Nuancen von Nass
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Die feinen Unterschiede zu benennen, die ein Wasser vom anderen unterscheiden, zählt spätestens in den Achtziger Jahren zu einem beliebten Spiel. Unvergessen sicher die Szene, als Martin Sheen im Kult-Film „Wallstreet“ ein Glas „Evian“ bestellt mit der Bemerkung, dass dieses doch im Grunde viel zu süß sei. Heute gehören Wasserbars zum festen Repertoire einer jeden Großstadt, während mittlerweile selbst Supermärkte über eine beachtliche Auswahl internationaler Wässer verfügen. Doch was ist dran an so exotischen Sorten, die sich „Veen“, „OGA“ oder „10 thousand BC“ nennen?
Als in den späten Neunziger Jahren die ersten Wasserbars eröffneten und ihre Gäste gleich mit mehreren Dutzend unterschiedlicher Sorten überraschten, war die Skepsis zunächst groß. Das einfache, billige Wasser plötzlich zu stolzen Preisen à la carte? Als dann auch noch fachkundige Wasser-Sommeliers den ratlosen Gästen die Nuancen einzelner Wässer erklärten als handle es bei ihnen sich um kostbare Weine, war die Verwirrung komplett. Was den einen als neue Dekadenz erschien, traf für andere den Nerv der Zeit. Wasser, soviel stand nun fest, wurde plötzlich zu einem angesagten Lifestylegetränk. Wohl nicht ohne Grund eröffnete die erste bekannte Wasserbar auch nicht in einem Hotel sondern im Souterrain der angesagten Pariser Modeboutique Colette. Doch was ist es, das die „neuen“ Wässer von jenen konventionellen Sorten unterscheidet, die bisher in den Regalen der deutschen Supermärkte zu finden waren?
Besondere Reinheit
Vor allem die Originalität der Quelle scheint hierbei eine besondere Rolle zu spielen. So wird zum Beispiel das australische Wasser „Cloud Juice“ ausschließlich aus tasmanischem Regenwasser gewonnen, dem die Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine außergewöhnliche Reinheit attestiert. Diese spielt auch für das kanadische Wasser „10 thousand BC“ eine besondere Rolle, das aus zehntausend Jahre altem Gletschereis in einem Naturschutzgebiet nördlich von Vancouver geschmolzen wird. Da die Erde zu jener Zeit noch frei von Industrieabgasen und anderen durch den Menschen verursachten Verunreinigungen war, ist auch das Wasser von außergewöhnlicher Qualität. Entgegen herkömmlicher Mineralwässer wird dieses jedoch nicht erst durch mehrere Schichten von Gestein gefiltert, sondern direkt aus dem Gletschereis entnommen. Das Wasser konnte somit seinen ursprünglichen Geschmack aus der Eiszeit behalten. Den Titel des reinsten Wassers der Welt kann aber dennoch eine andere Marke für sich beanspruchen. So weist das norwegische Wasser „ISBRE“ einen derart geringen Salzanteil auf, dass es sich von destilliertem Wasser kaum noch unterscheidet.
Exotische Herkunft
Andere Wässer versuchen dagegen mit ihrer exotischen Herkunft zu punkten wie das „Fiji“-Wasser aus der gleichnamigen Inselgruppe im Pazifik. Schon die Flasche versprüht mit ihrem bunten Palmenetikett ein Stück Urlaubsstimmung und unterscheidet sich klar von den sonst so reduzierten Designs anderer Wassersorten. Gewonnen wird das „Fiji“-Wasser im vulkanischen Hochland der Insel Viti Levu, die mehr als 2.500 Kilometer vom nächsten Kontinent entfernt liegt. Auch das Wasser „Kona Deep“ wirbt unmissverständlich mit seiner Herkunft aus Hawaii, überrascht zugleich aber auch mit seinem ungewöhnlichen Ursprung. Statt aus einer „gewöhnlichen“ Quelle auf der Inselgruppe wird es aus einer besonders tiefen Wasserschicht zwischen 700 und 1000 Metern unterhalb der Wasseroberfläche gewonnen. Diese ist nicht nur außergewöhnlich kalt sondern ähnlich wie Gletscherwasser auch besonders rein. Der Hersteller gibt das Alter des Wassers hierbei mit beeindruckenden 18.000 Jahren an.
Der Klang der Namen
Andere Hersteller versuchen dagegen mit dem Design ihrer Flaschen zu punkten. So ließ sich der korsische Wasserhersteller “St. Georges“ seine Hülle von Philippe Strack entwerfen, dessen Name auch gleich unmissverständlich auf dem Etikett vermerkt wurde. Dennoch nimmt sich die Flasche mit ihrer schlichten Gestaltung deutlich von den früheren Entwürfen des Stardesigners zurück. Ebenfalls auf einen bekannten Namen setzt auch die niederländische Wasser-Marke „OGO“, die ihre Flasche vom Pariser Designer Ora Ito entwerfen ließ. Dieser hat seine Vorliebe für poppig abgerundete Formen im Stil der 1970er Jahre in eine markante Kugel übersetzt, die sich damit von allen anderen Wässern grundlegend unterscheidet. Ungewöhnlich ist an „OGO“ aber nicht nur die Verpackung sondern auch das Wasser darin. Dieses verfügt über einen besonders hohen Sauerstoffanteil von 200 Milligramm pro Liter, der damit ungefähr 35 mal über dem Wert gewöhnlicher Wassersorten liegt.
Elegante Zurückhaltung
Eher zurückhaltend präsentiert sich dagegen die finnische Wassermarke „Veen“. Ihre Flasche „Wave 66“ wurde vom finnischen Designer Antti Eklund entworfen und ist längst im Design Museum von Helsinki zu sehen. 2007 erhielt sie bei den „Bottled Water Awards“ sogar den Titel der „Beste Glasflasche der Welt“. Welche Auswirkungen diese Ehrung haben kann, zeigte sich bereits wenige Stunden nach der Preisverleihung in Mexico Stadt: Die gesamte Produktions-Charge für das erste Jahr war innerhalb von drei Tagen restlos ausverkauft. Zurückhaltend zeigt sich auch die Flasche des norwegischen Wassers „Voss“, die vom New Yorker Modedesigner Calvin Klein entworfen wurde. Mit ihrer puristischen Zylinder-Form wirkt sie allerdings eher wie ein Teil aus einem Motor oder eine stylishe Wodkasorte als eine Flasche für ein „bescheidenes“ Getränk wie Wasser.
Im Fokus der Mode
Die Liaison zwischen Wasser- und Modeindustrie hat sich auch an anderer Stelle überaus erfolgreich fortgesetzt. So lässt die französische Wassermarke „evian“ Jahr für Jahr eine Flasche von einem berühmten Modedesigner in einer limitierten Auflage entwerfen. Der Umstand, dass die Marke selbst zum Luxusgüter-Konzern LVMH gehört, der neben zahlreichen Champagner- und Weinbrandmarken auch die Modehäuser Louis Vuitton, Dior und Givenchy im Portfolio hat, dürfte für diese dabei sicher nicht ganz ohne Bedeutung gewesen sein. Hat im Jahr 2008 der Pariser Couturier Christian Lacroix eine klassische Flaschenform mit einem an weiße Spitze erinnernden Dekor überzogen, werden bereits jetzt Bestellungen für das Modell entgegen genommen, das Jean-Paul Gaultier Anfang 2009 präsentieren wird.
Exklusive Verpackung
Sind Wässer wie „Voss“ oder „Veen“ mit Preisen von knapp drei Euro bereits teuer als die Standardsorten aus dem Supermarkt, gehen Marken wie das amerikanische Wasser „Bling H2O“ vollkommen andere Wege. Dessen Flaschen werden mit echten Swarovski-Kristallen besetzt und kosten mindestes stolze 50 Euro pro Liter. Doch auch, wenn das Wasser aus der Quelle Danrige in Tennesee in einem aufwändigen Verfahren neunmal gefiltert wird, ist es vor allem der exklusive Status, der dem Produkt seinen Erfolg garantiert. Dass sich „Bling H2O“ schnell zum Liebling des kalifornischen Jet-Sets entwickelt hat, überrascht dabei kaum. Ähnlich nobel präsentiert sich auch das englische Wasser „Elsenham“ aus der Grafschaft Hertfordshire nördlich von London. Mit Preisen von 30 Pfund pro Liter-Flasche gehört das 2005 auf den Markt gekommene Wasser ebenfalls zu den exklusivsten Getränken der Welt. Den Spitznamen „the millionaires water“ hat es nicht zuletzt auch deswegen erhalten, weil sich auch schon so manche Kunden das Wasser eigens per Hubschrauber haben einfliegen lassen
Wahl der Gourmets
Mit königlichem Glanz lockt dagegen das französische Wasser „Chateldon“, das der Legende nach bereits von Sonnenkönig Louis XIV. getrunken wurde. Gegründet im Jahr 1650 blickt die Marke auf eine lange Tradition zurück und zählt mit einer auf nur 700.000 Flaschen pro Jahr limitierten Produktion zu den exklusivsten Wässern der Welt. Den Status als Rolls-Roys unter den Mineralwässern unterstrich auch der berühmte Sommelier Markus Del Monego, indem er „Chateldon“ als den „Chateau Petrus“ unter den Mineralwässern adelte. Einen ähnlich guten Ruf genießt unter französischen Gourmets übrigens nur ein weiteres Wasser: „Wattwiller“ aus dem gleichnamigen Ort im Elsass. Wegen seiner hohen Reinheit und seines neutralen Geschmacks wird es als idealer Begleiter außergewöhnlicher Weine geschätzt. Da sage doch einer noch, Wasser wäre einfach nur Wasser.
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