High-Tech-Chic
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Die Erfindung der LED war für die Beleuchtungsindustrie eine regelrechte Revolution: Klein, energiesparend und kostengünstig eröffnet die Leuchtdiode eine neue Beleuchtungswelt, deren Entwicklung noch lang nicht abgeschlossen ist. Inzwischen halten LEDs Einzug in die Unterhaltungselektronik, in die Architektur und Kunst und nicht zuletzt sogar in die Mode. Selbst leuchtende Kleidung, T-Shirts, auf denen Laufschriften zu lesen sind, Kleidung, die auf Musik und sogar auf Umwelteinflüsse reagiert – die Welt der Mode entdeckt für sich das Potenzial innovativer Beleuchtungstechnik.
Jeder kennt Funktions- und Sicherheitskleidung, auf denen Reflektoren angebracht sind. Doch was ist mit Kleidung, die selbst leuchtet? Und wie lässt sich die Lichtquelle in Stoffe einarbeiten, sodass sie immer noch bequem tragbar sind? In den letzten Jahren vollzog sich auf dem Gebiet der leuchtenden Textilien eine rasante Entwicklung. Hersteller, Modedesigner und Forschungslabors arbeiten gleichermaßen daran, die Kleidung der Menschen leuchten zu lassen – der Lichteffekt als modisches Accessoire.
Leuchttextilien als Showeffekt
Bereits vor mehreren Jahren machte der Modedesigner Hussein Chalayan mit einer spektakulären Modenschau auf die Möglichkeit aufmerksam, Kleidungsstücke erstrahlen zu lassen – und nicht nur das: In Verbindung mit Laserstrahlen, die sich in zahllosen Swarovski-Kristallen spiegeln, präsentierte Chalayan mit der „Readings“-Kollektion ein multimediales Spektakel im Grenzbereich zwischen Mode und Technologie. So ließ Chalayan ein Stück aus seiner Kollektion sogar zum Video-Display werden, indem er über 15 000 Leuchtdioden integrierte, welche über ein Computer-Programm gesteuert wurden.
An der „Readings“-Kollektion arbeitete 2008 auch Moritz Waldemeyer mit. Der in London lebende Ingenieur hat sich auf die Verbindung von Mode, Kunst und neue Technologien spezialisiert und nicht nur mehrfach mit Hussein Chalayan zusammengearbeitet, sondern auch mit Designergrößen wie Zaha Hadid oder Ron Arad. Waldemeyers berühmteste Entwürfe stammen jedoch aus dem Bereich Musik. So gingen die leuchtenden Schulterklappen der Popsängerin Rihanna durch alle Medien. Auch der LED-Anzug mit Lichtkrone, den der Sänger Mika in seinem Video zu „We Are Golden“ trägt, stammt von Waldemeyer, ebenso wie die Leuchtschriften auf den Anzügen der Indieband OK GO.
Technologie und Tradition
Bei Modenschauen und Musik-Konzerten sind leuchtende Kleider oft das visuelle Highlight einer Bühnenshow. Den Einsatz von LEDs in einem eher traditionellen und kunstvollen Bereich wagte dagegen die japanische Künstlerin Miya Masaoka: Für ihr „LED Kimono Project“ bestückte sie den Ärmel eines Kimonos mit 444 Leuchtdioden, angeordnet in einem traditionellen Kimono-Muster. Jede LED-Einheit ist dabei in einem Abstand von einem Inch, also 2,54 Zentimetern, von Hand auf den Ärmel aufgestickt. Die Stromversorgung erfolgt durch leitende Fasern, die mit insgesamt acht unsichtbar unter dem Kimono versteckten Batterien verbunden sind. Das Besondere an diesem Kimono ist aber nicht nur seine Leuchtkraft. Die LEDs reagieren auf Töne und dienen schließlich als eine Art Monitor, auf dem die Musik als Video visualisiert wird. Alle 444 LEDs sind dafür mit Mikroprozessoren verbunden, die in die Taschen des Kimonos eingenäht sind. Über Bluetooth oder USB werden die Prozessoren mit einem Computer verbunden, der die Musikvisualisierung errechnet und auf die LEDs überträgt.
Leuchten fürs Klima
Doch nicht nur Musik kann mit Licht auf dem eigenen Körper sichtbar gemacht werden, auch Umwelteinflüsse können abgebildet werden. Bewiesen hat das das dänische Designstudio Diffus, das den sogenannten „Climate Dress“ entwickelte. Dafür wurden Hunderte von LEDs auf ein Kleid gestickt, das mit speziellen, eigens für dieses Projekt entwickelten, leitenden Garnen ausgestattet ist. Der Hintergrund: Als interaktives Kleidungsstück soll der „Climate Dress“ die CO2-Konzentration in der Umgebung als Lichtmuster sichtbar machen. Die sich verändernden CO2-Werte um den Träger werden über einen Sensor gemessen und an einen integrierten Mikroprozessor weitergegeben, der diese Daten in Lichtmuster umwandelt – vom langsamen, gleichmäßigen Pulsieren bis hin zu schnellem Blitzen und hektischem Aufleuchten, je nach derzeitiger CO2-Konzentration in der Luft.
Photonische Textilien
Ein lichtemittierendes Gewebe, bei dem farbige Leuchtdioden in einem mehrschichtigen System unter dem Oberstoff gelagert sind, entwickelte der Hersteller Philips. „Lumalive“ nennt sich die Kollektion, die im Geschäftsbereich Photonic Textile bei Philips Research konzipiert wurde. Dabei bestand die eigentliche Herausforderung nicht nur darin, die Kleidung zum Leuchten zu bringen, sondern vor allem, ein Gewebe zu kreieren, das weich und anschmiegsam ist – sprich: eine Textilie, die die gesamte Technologie unsichtbar integriert und sich dennoch bequem tragen lässt.
Mit „Lumalive“ ist Philips dieses Kunststück gelungen: Bei diesen sogenannten „Photonischen Textilien“ sind neben flexiblen, mit farbigen Leuchtdioden bestückten Reihen auch Elektronik und Batterien in das Gewebe eingearbeitet, ohne dass die Weichheit oder die Flexibilität des Stoffes darunter leidet. Die LEDs werden nur in eingeschaltetem Zustand sichtbar, wenn sie beispielsweise Muster in bis zu 16 Millionen Farben wiedergeben. Auch kurze Textnachrichten oder komplette Farbanimationen können auf dem Shirt oder der Jacke abgespielt werden. Und sogar für eine der bisher größten Hürden bei leuchtenden Textilien hat Philips eine Lösung gefunden: die Reinigung. Die „Lumalive“-Textilien sind modular aufgebaut. Die mit LED bestückte Schicht befindet sich direkt unter dem Oberstoff und kann somit vor dem Waschen einfach entfernt werden.
Rasante Entwicklung
Leuchtende Kleidung ist aber nur ein erster Schritt. Geplant ist die Übertragung der „Lumalive“-Technologie auch auf Möbel und Heimtextilien. So sind mit LEDs bestückte Stoffe zweifelsohne auf dem Vormarsch, denn die Einsatzmöglichkeiten sind enorm und die technische Entwicklung ist rasant. In der Mode, im Design und in der Kunst – die Antwort auf die Frage, wie sich die Lichtsignale am Körper sinnvoll einsetzen lassen und ob sie tatsächlich mehr sein können, als ein visueller Effekt, bleibt weiterhin spannend.
Links
Philips Lumalive
www.lumalive.comHussein Chalayan
www.husseinchalayan.comMoritz Waldemeyer
www.waldemeyer.comDiffus
www.diffus.dkLED Kimono Project
www.ledkimono.comMehr Stories
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