Neue Energien
Pure Talents Contest für junge DesignerInnen

Leuchten zum Aufziehen und Sauger zum Selberbauen: Junge Designerinnen und Designer setzen sich mit den Geräten in unserem Zuhause auseinander, um sie nachhaltiger, funktionaler und auch emotionaler zu machen. Mit oder ohne Kabel.
Wie oft schaffen es Designer wirklich, ein Möbel neu zu erfinden? Was als Neuheit verkauft wird, ist im besten Fall wohl eher eine Evolution. Meistens sind neue Produkte auf einer Messe wie der imm cologne aber schlicht Varianten des Altbekannten. Die Mechanismen des Marktes geben anscheinend nicht viel mehr her als noch einen Beistelltisch aus Naturstein oder ein Sofa mit fluffigem Mohairbezug. Deswegen empfiehlt sich ein Ausflug in die Abteilung für das junge Design, wo sich der Nachwuchs präsentiert. Beim Nachwuchswettbewerb Pure Talents Contest und im Hochschulbereich Pure Campus fielen 2020 vor allem die Geräte auf, also im weitesten Sinne alles im Zuhause, was am Strom hängt. Die fortschreitende Digitalisierung, das 3D-Drucken oder die Miniaturisierung von elektronischen Bauteilen eröffnen neue Möglichkeiten. Und nicht zu vergessen die sich wandelnden Lebensstile, die herkömmliche Produkte oder Anwendungen in Frage stellen.
Staubsauger
Zum Beispiel der Staubsauger Tenok aus dem Pure Talents Contest: Der Entwurf von Tim Krahmer sieht nicht nur ganz anders aus als die Plastikmonster in unseren Abstellkammern. Die Holzkiste basiert auch auf einem ganz anderen Verständnis von Design. Während die massenhaft und unter fragwürdigen Bedingungen hergestellten Geräte aus dem Elektromarkt kaum zu reparieren sind und schnell auf dem Müll landen, ist Tenok ein Open-Source-Produkt, das sich jeder aus Abfall selbst zusammenbauen kann – aus noch intakten Teilen kaputter Staubsauger, Rollen ausrangierter Bürostühle und Altholz. Krahmer hat eigens Adapter zum 3D-Drucken entwickelt, so dass Bauteile verschiedener Staubsauberhersteller verwendet werden können. Die Anleitung stellt er online zur Verfügung. Für rund 70 Euro, so seine Schätzung, sollte Tenok zu bauen sein – dafür bekommt man ein personalisiertes Gerät, dass man sicher nicht so leichtfertig verschrottet.
Mit Omit war noch ein zweiter Staubsauger im Pure Talents Contest vertreten: Das Konzept für einen nicht-elektrischen Handstaubsauger von Designer Hiroyuki Morita/Studio Rope wurde mit dem 2. Preis ausgezeichnet. Omit ist eine handliche Kunststoffröhre mit eingebauter Drehmechanik. Fünfmaliges Drehen lässt den Sauger etwa zehn Sekunden arbeiten – geräuscharm und stromsparend. Die Saugkraft ist zwar nicht mit der eines elektrischen Geräts zu vergleichen, aber für die Krümel unter dem Esstisch dürfte es reichen. Zudem wirft das Konzept die Frage auf, ob wir unseren Alltag immer weiter elektrifizieren sollten? Oder ob wir im Sinne der Nachhaltigkeit nicht hier und da auf etwas Komfort verzichten können?
Leuchten
Der dritte Preis des Pure Talents Contest ging in diesem Jahr an eines von mehreren Leuchtenprojekten in der Auswahl: an Jojo von Sofia Souidi. Von dem kleinen Spielzeug hat sich Souidi nicht nur die rundliche Form ihres Entwurfs ausgeliehen, die Leuchte wird auch mit einer Schnur aufgezogen. Dann strahlt sie warmes, helles Licht aus, das langsam schwächer wird, bis es ganz verlöscht. Ein leises, fast romantisches Objekt, das dem Nutzer ein Gefühl für das Vergehen der Zeit vermitteln soll. Und sie oder ihn ganz nebenbei auch an die Energie erinnert, die künstliches Licht nun mal verbraucht.
Efterlyst wirkt ebenfalls eher leise und diskret: Der Entwurf von Moa Lundfeldt und Gustav Rossander ist als Hybrid aus stationärer und mobiler Leuchte konzipiert, was aber nicht unbedingt auf den ersten Blick auffällt. Dank eines eingebauten Akkus kann der obere Teil von der kabelgebundenen Basis abgenommen werden, etwa bei einem Stromausfall. Damit der Akku dann auch voll aufgeladen ist, sind beide Teile als Einheit gestaltet – die Mobilität soll bei dieser mobilen Leuchte lediglich ein funktionaler Sonderfall sein.
Ladestation
Wie viel mobile Endgeräte es in den Haushalten wohl im Durchschnitt gibt? Sicher mehr als eines pro Person – auf jeden Fall verbringen wir ziemlich viel Zeit pro Tag damit, unschöne Ansammlungen von Ladegeräten eingeschlossen. Im Bereich Pure Campus, am Stand der Universität der Künste Berlin, zeigte Philipp Hainke sein Masterprojekt „Powerplace“, eine Ladestation für zuhause und für halböffentliche Räume wie Büros oder Hotellobbies, die komfortabel Energie für Smartphone, Tablet und Notebook bereitstellen soll. Dabei dient sie nicht nur als reduziert gestaltete Ablage mit Steckdose, USB-Anschlüssen und kabellosem Ladepunkt. Dank integriertem Akku macht Powerplace den Strom mobil, am Sofa, auf der Terrasse, im Open Space. Der knallig-rote Griff verkörpert diese Funktion sinnfällig. Und verleiht Powerplace eine gewisse Emotionalität, die allen Nachwuchsprojekten gemein ist. Sie nutzen nicht bloß aktuelle Technologien (oder stellen sie in Frage) – sie knüpfen jedes auf seine Weise auch ein emotionales Band zu den Nutzern, damit die Energien fließen können.
Pure Talents Contest
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