Serif TV
Der Fernseher darf zurück in die Wohnung: neuer Entwurf von den Bouroullecs für Samsung.
Hersteller:
Samsung
Designer: Ronan & Erwan Bouroullec
Geile Glotze
Als der Fernseher damals aus der Wohnung flog, war das vor allem auch eine gestalterische Entscheidung: endlich weg mit dieser schwarzen Kiste, die immer im Weg steht. Natürlich spielten selbsterzieherische Überlegungen eine Rolle – so von wegen weniger glotzen, mehr lesen, kochen, rausgehen, und wenn fernsehen, dann nur noch Ausgewähltes auf dem Rechner. Diese Entscheidung hat die Lebensgewohnheiten dann tatsächlich verändert, und der sichtbare Ausdruck davon wurde ein Wohnzimmer, dessen Arrangement nicht mehr auf die Mattscheibe zentriert ist. Den Fernseher lieber an die Wand zu hängen, wie man es mit Flachbildschirmen heute macht, war schon wegen des durchweg unterirdischen Designs der Fernseher-Neuheiten nie ein Thema. Aber jetzt haben sich Ronan und Erwan Bouroullec dem Thema TV angenommen und für Samsung ein Gerät entwickelt, das die Glotze als Interieurobjekt wieder vorstellbar, vielleicht sogar begehrenswert macht.
Serif TV heißt das gerade zum London Design Festival 2015 vorgestellte, in drei Größen erhältliche Gerät, und schon der Name zeigt: Bei der Gestaltung waren zwei aufrechte Designer zugange – für die Unterhaltungselektronikbranche durchaus ungewöhnlich –, die durchgesetzt haben, dass das Ding nicht XF-9, TV 123 oder UHGI heißt, sondern ungefähr, wie es im Profil aussieht, nämlich wie der Buchstabe I mit Serifen dran. Rund zwei Jahre Arbeit stecken in dem Flachbildschirmfernseher, und wie ungewöhnlich das Produkt für den koreanischen Elektronikkonzern tatsächlich ist, erkennt man daran, dass Samsung das Produkt nicht wie alle anderen Neuheiten kürzlich zur Messe IFA in Berlin präsentiert hat, sondern jetzt in London während des Designfestivals. Und da passt der Fernseher in den Bouroullec-typischen harmonischen Farben und mit der textilbespannten Rückseite auch viel besser hin. Er ist als eigenständiges Objekt mit Präsenz im Raum gedacht, das sich in die Wohnumgebung einfügen soll und im ausgeschalteten Zustand ansehnlich ist. Auf dieses Konzept setzen andere Hersteller von Unterhaltungselektronik wie Bang & Olufsen oder Vifa ebenfalls, wenn auch im kleineren Maßstab. Ob so viel Gestaltung auf dem vom Preis bestimmten Elektronikmarkt eine Chance hat? Die Markteinführung im November wird diese Frage beantworten. jj
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