Stories

Ruhrlights

von Katja Neumann, 10.09.2010


Das gemeinhin als trist und grau geltende Ruhrgebiet erstrahlt in diesem September in leuchtenden Farben. Grund dafür ist das Lichtkunstfestival Ruhrlights, das zum zweiten Mal und in diesem Jahr anlässlich des Kulturhauptstadt-Jahres Ruhr 2010 stattfindet. Vom 3. bis 26. September zeigen dreizehn Künstler an sieben Orten entlang der Ruhr zeitversetzt insgesamt 16 lichtkünstlerische Arbeiten und Installationen. Das Festival steht in diesem Jahr unter dem Motto „Twilight Zone“ – das Zwielicht als Analogie für den Schwebezustand der Region und deren Übergang zwischen Tradition und Moderne, Kultur und Industrie, Schrebergarten und Urbanität.


Der der Region namensgebende Fluss Ruhr ist ein vergleichsweise schmaler, ruhiger Wasserlauf, der unter anderem die Festivalspielorte Duisburg, Mülheim, Essen, Hattingen, Bochum, Witten, Dortmund und Hagen miteinander verbindet. Für das Lichtkunstfestival Ruhrlights konnte die Kuratorin Söke Dinkla namhafte und internationale Medienkünstler dafür gewinnen, entlang und auf der Ruhr leuchtende Kunstwerke zu schaffen, die für mehr als drei Wochen den Fluss und seine Umgebung in neuem Licht zeigen.

Auftakt mit technischen Problemen

Der offizielle Beginn des Festivals sollte eigentlich am 3. September sein. Die Eröffnungsfeier am Hengsteysee zwischen Hagen und Dortmund, bei der die Leuchtkuben des Münsteraner Kreativkollektivs Modulorbeat präsentiert werden sollten, musste jedoch wegen technischer Probleme verschoben werden. Dabei ist die grüne, begehbare Kubenarchitektur, deren Licht auf Bewegungen und Klänge reagiert und die im Festivalzeitraum auf der Ruhr von Hagen über Mülheim nach Duisburg schwimmen soll, eine der Hauptattraktionen des Festivals. Den eigentlichen Auftakt bildete dann am 4. September in Essen die feierliche Eröffnung der Uhrenlandschaft Time, die der Künstler Christoph Hildebrand gestaltete. Als Kulisse wählte Hildebrand den Essener Baldeneysee mit seiner Regattastrecke am Fuße der Villa Hügel. Auf dem Regattaturm arrangierte er in unregelmäßiger Anordnung zwanzig Uhren unterschiedlicher Größe, die verschiedene Zeiten anzeigen und in unterschiedlichen Geschwindigkeiten laufen.

Ein Freitagabend im Ruhrgebiet

Am heutigen 10. September um 20 Uhr wird an der Bochumer Sternwarte die Licht-Klang-Installation Raumscherben des Schweizer Künstlers Yves Netzhammer eingeweiht. Dafür nutzte Netzhammer die vorhandene, halbtransparente Hülle der Sternwarte, das sogenannte Radom, das die empfindliche Parabolantenne schützt und umspannt. Zu bestimmten Zeiten wird ab heute von außen ein Videofilm auf die Oberfläche der Sternwarte projiziert, in dem der Mensch überlebensgroß im Mittelpunkt steht. Im Inneren des Radoms sind für die Besucher Klanglandschaften des Komponisten Bernd Schurer zu hören, die mit den Farbveränderungen auf der Hülle korrespondieren.

Ebenfalls heute Abend beginnt das Lichtkunstfestival in Hattingen. Hier ist der erste Teil der zweiteiligen Installation von Andreas M. Kaufmann zu sehen. Dem Ort seine Sprache arbeitet mit vorgefunden Worten der Ruhrgebietssprache, die der Künstler als Lichtteppich zunächst über die historische, alte Stadtmauer der Stadt Hattingen ziehen lässt. Am 17. September wird die Bespielung dann an der Ruine Hardenstein in Witten zu sehen sein.

Zwölf Installationen in Duisburg und Mülheim an der Ruhr

Die beiden Hauptspielorte des Festivals Ruhrlights sind die Städte Mülheim an der Ruhr und Duisburg. Mülheim öffnet am 17. September für Lichtkunst-Freunde seine Tore und präsentiert sich mit gleich sechs Projekten. Von der 2008 entstandenen Arbeit Morgana von Ute und Arend Zwicker angefangen, die durch weißes Licht das Wasser der Ruhr in eine bewegliche Lichtwand verwandelt, über die Lichtkuben von Modulorbeat, die auch in Mülheim Station machen, bis hin zum japanischen Künstler Tatzu Nishi, der sich für die Präsentation seiner Lichtkunst ruhige Orte in der Natur ausgesucht hat. Ebenfalls am Uferbereich in der Nähe des Mülheimer Wasserwerks zeigt die Lichtkünstlerin Siegrun Appelt ihre Arbeit Reale Formulierungen: Wie Suchscheinwerfer bewegen sich lichtstarke Strahler über das Wasser und die umgebende Landschaft. Durch die Bewegung der Scheinweinwerfer entsteht eine fast unwirklich Atmosphäre, in der die natürliche Landschaft als etwas Fremdartiges erscheint.

Die Berliner Medienkünstler Mader Stublić Wiermann präsentieren gleich zwei Arbeiten in Mülheim an der Ruhr: Reflection nutzt das Schaufenster eine Möbelhauses in der Innenstadt, um die umgebende Architektur in Form von Spiegelungen dreidimensional zu simulieren und diese mit Klängen zu untermalen. Die zweite Arbeit Flowing Spaces ist an einer Treppen- und Platzanlage vor der Mülheimer Stadthalle zu sehen, die dominant in die Umgebung hinein ragt und sich zur Ruhr hin öffnet. Über diese Treppen wird ab dem 17. September eine Lichtprojektion sich bewegendes, fließendes Wasser simulieren, das vom Boden der Stadthalle bis hinunter zur Ruhr und in sie hinein zu fließen scheint. In verschiedenen Qualitäten, Fließgeschwindigkeiten, Mengen und Richtungen läuft das leuchtende „Wasser“ über die Treppen hinaus auch über Rasenflächen und Wege und lenkt die Besucher schließlich direkt zur Ruhr.

Finissage am Innenhafen

Das Künstlertrio Mader Stublić Wiermann zeigt auch eine Installation in Duisburg, wo das Festival ab dem 24. September bis zum Finale am 26. September zu sehen sein wird. 4D House ist eine Fassadeninstallation, die das Jüdische Gemeindezentrum am Innenhafen in ein virtuelles Lichtgebilde verwandeln wird. Auch Yves Netzhammer ist in Duisburg dabei, diesmal mit der Installation Abstraktionsvorräte: Im sogenannten Garten der Erinnerung am Museum Ludwig  werden skulpturale Elemente und Silhouetten beleuchtet sowie mediale Präsentationen in vogelhausähnlichen Gehäusen gezeigt. Parallel dazu lädt Manuel Schroeder zur nächtlichen Erkundung des Gartens der Erinnerung ein, in dem er Bilder aus einem Workshop an der Kunstakademie Vilnius an unerwartete Orte projizieren lässt.

Vom Museum Ludwig ist es nicht weit zur historischen Salvatorkirche, deren Fassade von Xavier de Richemont mit Lichtmalereien verziert wird. Anschließend sollte der Weg der Besucher in den Duisburger Innenhafen führen, denn hier hat der Künstler Peter Kogler für die Uferpromenade des entstehenden Eurogates – bislang lediglich eine große halbrunde Treppe – seine bisher größte Lichtprojektion entworfen: über eine Länge von 350 Metern werden sich fließende Lichtstreifen wie ein Netz über die Stufen der Promenade legen. Zur Abschlussveranstaltung am 26. September im Duisburger Innenhafen werden schließlich auch die Leuchtkuben von Modulorbeat dort anlegen und sich – nach dem Konzert der Duisburger Philharmoniker auf dem Wasser – in einen Club für elektronische Musik verwandeln.

 
Die Lichtinstallationen sind jeweils von Einbruch der Dunkelheit bis 24 Uhr zu sehen. Der Eintritt ist frei.
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Links

Lichtkunstfestival Ruhrlights: Twilight Zone

www.ruhrlights2010.de

Ruhr 2010

www.ruhr2010.de

Modulorbeat

www.modulorbeat.de

Christoph Hildebrand

www.c-hildebrand.de

Yves Netzhammer

www.netzhammer.com

Andreas M. Kaufmann

www.andreas-kaufmann.com

Siegrun Appelt

www.siegrunappelt.com

Mader Stublic Wiermann

www.webblick.de

Xavier de Richemont

www.xavier-de-richemont.com

Peter Kogler

www.kogler.net

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