Schneewittchen auf Speed
Mit dem Concept Coupé P1800 schaltet Volvo einen Gang höher und schürt Neugier auf das, was noch kommt.
Volvo: Das war jahrelang das Architektenauto schlechthin. Klare – und vor allem gerade – Linien, dazu ein verlässlicher Motor und eine stabile Bauweise machten die Fahrzeuge der schwedischen Marke neben schwarzer Bekleidung zum Lieblingsaccessoire aller Planer. Mittlerweile ist das Unternehmen in chinesischer Hand und mit dem neuen Concept Coupé P1800 zeigt sich auch eine veränderte Designphilosophie. Architekten werden trotzdem ihren Gefallen an dem Auto finden.
Die Erfolgsgeschichte von Volvo ist sehr an das Image des zuverlässigen Automobils oder auch an den Slogan „Sicherheit aus Schwedenstahl“ gekoppelt. Dieser Ruf soll nun aufpoliert und das Mittelklasse-Segment verlassen werden. Dass dabei ausgerechnet eine hauseigene Referenz aus der Vergangenheit mit Kultstatus eine Rolle spielt und auch als Namensgeber fungiert, zeigt, dass die Vision eines schnittigen Volvos abseits des Kastenwagen-Designs firmenhistorische Substanz besitzt.
Neuer Schneewittchensarg
Er war Roger Moores Dienstwagen in der 60er-Jahre-Kultserie Simon Templar: Das von Pelle Petterson gestaltete Sportcoupé P1800 war ein für die Produktreihe der schwedischen Marke untypisches Automobil und erlangte unter dem Spitznamen „Schneewittchensarg“ schnell Kultstatus. Neben seinem Design, das an die Sportwagen der 50er Jahre angelehnt war, überzeugt der Wagen auch durch seine Ausdauer und Langlebigkeit, die ihm einige Rekorde einbrachten. Bislang spielte dieser heimliche Autostar des 20. Jahrhunderts allerdings kaum eine Rolle bei der Außendarstellung Volvos. Das wird sich nun ändern – der seit 2012 hauptverantwortliche deutsche Designer Thomas Ingenlath hat dem Kultmobil nun seine Ehrerbietung in Form eines neuen Concept Coupés erwiesen.
Seit fast zwei Jahren arbeitet Ingenlath „hinter verschlossenen Türen“ an der Neugestaltung der Volvo-Designphilospohie, die diese Woche zur Automobilmesse IAA in Frankfurt ihre Premiere in Form des ersten von drei Konzeptfahrzeugen feiert. Der P1800 Concept Coupé soll ein gestalterisches Ausrufezeichen setzen und den Anspruch Volvos als zukünftiger Premiumhersteller untermauern. Und die Optik des neuen Autos, hält, was die Referenz verspricht: Elegantere, dynamischere Proportionen und ein paar einzigartige Details läuten eine neue Volvo-Generation ein.
Gute Figur
Eine Hauptrolle beim Umbruch kommt der skalierbaren Produktarchitektur (SPA) zu: „Mit der neuen Architektur schaffen wir spannende Proportionen, die wichtig für ein Premium-Design sind. Der Abstand zwischen Armaturenbrett und Vorderachse ist großzügiger als bei allen anderen Plattformen, mit denen ich bisher gearbeitet habe“, sagt Thomas Ingenlath. Die auskragende Motorhaube und das aerodynamisch geformte, aus dem Rumpf herauswachsende Dach verleihen der Silhouette des Autos eine Dynamik, die an die guten, alten Zeiten des sportlich-luxuriösen Autodesigns der 60er und 70er Jahre erinnert – nur mit den Mitteln der Jetzt-Zeit umgesetzt. Wie ein guter Zaha-Hadid-Entwurf scheint sich alles der Form, die durch das Thema „Geschwindigkeit“ geprägt ist, unterzuordnen. Der Kühlergrill, die T-förmigen Tagfahrleuchten und die Rückspiegel wirken wie durch hohes Tempo verzogene Elemente. Im Windkanal macht das P1800 Concept Coupé sicherlich eine gute Figur.
Ein chinesischer Eigentümer, ein deutscher Designer, eine schwedische Automarke und ein neues, altes Image: Ob dieser Spagat funktioniert, wird sich in den kommende Jahren zeigen. Aber die Mischung aus Tradition und Zeitgeist, rationalen Aspekten und emotionalem Design macht das Concept Coupé P1800 zu einem gelungenen Vorreiter. Zweifelsfrei schaltet Volvo mit der Studie und ihrer aufregenden Formgebung einen Gang höher, und schürt Neugier auf das, was kommt.