche Zusammenkünfte genutzt wurden. Von hier schwappte die Gartenwelle schließlich auch nach Deutschland und schwemmte vorerst Teakholzmöbel und Glaswindlichter an.
Mittlerweile finden sich aber auch in den Katalogen designorientierter Möbelproduzenten Gartenobjekte, die ganz selbstverständlich in die Kollektion eingebunden sind. Bekannte Designer wie Marcel Wanders oder das Kollektiv Norway Says gestalten innovative Produkte für den Aussenraum, die sich in ihrer Formensprache und Ästhetik nicht vom Interior-Design unterscheiden. Da findet sich verspielt Ornamentales, wie die Gartentapete von Susan Bradley, der Sonnenschirm mit Blätterdach von droog design und der Gartenstuhl von spline mit seinem dramatischen Schattenwurf. Innovative Konzepte liefern die UFO-ähnliche Regendusche von viteo, das kompakte Schachtelhaus mit Hochsitz von Holger Moormann oder die Tisch- Sitzkombination PicNik von Extremis. Aber auch sinnlich verspielt darf es zugehen, wenn die Märchenschaukel mit Efeu von Marcel Wanders unter dem Baum im Garten hängt. Und auch an das mobile Leben der gartenlosen Parknomaden hat man gedacht. Studenten der FH Hannover haben einen kompakten Mitnehm-Grill entworfen, der sich wie ein Rucksack über die Schulter werfen lässt. Auch für die Liebhaber von Vogelhäusern bietet die Vogelkugel eine willkommene Abwechslung vom üblichen Baumarkt Design.
Doch was wird in der schönen neuen Gartenwelt aus dem Monoblock? Die beiden Gestalterinnen von front design haben sich den Klassiker unter den Gartenprodukten nochmal vorgeknöpft und im wahrsten Sinne des Wortes salonfähig gemacht. Ein teurer Lederbezug versteckt jetzt die charakteristische Lehne des zwei Euro Produktes und katapultiert den Monoblock damit wieder auf die Wunschliste der Freunde von Design und Ästhetik, die sich zuvor noch angewidert abgewandt hatten.
Gott sei Dank.