Lieber umgebaut als umgezogen
Die schöne neue Bürowelt von morgen, bei Porsche ist sie schon heute Realität. Zumindest beim Tochterunternehmen Porsche Consulting: Die Beratungsfirma des Autobauers hat sich für ihre Niederlassung selbst ein „schlankes Büro“ verordnet. Beim Umbau der Räumlichkeiten orientierten sich die Berater an den Leitlinien des „Lean Management“, einem Konzept, das sie normalerweiser bei ihren Kunden umsetzen. Das Ergebnis der Selbsttherapie: In dem Gebäude von Porsche Consulting in Bietigheim-Bissingen bei Ludwigsburg, ursprünglich für 150 Mitarbeiter ausgelegt, arbeiten im Moment 220 Menschen auf rund 2700 Quadratmetern Fläche. Komfortabel Platz finden würden jedoch bis zu 300 Personen.
Der eigene Erfolg hatte die Porsche-Berater im wahrsten Sinne des Wortes in Bedrängnis gebracht. Das Gebäude der 1994 gegründeten Tochtergesellschaft war zu klein geworden für die wachsende Zahl der Mitarbeiter. Die naheliegende Lösung wäre gewesen, sich ein neues, größeres Gebäude zu suchen oder zu bauen. Doch die Berater wollten sich lieber selbst auf die Probe stellen und herausfinden, ob sich die Konzepte, mit denen sie sonst beispielsweise die Fertigung im Auto- oder Flugzeugbau effizienter machen, auch auf den täglichen Bürobetrieb einer Unternehmensberatung übertragen lassen. Das sei eine Frage des authentischen Auftretens der Firmenleitung gegenüber den Mitarbeitern und den Kunden gewesen, wie Cornelius Clauser, zuständiger Partner bei Porsche Consulting sagt. Und nachhaltiger als ein Neubau ist ein Umbau allemal.
Drum prüfe …
Zuerst einmal machten die Berater das, was sie auch bei ihren Kunden immer tun: Sie untersuchten die täglichen Abläufe in ihren Büros auf Verschwendungen jeglicher Art. Ins Visier nahmen sie dabei unter anderem die alltäglichen Wege, etwa vom Arbeitsplatz zum Drucker, die sich häufig als sehr lang und damit ineffizient erwiesen. Auch die Auslastung der Besprechungsräume offenbarte Einsparungspotenzial: Die Räume waren zu groß und standen zu häufig leer. Kleinere Räume dagegen entpuppten sich als Mangelware. Auf den Prüfstand kam zudem der Stauraum, der den Mitarbeitern zur Verfügung stand. Auch die Einzelschreibtische wurden für zu groß und zu wenig flexibel befunden. Überall sahen die Berater Möglichkeiten, schlanker zu werden und damit Platz zu sparen.
Vitra plante mit
Im Zuge des Umbaus des Firmengebäudes in Bietigheim-Bissingen setzte Porsche Consulting dann zahlreiche strukturelle Veränderungen um. Unterstützung kam dabei von der Planungsabteilung des Möbelherstellers Vitra. Die vielleicht größte Neuerung ist das jetzt praktizierte „Desk-Sharing“: Anders als vorher haben die Mitarbeiter keine eigenen Arbeitsplätze mehr, sondern suchen sich einen Platz je nach Bedarf. Dank „Bluetooth“ und Laptop technisch längst kein Problem mehr. Die großen Einzelschreibtische wurden gegen Tischzeilen, die sogenannten „Workbenches“ ausgetauscht. Die Arbeitsstühle lieferte der Büromöbelhersteller Züco – es kamen die Modelle „Cubo“ und „Conte“ zum Einsatz.
Teilen spart Platz
Desk-Sharing ist mittlerweile in vielen, auch großen Unternehmen der Standard, weil sich so Bürofläche und damit Geld einsparen lässt. Aber gerade in einer Unternehmensberatung wie Porsche Consulting bietet sich dieses Arbeitsplatzmodell besonders an: Berater sind naturgemäß viel unterwegs und eher selten in der Firma – flexible Arbeitskonzepte sind für sie eigentlich selbstverständlich. Trotzdem musste die Leitung Überzeugungsarbeit leisten, wie sich Cornelius Clauser erinnert. „Wir mussten die Umstellung aktiv begleiten“. Es gab relativ viele Ressentiments, die sich aber eher gegen Veränderungen an sich als gegen die konkret geplanten Veränderungen gerichtet hätten.
Spinde statt Rollcontainer
Desk-Sharing bringt es mit sich, dass die Frage des Stauraums anders gelöst werden muss. Den großen Aktenschrank im Rücken, den kann es bei flexiblen Arbeitsplätzen nicht mehr geben. In den meisten Firmen steht den Mitarbeitern ersatzweise ein Rollcontainer zur Verfügung. Das Möbel wandert so mit von Tisch zu Tisch und nimmt Unterlagen und persönliche Gegenstände auf. Doch diese Lösung hielt Porsche Consulting nicht für besonders praktikabel, denn erfahrungsgemäß blieben die Container oft doch an einem Arbeitsplatz stehen, wie Clauser sagt. Die Alternative: Beim Umbau richtete das Unternehmen sogenannte „Beraterspinde“ ein, abschließbare Schränke mit ausziehbaren Fächern, die Stauraum bieten und zugleich als Postfach dienen. Auch der kleine Rollkoffer, den die vielreisenden Mitarbeiter oft dabei haben, findet darin Platz. Ein kleines Namensschild mit Foto an den Fronten verleiht den uniformen Spinden eine etwas persönlichere Note.
Fünf mal S macht weniger Papier
Wenn weniger Stauraum zur Verfügung steht, kann natürlich auch weniger aufgehoben und gesammelt werden. Daher setzten sich die Berater selbst das Ziel, weniger Papier zu produzieren und zu archivieren. Das „papierlose Büro“ halten viele Experten zwar für eine Utopie, aber Cornelius Clauser kann doch einen Rückgang der Laufmeter Akten pro Mitarbeiter feststellen. Ein neues Scannersystem wurde angeschafft, und in der branchentypischen, zu Abkürzungen neigenden Sprache legten sich die Berater selbst die 5S-Aktion auf: „Sortiere aus, Stelle hin, Säubere, Standardisiere, Sei diszipliniert“.
Das Know-How, mit dem die Consulting-Firma sonst die Fertigung von Autos, Flugzeugen oder Hausgeräten optimiert, leistete auch in einem denkbar banalen Bereich gute Dienste: Unverzichtbare Büromaterialien wie Stifte, Locher, Schere und Klebeband werden jetzt „just in time“, also nur in der benötigten Menge und direkt am Arbeitsplatz, bereitgestellt.
Ein Wohlfühlbüro
Auch die kommunikativen Bereiche unterzog Porsche Consulting einem Umgestaltungsprogramm: Zusätzliche, kleinere Besprechungsbereiche wurden eingerichtet. Zudem gibt es jetzt auch informelle Treffpunkte für Gespräche und kleine Meetings. Beispielsweise das „Alcove Sofa“ von Vitra, dessen hochgezogene Seiten einen abgeschlossenen und schallgedämpften Raum schaffen. Denkzellen in Form von kleinen, durch Wände isolierten Arbeitsnischen bieten Platz, wenn jemand konzentriert und ungestört arbeiten möchte. Die Akustikplanung war generell ein wichtiges Thema beim Umbau, denn die Büroflächen der Beratungsfirmen haben einen hohen Anteil an offenen Räumen.
Cornelius Clauser zieht ein durchweg positives Fazit der Neugestaltung. Die Mitarbeiter zeigten sich angetan von der neuen Arbeitssituation. Besonders dank des Schallschutzes und der verbesserten Kommunikation untereinander empfänden sie ihr Büro als einen Ort, an dem sie sich wohlfühlen könnten.