Knigge für Kollegen
Wer in einem Büro arbeitet, muss sich in komplexe soziale Systeme einfügen, Hierarchien durchschauen und mit anderen Mentalitäten zurechtkommen. Fettnäpfchen lauern aber nicht nur im professionellen Alltag, sondern vor allem im alltäglichen, sozialen Miteinander. Denn wer acht Sunden am Tag mit eigentlich Fremden verbringt, fühlt sich manches Mal an den WG-Alltag der Studentenzeit erinnert. Fehltritte können die Gruppendynamik gehörig durcheinanderbringen – dabei können ein paar einfache Regeln für Harmonie sorgen. Wir haben in fünf Punkten einige Benimmregeln zusammengetragen, die den Büroalltag erleichtern.
Mobiler Wahnsinn
Dass die Kollegen nicht die erste Adresse sein sollten, wenn man Zuhörerschaft für sein neuestes Death-Metal-Album sucht, hat sich in den meisten Büros herumgesprochen. Umso mehr verwundert, dass mancher Mitarbeiter die Lautlos-Funktion seines Mobiltelefons noch nicht entdeckt zu haben scheint. Da schallt dann Britney Spears „Baby one more time“ durch den Flur – „Ist ja nur ironisch“ –, oder die Geigen aus Hitchcocks „Psycho“ sägen uns in den Wahnsinn. Vor allem wenn der angerufene Kollege gerade in einem Meeting ist. Auf dem Display blinkt „Mausi“ auf – soll man da etwa rangehen? Lieber nicht – denn was wäre, wenn Mausi wider Erwarten nicht die Ehefrau des Kollegen ist? Noch schlimmer kann es aber werden, wenn der angerufene Kollege seinen privaten Anruf selber beantwortet und mit Mausi im Detail den Kauf einer Winterplane für den Pool des Sommerhauses bespricht – und sich mit Liebesbezeugungen verabschiedet. „Nein, leg du auf“: Lärmbelästigung, Angeberei und intime Gespräche – alles vermeidbar. Also: Handy in den Vibrationsmodus schalten und den Arbeitsraum zum Telefonieren verlassen.
Guten Appetit!
Essen am Tisch – das finden selbst die Benimmschulen in Ordnung. Denn bei der Arbeit sollte man sich der Arbeit widmen – und nicht der Mayonnaise, die gerade aus dem Brötchen des Kollegen quillt. In die Tastatur zu krümeln oder fettige Schlieren auf der Maus zu hinterlassen, trägt in Zeiten von Desk Sharing hingegen kaum zur eigenen Beliebtheit bei. Wer neben Kaffeekreisen von gestern sein tagesaktuelles Brötchen auspacken muss, bekommt schnell schlechte Laune. Acht geben sollte man auch auf die Geruchsintensität des Belages: Ein alter französischer Ziegenkäse oder eine starke Knoblauchcreme schmecken vielleicht gut – riechen tun sie es nicht.
Digitale Fallstricke
Konfliktpotenzial für das soziale Miteinander lauert auch im Outlook. Hier gilt es das Adressatenfeld, CC und BCC auszufüllen. Wer das bisher immer intuitiv erledigte, sei gewarnt: jeder Empfänger wird sich seine Platzierung in diesem System genau anschauen. Wenn sich in den modernen Duz-Büros Hierarchien offenbaren, dann hier. Denn Chef auf CC gesetzt, obwohl es ihn direkt betrifft? Ein Unding. Oder ihn heimlich auf BCC gesetzt, um ihn über das Versagen von Kollegen B zu informieren, dem in der Mail die Leviten gelesen werden? Keine gute Idee, denn der Kollege wird davon spätestens erfahren, wenn der Chef ihn für ein Gespräch zur Seite nimmt. Also die Kollegen möglichst nach Position im Unternehmen und nach ihrer Beteiligung am jeweiligen Projekt sortieren. Betreffzeile nicht vergessen und vor allem prägnant formulieren – damit man die E-Mail auch einige Tage später wiederfinden kann. Und auch wenn das Mail-Programm es anbietet: Eine Lesebestätigung anzufordern, entmündigt den anderen und ist absolut tabu.
Lärmverschmutzung
Gerade in Großraumbüros fällt die Konzentration oft schwer. Bei dem einen Kollegen klingelt alle fünf Minuten das Telefon, der andere schwatzt mit dem Zimmernachbarn, ein dritter leidet akut unter Heuschnupfen und niest den ganzen Tag. Wenn dann ein weiterer zusätzlich jede Macke seines Zeichenprogrammes kommentiert oder die anderen über seine Lernfortschritte bei der Tabellenkalkulation informiert, ist das Ende effizienter Arbeitsatmosphäre. Selbstgespräche vermeiden und Privates auf fünf Minuten gemeinsames Kaffeekochen beschränken. Apropos privat: Sich an seinem Arbeitsplatz einzurichten, soll jedem gestattet sein – solange es sich auf einen Kaktus und einen Satz Lieblingsstifte beschränkt. Ein Best of Überraschungsei-Figuren oder eine ganze Wand voller Kinderzeichnungen haben hier nichts zu suchen.
Strategien gegen das Chaos
Ordnung ist das halbe Büroleben. Niemand will überquellende Mülleimer sehen, dreckiges Geschirr auf dem Geschirrspüler finden oder monatealte, schimmelbewachsene Kühlschrankleichen neben seinem Bircher Müsli entdecken. Vorausschauendes Handeln hilft. Wer den letzten Schluck Kaffee erwischt hat, sollte sich auch unter Zeitdruck nicht ungesehen verkrümeln. Denn irgendwann haben die Kollegen die leeren Kannen satt und das harmonischste Büro entwickelt sich zum Überwachungsstaat – bis der egoistische Kaffeekonsument dingfest gemacht wurde. Außerdem herrscht auch am Arbeitsplatz das Verursacherprinzip. Wer einen Papierstau im Kopierer verschuldet, sollte diesen sofort beheben oder jemanden fragen, der sich damit auskennt.
In diesem Sinne: Die gute Laune nicht verlieren! Umfragen haben ergeben, dass man sich mit einer Charaktereigenschaft bei fast allen Kollegen beliebt macht: einer positiven Grundeinstellung.