LivingKitchen 2011 – Köln legt nach
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Mailand bekommt Konkurrenz, zumindest was die Küche angeht. Die Kölner Messe zeigte sich dieses Jahr risikobereit und lancierte parallel zur imm cologne und als Konkurrenz zur Eurocucina eine Messe für Küchen, Einbaugeräte und Zubehör – LivingKitchen genannt. Keine so schlechte Idee, ist Deutschland doch das Land der Küchen- und Elektrogerätehersteller – auch wenn steigende Billigimporte aus China den Unternehmen die Sorgenfalten auf die Stirn zeichnen. Doch das Kalkül ging auf: Als am Sonntag die Tore der Messe geschlossen waren, fiel das Fazit am Rhein durchweg positiv aus.
Insgesamt 138.000 Besucher flanierten über das Messedoppel – im Vergleich zum Vorjahr ein Besucher-Plus im zweistelligen Bereich. Und was wurde dem Messebesucher nicht alles geboten auf der LivingKitchen: 178 Unternehmen in drei Hallen auf einer Ausstellungsfläche von 45.000 Quadratmetern. Dabei kam ein Großteil der Küchen- und Elektrogerätehersteller aus dem deutschsprachigen Raum, darunter so klangvolle Namen wie AEG, Siemens, Miele, Bosch, Gaggenau, Poggenpohl, Leicht, Warendorf und Dornbracht. Von den ausländischen Herstellern fielen insbesondere Smeg, Kitchen Aid, KWC, Gorenje, Uno Form und Sub Zero ins Auge, während Hersteller wie Bulthaup, Dada oder Boffi ihre Produkte nicht auf der Messe, sondern in eigenen Showrooms präsentierten.
Alles neu?
Insgesamt war Köln nicht die Messe der ganz großen Neuheiten. Das muss jedoch kaum erstaunen, sind Produktneuheiten doch gerade für mittelständische Hersteller immer eine wirtschaftliche Herausforderung. Und so gab es in Köln eher Variationen von Bekanntem als wirklich Neues zu sehen: Während Warendorf seine Philippe-Starck-Küche mit weißen und schwarzen Oberflächen vorstellte, und die mobile Küche A la carte von Stadtnomaden bei Naber in einer Edelstahl-Version zu sehen war, konnte der Besucher am Messestand von Poggenpohl die Porsche-Küche im neuen Oberflächenmaterial Karbon bestaunen – aufgrund des hohen Materialpreises sicherlich nichts für den Massenmarkt. Derselbe Hersteller präsentierte zudem ein neues Schubladendesign, das nicht nur stilvoll Ordnung schafft, sondern nun auch das Innere des Küchenmöbels in ein Luxusstück verwandelt.
An der Wand entlang: die schwebende Küche
Allenthalben war sie in Köln zu sehen, die schwebende Küche. Bulthaup ist nicht mehr der einzige Hersteller mit einer Multifunktionswand im Angebot, die Platz bietet für eingehängte Ober- und Unterschränke sowie Lichtelemente und Accessoires. Auch Eggersmann zeigte eine solche Wand, vom Unternehmen schlicht The Wall genannt. Den Rahmen der variabel gestaltbaren Wand bildet ein schlichtes Metallgestell, in das Linoleum- und Corian-Elemente oder – wie auf dem Messestand – sägerau belassene Eichenbretter eingelassen werden können. In Kombination mit einem eingehängten Oberschrank mit Türen aus Kalksandstein und einem Unterschrank aus gebürstetem Edelstahl namens Silver Touch ergibt sich so ein schöner Materialkontrast. Zusätzlich lassen sich hinter der Wand auch ästhetisch weniger attraktive Versorgungsleitungen verstecken. Warendorf präsentierte auf der Messe neben der 2010 lancierten Küche Starck by Warendorf sein neues Küchenmodell Swing, bei dem die Ober- und Unterschränke ebenfalls an der Wand montiert sind. Dass es auf der LivingKitchen so viele schwebende Küchenmodule zu sehen gab, hat sicherlich mit dem anhaltenden Trend zur Wohnküche zu tun: Schließlich erinnern an der Wand befestigte Unter- und Oberschränke nun mal eher an schicke Wohnzimmer-Sideboards als an die üblichen, oft sterilen Einbauküchen.
Nude, Holz, LED: die sinnliche Küche
Swing von Warendorf unterstreicht jedoch nicht nur diesen Trend, sondern mit dem Farbton Terra auch die zunehmende Verwendung von Nude-Tönen im Küchenmöbeldesign. Helle Erd- und Kaffee-Farben eignen sich insbesondere in Kombination mit den noch immer vorherrschenden Weiß-Tönen. Weiß kommt allerdings nicht mehr nur in der hochglänzenden Variante zum Einsatz, sondern auch in seidig-matten Oberflächen. Während im Möbelbereich auf der imm cologne viel grobes und nur wenig bearbeitetes Naturleder zu sehen war, gab es als Pendant dazu auf der LivingKitchen auffällig viele Fronten aus (säge-)rauem Holz zu befühlen (gesehen bei Intuo, dem dänischen Hersteller Uno Form oder beim Modell Neos von Rational). Beliebt ist die Kombination dieses fast gänzlich unbearbeiteten Holzes mit einer strengen Linienführung sowie grifflosen Fronten. Die gestalterische Strenge wird zuweilen durchbrochen durch spielerische Elemente wie beim deutschen Hersteller Schüller, der ein vergoldetes Schubladen-Element präsentierte oder bei Schock, bei dem die geneigte Hausfrau in einer goldfarbenen Spüle werkeln soll. Apropos Spülen: Hersteller wie Kitchen Aid, Teka, Küppersbusch und Schock haben es sich nicht nehmen lassen und den Trend zur LED-Leuchte in die Küche übersetzt: Sie setzen auf Waschbecken mit integrierten LED-Leuchtstreifen, die das eigentlich banale Objekt in ein unwirkliches blaues oder gelbes Licht tauchen.
Green Living und Usability: Elektrogeräte und Armaturen
Neben Küchenmöbeln wurden auf der LivingKitchen auch Oberflächenmaterialien für Arbeitsplatten, Wand und Boden sowie Elektrogeräte präsentiert. Die Elektrogerätehersteller setzen dieses Jahr ganz auf die Themen effiziente Lebensmittellagerung und -zubereitung sowie Energieeffizienz (Geschirrspüler Ecostar 2, gesehen bei Siemens; CoolDeluxe-Kältereihe, gesehen bei Neff; ActiveWater-Geschirrspüler, gesehen bei Bosch). Sub Zero, ein amerikanisches Unternehmen, scherte allerdings aus dieser ökologisch vorbildlichen Reihe aus und präsentierte eine Kühlkombination von gigantischen Ausmaßen für sage und schreibe 25.000 Euro. Dafür punktet das Unternehmen bei seinen Kühlgeräten mit Stau-Fächern, in denen der grüne Salat auch nach Tagen noch frisch ist und zum Reinbeißen animiert. Abschied vom romantisch angehauchten Übergießen des Sonntagsbratens mit Flüssigkeit hat der deutsche Hersteller Neff genommen. Sein Backofen namens Variosteam ist mit einer automatischen Dampf-Zufuhr ausgestattet, so dass das liebgewonnene Ritual für künftige Nutzer der Vergangenheit angehört.
Beim Elektrogerätehersteller Gaggenau gab es gleich mehrere Highlights zu bestaunen: Neben der Weiterentwicklung des extravaganten Messestands von der Eurocucina präsentierte der deutsche High-End-Hersteller das Induktionskochfeld CX 480, bei dem auf der gesamten Glaskeramikfläche gekocht werden kann. Gleich drei technische Innovationen wurden beim Armaturenhersteller Dornbracht vorgestellt: eine Produktstudie zur vollelektronischen Küchenarmatur, die von Sieger Design entworfene und den Warmwasserbrauch senkende Einhebel-Armatur eno sowie der sogenannte Water Dispenser. Das System aus Armatur, Wasserfilter und Heißwassertank liefert – separat montiert neben einer gewöhnlichen Armatur – per Hebeldruck kochendes oder gefiltertes, kaltes Trinkwasser.
Ende gut, alles gut?
Im Unterschied zur Eurocucina gab es auf der LivingKitchen nur wenige, von namhaften Designern entworfene Küchen anzuschauen – Matteo Thuns Projekt La Cucina für Riva 1920 sowie Philippe Starcks Küche für Warendorf bildeten die Ausnahme. Wie immer auf Messen – doch weitaus seltener als in Mailand – blieb es auch auf der LivingKitchen nicht aus, dass es ein paar Geschmacklosigkeiten zu sehen gab: Der italienische Elektrogerätehersteller Smeg beispielsweise stellte neben der gelungenen Backofen- und Herdserie des australischen Designers Mark Newson eine etwas gewöhnungsbedürftige Kombination vor: eine Waschmaschine, getarnt als Kühlschrank und unnötigerweise ergänzt um ein Waschbecken. Ein ebenso „böses Ding" gab es bei Liebherr mit der CoolVision-Designlinie zu sehen: Metall, Glas, Schiefer oder Beton werden als Oberflächen verwendet und finden sich dann appliziert an der eigentlich unschuldig weißen Kühlschranktür wider. Über das Ergebnis mag man durchaus geteilter Meinung sein, doch finden wir, dass man nicht jedem Trend hinterherlaufen sollte.
Unsere Partner auf der LivingKitchen
www.dornbracht.com
www.gaggenau.com
www.warendorf.eu
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