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LED's play! Nachbericht zur Light+Building 2012

von Julia Bluth, Myrta Köhler, 20.04.2012


In Frankfurt geht heute die siebte Ausgabe der Weltleitmesse für Architektur und Technik zu Ende. Energieeffizienz war das große Thema der diesjährigen Veranstaltung, davon zeugten sowohl die Entwicklungen im Bereich der Gebäudeautomation als auch die Wahl des Leuchtmittels: Die LED hat sich endgültig etabliert. Die Technik ist ausgereift, was eine Emanzipation der Form mit sich bringt. Hinsichtlich des Designs ließen sich divergierende Trends ausmachen, die von organisch inspirierten Formen über modulare Systeme bis zu minimalistischen Geometrien reichten.
Die Weiterentwicklung der organischen LED – der OLED –, bereits vor zwei Jahren als „next big thing“ gehandelt, konnte man zur Luminale-Ausstellung im Palmengarten erleben: Hier zeigte das Fraunhofer-Institut in Zusammenarbeit mit Designern und Hightech-Profis flächig-transparente Leuchtdioden als überdimensionale Deckenleuchter.

Sprach man vor vier Jahren auf der Light+Building noch von der LED als dem Leuchtmittel der Zukunft, scheinen sich nun alle einig: Die energieeffiziente Leuchtdiode ist endgültig in der Gegenwart angekommen. Damit hat sie erreicht, was der unpopulären Kompaktleuchtstofflampe – kurz Sparlampe – nie vergönnt war: Die LED ist im Begriff, die allseits beliebte, jedoch verbrauchsintensive Glühlampe zu ersetzen. Die Gründe für diesen durchschlagenden Erfolg sind denkbar einfach. Neben der hohen Energieeffizienz und der langen Lebensdauer ist es vor allem ihre Vielseitigkeit, welche die LED so attraktiv macht. Die anfänglich verbreitete Angst vor dem „kalten Licht“ der Dioden hat nach jahrelanger Entwicklungsarbeit jede Grundlage verloren. Auch für typische Nachteile wie starke Blendung und Erhitzung haben die Hersteller Lösungen gefunden, inzwischen scheint beinahe alles möglich. Dabei gehen die Unternehmen unterschiedliche Wege: Während einige auch den nostalgischen Gefühlen der Verbraucher mit Retrofit-Leuchtmittel entgegen kommen und LEDs mit Glühlampenfassung anbieten (Philips) oder beim Dimmen warmes Glühlampenlicht imitieren (Ledino von Philips), setzen Hersteller wie Zumtobel ausschließlich auf die neuen Möglichkeiten der LED-Technologie, die vor allem in der – je nach Situation individuellen – Einstellung des Lichts liegen: Beim Tunable-White-System beispielsweise lässt sich weißes Licht in so unterschiedlichen Spektren variieren, dass jedes beleuchtete Objekt je nach Eigenfarbe noch leuchtender erscheint. Technische Grenzen überwindet auch der Hersteller Siteco mit seinem Stadion-Fluter auf LED-Basis, mit dem eine HDTV-gerechte Beleuchtung von Sportveranstaltungen möglich wird.

Neuer Standard

An den zahlreichen Ständen der Messe eröffnete sich eine entsprechend reiche Auswahl verschiedener Nutzungsmöglichkeiten, Lichtfarben und Designs. Auffällig war, dass mittlerweile allgemein hohe Lichtstandards etabliert sind. Die meisten Leuchten bieten einen nahtlosen Wechsel zwischen kalt- und warmweißem Licht sowie die Möglichkeit, Leuchtmittel unkompliziert nachzurüsten. Das Bewusstsein für Energieverbrauch und Nachhaltigkeit ist weiter gestiegen, was sich auch an den vorwiegend in Büroleuchten eingebauten Bewegungs- und Tageslichtsensoren zeigt, die eine optimale Energieeffizienz sicherstellen. Die LED bringt nur noch wenige Einschränkungen mit sich, und die große Formenvielfalt der präsentierten Leuchten zeigte eine neue Selbstverständlichkeit in der Gestaltung.

Da die geringe Größe des Leuchtmittels eine reduzierte Formgebung ermöglicht, basieren zahlreiche Leuchten auf filigranen Stäben oder Kreisen. Die Stehleuchte Nick-Knack von Philips und die Tischleuchte Antenna von Vertigo Bird sind gelungene Beispiele für diesen neuen Minimalismus. Während eine bewusste Zurschaustellung von LED-Technik langsam der Vergangenheit angehört, scheint die Suche nach einer neuen, LED-spezifischen Formensprache noch lange nicht abgeschlossen. Die von der Messe mit dem Design Plus-Preis ausgezeichneten Leuchten Balance von Molto Luce sowie CSYS von Jake Dyson stellen zwei ebenso interessante wie unterschiedliche Möglichkeiten dar, mit dem LED-Kühlsystem zu experimentieren. Die Leuchte U-Turn, von Michel Charlot für Belux entworfen, ist dagegen dank magnetischem Kugelgelenk und fokussierbarer Linse hochflexibel.

Das von der Messe Frankfurt veranstaltete Trendforum richtete sich auch an das fachferne Publikum. Das ausgewählte Spektrum reichte von den siebziger und achtziger Jahren mit der Hängeleuchte Semi Pendant von Gubi oder der humorvollen Tischleuchte Looksoflat von Ingo Maurer über nostalgisch opulente Retroleuchten des portugiesischen Herstellers Delightfull bis hin zu gleichermaßen wohnlichen und modernen Designs wie der Boden- und Tischleuchte Jinn von Vertigo Bird. Auffällig waren die vielen organisch geformten Leuchten, unter denen die Pendelleuchte Falling Leaf von Tobias Grau besonders ins Auge stach. Die große Anzahl wohnlich orientierter Leuchten im dekorativen Retro- oder Natur-Look zeigte, dass die Hersteller jenseits der technikaffinen auch die skeptischen Käuferschichten für die neue Technik gewinnen wollen.

Junges Design

Auch im Bereich Young Design fand sich eine große Bandbreite von Wohnraumleuchten: Die Messe Frankfurt bot zwanzig jungen Designern die Möglichkeit, anlässlich der Light+Building ihre Innovationen vorzustellen. Einerseits zeichnete sich hier eine Rückkehr zu Einfacheit und Handwerk ab: So formte IGGOO die Tischleuchte Heron aus einem flachen, gebogenen Aluminium-Stab. Markus Bischofs Tisch- und Bodenleuchte Nokri ist ein Tribut an den deutschen Bildhauer Norbert Kricke und dessen linienförmige Raumplastiken aus Metall: Durch die zweifache Biegung eines Kupferrohres schafft Bischof eine dreidimensionale Skulptur, in die sich das längliche Leuchtmittel nahtlos einfügt. Die asymmetrische Form ermöglicht, die Leuchte flexibel im Raum zu positionieren.

Flexibilität steht auch für delikatdesign im Vordergrund: Name und Form der Stehleuchte Papilio erinnern an den Schmetterling, zwei metallene, LED-bestückte „Flügel" lassen sich frei gegeneinander verdrehen und erzeugen wahlweise direktes oder indirektes Licht. Diese aus der Natur entlehnte Formensprache verbindet sich in anderen Modellen mit dem Werkstoff Holz, der Gedanke der Nachhaltigkeit erhält hier einen besonderen Stellenwert: Thilo Lübke fertigt die Leuchte Naiade aus Furnierabfällen einer Möbelfabrik, während Floriana Meike Ohldag für die Produktserie conca (…) dünne Furnierschichten aus Eschenholz verwendet: Inspiriert durch die Natur Neuseelands, werden die Blätter von Hand zu organischen Formen gerollt. Einen pädagogischen Zugang zum Thema Nachhaltigkeit wählt Philip Käfer mit seiner ökay-lamp. An der Unterseite befinden sich Steckplätze für andere elektronische Geräte – je mehr Strom diese verbrauchen, desto schwächer strahlt die Leuchte. So soll einerseits verdeutlicht werden, dass Strom nicht ohne Einschränkung zu haben ist: Deshalb wird der Nutzer aufgefordert, bewusst zu entscheiden, wofür er den Strom im jeweiligen Moment verwendet.

Nachhaltigkeit

Die wichtigen Themen Nachhaltigkeit und Energieeffizienz zeigten sich nicht nur in der Dominanz der LED, sondern auch in Sonderschauen wie „Das Gebäude als Kraftwerk im Smart Grid": Hier wurden anhand von Installationen die Möglichkeiten dezentraler Energieerzeugung erfahrbar gemacht.

Mit Blick auf die Verbindung von Architektur und Beleuchtung präsentierte der Hersteller Zumtobel umwelt- und benutzerfreundliche Lichtlösungen, aber auch Strategien für zukunftsweisende Entwicklungen: Anlässlich des internationalen Experten-Panels „Your Light in a World of Change" diskutierten Saskia Sassen, Andreas Schulz (Licht Kunst Licht) sowie die Architekten Chris Lübkeman und Bjarke Ingels über den künftige Umgang mit sozialem Wandel und Globalisierung. Ein thematischer Schwerpunkt war das Konzept der Smart City. Hier betonte Sassen, dass sich die Qualität eines Systems danach bemesse, wie flexibel es Änderungen registriert und entsprechend reagiert. Dieser Bereich bietet nach wie vor einen wichtigen Ansatzpunkt für die Weiterentwicklungen innerhalb der Gebäudeautomation, welche das Prinzip in kleinem Maßstab wiederholt: Hersteller wie Jung und Siedle demonstrieren den aktuellen Stand der Technik anhand ihrer Produkte Smart-Control und Siedle Access.

In den Startlöchern

Der große Hoffnungsträger ist und bleibt die organische Leuchtdiode, kurz OLED. Hier liegen die optimistisch stimmenden Vorteile auf der Hand: Das organische Flächenlicht besteht aus extrem dünnen Halbleiterschichten, die durch Elektrizität sanft und blendfrei zum Leuchten gebracht werden. Das macht die bei der LED unabdingliche Kühlung ebenso überflüssig wie deren Abblendung. Nicht wenige Hersteller präsentierten über die Messe verteilt ihre zumeist modularen OLED-Lösungen, die sich jedoch aufgrund ihres relativ uniformen Designs kaum voneinander unterschieden.

Führend in dem neuen Segment bleibt der niederländische Hersteller Philips, der schon auf der letzten Light+Building mit seinen interaktiven Lumiblade-Installationen für Aufsehen sorgte. Obwohl die Lichtintensität der OLEDs seither deutlich gesteigert werden konnte, scheinen sie häufig noch nicht weit über das experimentelle Stadium hinauszureichen. Die Tatsache, dass inzwischen sogar Hersteller für Baumarkt-Produkte in die OLED-Entwicklung eingestiegen sind, weckt jedoch Hoffnung auf eine positivere Entwicklungsprognose. Schon in fünf bis sechs Jahren könnte die OLED das sein, was die LED heute ist: das Leuchtmittel der Gegenwart.
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Links

Zumtobel

www.zumtobel.com

Siteco

www.siteco.de

Siedle

www.siedle.de

Light+Building 2012

light-building.messefrankfurt.com

Light + Building 2010

Light + Building 2008

Energie in LED

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