Kristalle, Glanz und Glitter
Kristalle glitzern, glänzen, brechen Licht, changieren in Regenbogenfarben. Das macht ihren Reiz aus, kann sie aber auch genauso rasch ins kitschig Triviale abdriften lassen. Swarovski ist das Unternehmen, das gemeinhin mit hochwertig verarbeiteten Kristallen in Verbindung gebracht wird. 1895 wurde es im tirolerischen Wattens gegründet, nachdem Daniel Swarovski I eine revolutionäre Maschine erfunden hatte, mit der man Kristall-Schmucksteine präzisionsgenau schleifen konnte. Heute finden sich die Erzeugnisse des Kristallimperiums fast überall. In der Öffentlichkeit präsent sind vor allem die dekorativen kleinen Sammeltiere und die Schmuck-Kollektion. Weniger bekannt ist, dass Swarovski auch in anderen gestalterischen Bereichen wie dem Lichtdesign oder Fashion-Business tätig ist und mit namhaften Designern und Firmen zusammenarbeitet. Das Unternehmen hat sich eine Produkt- und Formenvielfalt erarbeitet, die man den geschliffenen Steinen auf den ersten Blick nicht unbedingt zugetraut hätte. Dabei steht man vor der künstlerischen Herausforderung zu entscheiden, wie sich die Glitzerkristalle zeitgemäß interpretieren lassen, nicht nur im Dekorations- und Schmuck-, sondern auch im Licht-, Interior- und Architekturbereich.
Wie gesagt, auch vor der Modeindustrie macht das Unternehmen nicht Halt: Swarovski-Kristallsteine werden an die großen Haute-Couture-Häuser von Chanel über Dior und Gucci bis Versace geliefert und in aufwändiger Handarbeit auf sündhaft teure Roben oder auf Taschen und Schuhe appliziert. Dieser Luxus ist es, den man mit dem Namen Swarovski assoziiert und in fast allen Produktkategorien des Unternehmens ist er augenscheinlich – Glanz und Glitter überall, nicht nur an üppigen Lustern wie im Schlafzimmer Ludwig XIV im Schloss von Versailles, auch als Kristallvorhang im Bühnenhintergrund bei der Oscar-Verleihung in Los Angeles im Jahr 2007 oder als 2,3 Tonnen schwerer Kristallluster „Joie“ des Designers Michael Gabellini in der Grand Atrium Lobby im New Yorker Rockefeller Center.
Vor nunmehr sechs Jahren hat Swarovski das Projekt „Crystal Palace“ lanciert, das jedes Jahr auf dem Salone del Mobile in Mailand vorgestellt wird. Dabei geht es um die Neuentdeckung und -interpretation des klassischen Kristallkronleuchters aus dem 18. Jahrhundert. In diesem Jahr lud das Unternehmen 18 international renommierte Designer und Künstler ein, sich dieser Aufgabe zu stellen. Nachdem in den vorangegangenen Jahren bereits Ron Arad, Ingo Maurer, Andrée Putman, Tom Dixon, Marcel Wanders oder Matali Crasset den Kristallluster neu interpretierten, waren nunmehr unter anderem Diller, Scofidio & Renfro, Philip Treacy, Missoni, Future Systems und Natasha Zupan an der Reihe, mit ihren Kreationen zu überraschen. Dabei sind ganz außergewöhnliche Leuchter – fast ist man geneigt Kunstobjekte zu sagen, so virtuos scheint einigen die Aufgabe gelungen zu sein – entstanden. Während Rosita und Ottavio Missoni mit „Aldebaran Zig Zag“ ihre gestrickten bunten Zickzackmuster in Kristall umzusetzen scheinen, überraschen einige andere Entwürfe umso mehr, so beispielsweise „Light Sock“ von Diller Scofidio + Renfo, einer prall mit Swarovski-Kristallen gefüllten Netzstruktur, in deren Mitte sich ein einziger Halogen-Strahler befindet.
Auch dass Swarovski schon seit langem in Hollywood angekommen ist, erstaunt nicht weiter, denn wenn nicht hier, wo sonst sollten Glanz und Glamour zuhause sein? Im Blockbuster „Ocean’s Thirteen“ kann man dann auch die Luster „Cascade“ von Vincent Van Dyson und „Blossom“ von Tord Boontje aus der Crystal-Palace-Kollektion bestaunen. Ein weiteres luxuriöses Projekt sind die in Zusammenarbeit mit dem deutschen Armaturenhersteller Kludi entstandenen zwei Modellbäder namens „Dazzling Daydream“, in deren Mittelpunkt die Elemente Licht, Wasser und Kristall stehen. Hier geht es um ein ganzheitliches Raumkonzept, das Armaturen, Bad-Mobiliar, Materialien und auch die Lichtführung umfasst. Exklusive Materialien wie Granit, Chrom, Kristall und Glas sowie klar geometrisch gestaltete Armaturen mit großen Swarovski-Kristallen als Schaltelemente und Kristallleuchter schaffen ein Ambiente, das seinen Preis hat: Ab 50.000 Euro kosten die Badvarianten „Passion“ oder Delight“.
Doch Swarovski ist auch im Bereich Corporate Architecture aktiv, vor allem in der Innenraumgestaltung. Nicht nur, dass sich das Unternehmen mit dem eigenen, von André Heller und anderen Künstlern konzipierten Brandland „Kristallwelten“ in Wattens sowie in teils aufwändig gestalteten Verkaufsräumen präsentiert, auch für Showrooms anderer Unternehmen und Museen ist man tätig. So gestaltete Swarovski den Münchner Verkaufsraum des Modelabels Rena Lange und Teile des neuen Mercedes-Benz-Museums in Stuttgart. Hier zaubert man mit den Glitzersteinchen große Beleuchtungskörper, die auch jedem anderen Raum Noblesse und Glanz verleihen würden. Oder man schafft, so geschehen im Salzburger Mozart-Haus, mit eher abstrakten Kristall-Installationen wie dem „Mozartwall“ Assoziationen zu bestimmten Themen. Branding geht bei Swarovski soweit, dass eigens Künstler engagiert werden, um Kunstwerke, die aus Swarovski-Produkten bestehen, zu erdenken: So hat man beispielsweise die schweizer Künstlerin Silvie Fleury beauftragt, in den „Kristallwelten“ ein Kunstwerk zu erschaffen: Die Versalien des Schriftzuges „Yes to all“ sind mit tausenden Strass-Swarovski-Kristallen besetzt und stehen in einem merkwürdigen Kontrast zum konsumkritischen Inhalt des Satzes.
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