Streets of Light
„Woran denkst du beim Stichwort Belgien?“ Unmittelbar nach Dreisprachigkeit und den obligatorischen Pommes wurde bis vor Kurzem eine Besonderheit der Infrastruktur genannt: Die Autobahnen waren nachts durchgehend beleuchtet – das orangefarbene Licht machte Belgien sogar vom Mond aus erkennbar. Damit ist jetzt Schluss – der Staat will sparen. Der Fall steht symbolisch für eine allgemeine Diskussion: Wann, wo, und wie intensiv ist Straßenbeleuchtung angebracht? Sicherheit, Energieeffizienz und Umweltbelastung sind zentrale Argumente – welche Formen der Beleuchtung resultieren daraus?
Bereits die Antike kannte das Konzept der Straßenbeleuchtung: In der Handelsstadt Antiochia soll die Nacht dem Tag Konkurrenz gemacht haben. Während des „finsteren“ Mittelalters zog in Paris allnächtlich eine Wache durch die Straßen, die mit Fackeln – und Waffen – nach dem Rechten sah. Im 17. Jahrhundert lösten Öllampen in London die bis dahin verwendeten Pechpfannen ab, weitere Städte folgten schon bald.
Gas oder Strom?
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts erfolgte der Betrieb der Straßenlaternen flächendeckend mit Gas – dieser Rohstoff war in den meisten Städten leicht zu haben. Noch heute prägen die alten Modelle vielerorts das Antlitz der Städte, so auch in Teilen Berlins. Hier befindet sich auch die größte erhaltene Sammlung von Gaslaternen: Im Gastlaternen-Freilichtmuseum finden Nostalgiker und historisch Interessierte eine Vielzahl deutscher Modelle mit Namen wie Wilmersdorfer Witwe oder Bullenbein.
Nahezu zeitgleich mit der Installation der Gaslaternen begannen erste Versuche mit elektrischer Straßenbeleuchtung: Ihr endgültiger Durchbruch erfolgte allerdings erst, als Werner von Siemens im Jahr 1866 durch die Erfindung der Dynamomaschine die batterie-unabhängige Stromversorgung sicherstellte. Vorreiter waren die Städte Nürnberg und Berlin, die im Jahr 1882 elektrische Straßenbeleuchtung einführten. Die Weiterentwicklung der Technik und Überlegungen zum Energieverbrauch machen heutzutage die LED-Technologie – trotz hoher Anschaffungskosten – langfristig zur effizientesten Methode der Straßenbeleuchtung.
Tarnzonen und dunkle Ecken
Hauptanliegen der Straßenbeleuchtung ist es, die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten. Nicht nur im Straßenverkehr, sondern auch im Sinne einer Vermeidung von Gewaltverbrechen: Nicht zufällig meiden Passanten gerne die „dunklen Ecken“. Im Straßenverkehr heißen ungenügend ausgeleuchtete Stellen „Tarnzonen“ – auch sie bergen ein Sicherheitsrisiko. Anders als beispielsweise in Restaurants dienen die Leuchten im Straßenraum nicht dazu, einzelne optische Akzente zu setzen, vielmehr soll eine durchgehende Beleuchtung gewährleistet werden.
Die EN 13201 schreibt im EU-Raum verbindliche Mindestanforderungen – beispielsweise bezüglich Blendfreiheit und Helligkeit – vor. Doch letztlich entscheiden die einzelnen Kommunen über die Art der Beleuchtung von Straßen und Plätzen. Nicht nur die Anschaffungskosten, sondern auch langfristige Möglichkeiten zur Energieeinsparung spielen eine wichtige Rolle bei den Überlegungen. Immerhin macht die Straßenbeleuchtung nahezu sieben Prozent des Gesamtstromverbrauchs einer Kommune aus, durch Optimierung der Einschaltzeiten und Einsatz energieeffizienter Leuchtmittel lässt sich hier nachhaltig Einfluss nehmen.
Leuchtende Omnipräsenz
Die ersten Gaslaternen mussten noch von Hand angezündet werden: Die Leiter huckepack absolvierte der Laternenanzünder seine allabendliche Tour. Heute ist der Vorgang vollautomatisiert: Pünktlich mit dem Sonnenuntergang gehen die Lichter an. Und dann rückt ins Bewusstsein, was tagsüber ein unscheinbares Dasein fristet – denn Straßenlaternen stehen zwar buchstäblich an jeder Ecke, eben deshalb aber nimmt man sie im Alltagstreiben kaum noch wahr.
Je nach Zweck und Standort sind die Anforderungen an die Leuchten sehr unterschiedlich: Ein Fahrradweg muss anders ausgeleuchtet werden als eine Hauptverkehrskreuzung. Viele Hersteller bieten deshalb Modelle in unterschiedlichen Ausführungen oder als modulare Lösungen an. Die Mastleuchte 3265 Quadro des Herstellers Vulkan beispielsweise eignet sich dank eines computeroptimierten Spiegelreflektors als Straßenleuchte, ergänzend können aber Spezial-Reflektoren zur Beleuchtung von Radwegen und Fußgängerüberwegen montiert werden. Auch Siteco setzt auf das modulare Konzept: Die Straßenleuchte Streetlight 10 LED wird in den Baugrößen mini und midi produziert. Die Streetlight 10 mini eignet sich zur Beleuchtung von Anliegerstraßen und Parkplätzen – sie kann durch ein spezielles Lichtmodul zur Beleuchtung von Radwegen ergänzt werden. Die Streetlight 10 midi mit zwei LED-Modulen beleuchtet Sammel- und Hauptstraßen, Kreisverkehre und Plätze. Zusätzlich erhältlich sind zwei Lichtmodule, die auf die Beleuchtung von Fußgängerübergängen zugeschnitten sind. Beide Leuchten werfen neutralweißes Licht, welches angenehm für das menschliche Auge wirkt und gleichzeitig eine hohe Farbwiedergabequalität ermöglicht. Dass moderne Technologie auch gut aussehen kann, beweist eine weitere Leuchte von Siteco: Die Straßen- und Parkleuchte DL 20 nach einem Entwurf von Phoenix Design wurde mit dem iF product design award 2011 ausgezeichnet.
Hauptsache hell?
In früheren Zeiten musste man sich noch mit Spiegeln behelfen, um das Licht der Straßenlaternen möglichst weit zu streuen – heute gibt es effektivere Möglichkeiten. Doch trotz aller technischen Fortschritte gilt: Ein Zuviel an Licht – insbesondere an falsch gelenktem Licht – ist von Nachteil, und das nicht nur für die Stromrechnung der Gemeinde. Übersät mit den Leichen zahlloser Mücken und anderer Insekten hängen viele Leuchtkörper im grauen Kabelgewirr über dem geschäftigen Treiben auf den Straßen: Lichtsmog beeinträchtigt den Lebensraum nachtaktiver Tiere. Dem trostlosen Anblick wirken heute viele Hersteller bewusst entgegen: LED-Leuchten sparen nicht nur Energie, sondern ziehen durch die verminderte UV-Strahlung auch weniger nachtaktive Insekten an. Der Hersteller Hella beispielsweise erweiterte kürzlich seine Produktlinie Eco StreetLine um das Modell Twin: Erhältlich als Mastansatz- oder Mastaufsatzleuchte verringert die Leuchte durch ihre flexible Lichtausrichtung – parallel oder senkrecht zur Leuchtenachse – den Lichtsmog, der Dimmbetrieb senkt den Energieverbrauch.
Für die optimale Ausleuchtung von Straßen und Gehwegen sorgt auch die Lumega 700 LED von Trilux. Ein separates Linsensystem ermöglicht eine ideale Verteilung und Lenkung des Lichts. Die Weiterentwicklung der Technologie wurde bereits mitberücksichtigt: Der modulare Aufbau der Leuchte ermöglicht die unkomplizierte Montage und Wartung, eine spätere Aufrüstung mit effizienteren LED-Generationen ist problemlos möglich. Ein weiteres Erfolgsmodell von Trilux ist die Straßen- und Wegeleuchte Convia. Dank der ausgeklügelten Optik ist ein Leuchtenmast-Abstand von 40 Metern ausreichend. Auch die Convia wurde mit dem iF product design award 2011 prämiert.
Sonne bei Nacht
Warum sollte, was sich in großem Stil bei Häusern bewährt, nicht auch in kleinem Stil angewandt werden? Auch Solartechnik wird mittlerweile für Straßenbeleuchtung genutzt. So ergänzte Hella sein Portfolio um die beiden Solarleuchten Towersun Park und Towersun Twin. Die beiden Leuchten arbeiten mit modernster LED-Technologie, ihre Funktionsweise macht sie unabhängig vom Stromnetz. Die Gemeinde Schnepfau im österreichischen Vorarlberg hat die neuen Modelle bereits in ihr Beleuchtungskonzept integriert. Ein Kandidat für den Auroralia Award?
Straßenbeleuchtung als Aushängeschild
Der jährlich verliehene Preis für umweltfreundliche Straßenbeleuchtung wird das nächste Mal am 8. Dezember 2011 in Lyon vergeben – im Jahr 2009 wurde Berlin zum Sieger gekürt. Die Entwicklung der Straßenbeleuchtung zeigt: Es geht nicht nur um hell oder dunkel, sondern auch um Möglichkeiten eines nachhaltigen Engagements. Unter diesem Aspekt können Straßenlaternen auch zum Aushängeschild einer Stadt oder eines Staates werden. Nicht jeder Ort nimmt diese Möglichkeit allerdings so wörtlich wie Roswell in den USA: Seit hier im Jahr 1947 angeblich ein UFO landete, steht der ganze Ort ganz im Zeichen der Aliens. Selbst die Straßenlaternen...