Take Away - Essen in Bewegung
Die Nahrungsaufnahme hat sich zu einer Simultantätigkeit entwickelt. Während der Esstisch über lange Zeit einen kontemplativen und kommunikativen Ort im Alltag bot, hat die Mahlzeit mittlerweile in vielen Situationen den Stellenwert einer Notwendigkeit, die es zeitsparend zu bewältigen gilt. Man isst in der Bahn, auf der Bank, vor dem Bildschirm oder im Gehen. Diese neuen Situationen fernab von Tisch und Teller stellen spezielle Anforderungen an die Werkzeuge und Gerätschaften, die dem Konsumenten die Handhabung seiner Nahrung erleichtern sollen.
„Take Away“, „To Go“, Fast- und Convenience Food sind die sprachliche Manifestierung dieser alternativen Essenskultur, die nicht den zwangsläufigen Verlust der Nahrungsqualität, sondern vielmehr den des privaten und sozialen Stellenwerts der Mahlzeit bedeutet. Dabei ist „Take Away“ nicht nur etwas, das aus neuen gesellschaftlichen Verhältnissen wächst, sondern auch eine Mode, ein Erlebnis und ein Lebensgefühl. Mit dem Kaffeebecher in der Hand kommuniziert man die Geschäftigkeit eines modernen Nomaden, bei dem Tempo und Effizienz den Alltag takten. Doch stellt sich beim Anblick der in der Öffentlichkeit vespernden Menschen oft die Frage, was von Etikette, Traditionen und Tischmanieren ohne Tisch noch übrig ist. Die Manieren eher nicht.
Henkelmann, Tupper und Co.
Mobiles Essen ist keine neue Erfindung. Picknicken ist quasi eine romantische Interpretation der Mahlzeit im Grünen, wie sie Hirtennomaden seit eh und je praktizieren. Unsere Großmütter trugen die von ihnen für die Mittagspause bestückten Henkelmänner und Thermosflaschen in die Fabriken, wo ihre Männer neben den Maschinen ihre Mahlzeit einnahmen. Aus dieser Zeit stammt auch ein Klassiker des „Take Away“-Designs: Eine mehretagige Lunch Box aus Aluminium, bei der in jeder Lage eine Komponente des Menüs untergebracht werden kann. In den sechziger Jahren wurde der auf gut deutsch als „Essenträger“ bezeichnete Behälter jedoch durch Kunststoffprodukte wie Butterbrotdosen und wieder verschließbare Schüsseln abgelöst. Die neue, bunte Plastikwelt revolutionierte die Verpackungskultur und etablierte das Einweggeschirr. Verpackt in Tupper kam der Nudelsalat sicher auf der Party an und konnte auf Einwegtellern angerichtet werden, und an Kiosken und Automaten wurden Getränke durch Becher aus Kunststoff mitnahmefähig. Dass das ökologisch bedenklich ist, fiel mit der grünen Bewegung in den Achtzigern auf. Mit Alternativkonzepten wie kompostierbaren oder gleich essbaren Materialien versuchten die Designer Verpackungen für eine bessere Welt zu gestalten und scheiterten trotz aller Nachhaltigkeitsdiskussionen. Bis heute ist „Take Away“ in der Regel gleich „Throw Away“.
Die rund um das mobile Essen gestaltete Produktkultur hat zu vielfältigen Verpackungslösungen und Esswerkzeugen geführt. Die Gestaltung ist vor allem durch Miniaturisierung, Multifunktionalität, Handhabung und einen möglichst wirtschaftlichen Materialeinsatz bestimmt, wobei die Verpackungen in Form und Funktion auf die einzelnen Gerichte zugeschnitten sind. Pappschale und Piekser für die Pommes, Formschalen aus Aluminium für soßenlastige Gerichte und Faltkartons für die Pizza. Besonders verbreitet und geradezu die Ikone der „Take Away“-Kultur ist der "Coffee-to-go"-Becher, der mit seinem als „Konsumationshilfe“ deklarierten Trinkloch die Schnabeltasse auch für Erwachsene gesellschaftsfähig machte.
Kult um die Kultur
Was ehemals nur funktionalen Ansprüchen genügen musste, wird heute vom Konsumenten auch modisch und ästhetisch bewertet. Es ist also nicht nur der "Café Latte", der den Konsumenten zum Kauf bewegt, sondern auch die Botschaft, die Becher und Inhalt übermitteln.
Gleiches gilt für das Essen selber. Lange hat man sich mit Burger und Schinkenbrötchen zufrieden gegeben, der mobile Manager von heute verlangt mehr. Ausgewogener, gesünder, luxuriöser und biologischer darf es sein. Damit hat Take Away das Image einer ungesunden Nahrung für das einfache Volk überwunden und bedient sich mittlerweile aus dem Rezeptefundus verschiedenster Kulturen. Der globale Siegesszug des Sushi ist nicht zuletzt dem steigenden Interesse an gesundem und trendigem Finger Food geschuldet. Dieser Wertewandel der Gerichte provoziert auch einen neuen Anspruch an das Esswerkzeug, das nicht mehr ausschließlich als Wegwerfware auftritt, sondern dem Konsumenten als personalisierter Gegenstand für die Handtasche angeboten wird. Im Programm von WMF findet sich ein miniaturisiertes und funktionales Faltbesteck, das praktischen und ästhetischen Ansprüchen gerecht werden will und die formale Qualität einer Tischmahlzeit auch auf der Straße erlebbar macht. Ob Gadget, Kult oder Notwendigkeit – „Take Away“ ist so sehr Teil unseres Alltagslebens geworden, dass es als Zitat sogar Einzug in die gute Stube hält.
Pommesschalen und Einweg-Kaffeebecher gibt es mittlerweile in einer Porzellanversion, spülmaschinenfest und wieder verwendbar, für kommunikative Qualitätszeit am Esstisch.
Links