Wie es Euch gefällt
FSB-Co-Chef Jürgen Hess über den neuen Mut zur Farbe
Partner: FSB
Türdrücker sind die haptischen Verbindungspunkte zwischen Mensch und Architektur. Jürgen Hess ist an dieser Stelle ganz in seinem Element. Seit 2022 ist er Co-Geschäftsführer des Beschlägeherstellers FSB. Ein Gespräch über die neuen Farben von Le Corbusier, Sternstunden mit Otl Aicher und digitale Türklinken.
Die Türdrücker FSB 1267 sowie ausgewählte Modelle der Serie ErgoSystem® A100 sind nun in den Farben von Le Corbusier erhältlich. Zuvor waren sie in metallischen Oberflächen zu sehen. Was ist der Grund für den Wandel?
Das stimmt, dass man uns mit Aluminium, Edelstahl und Bronze assoziiert. Doch das Thema Farbe war auch in der Vergangenheit nicht ganz unwichtig für uns. Auf Wunsch unserer Kund*innen können wir Einzelanfertigungen in jeder Farbe umsetzen, ganz gleich ob diese dem RAL-System oder einer anderen Palette entspringt. Farbe gibt es also schon bei FSB, aber noch nicht in einem kuratierten System wie den 63 Le Corbusier-Farben.
Warum fiel die Wahl auf dieses Farbsystem?
Die einzelnen Farbklaviaturen sind aufeinander abgestimmt, sodass jede Farbe zur anderen passt. Das ist wie in der Musik, wo man harmonische Töne kennt. Hier haben wir es mit harmonischen Farben zu tun. So geben wir Architekt*innen die Möglichkeit, ihre Visionen – und vor allem auch die ihrer Kundschaft – gesamtheitlich und zeitlos umzusetzen. Wir gehen auf den Trend in der Architektur ein, mit Farbe zu gestalten. Doch wir wollen das mit einem System machen, das zu unseren Produkten passt. FSB steht für Zeitlosigkeit. Häufig ist es so, dass unsere Türdrücker die Nutzungs- und Lebensdauer eines Gebäudes deutlich übertreffen. Darum wollen wir Farben bieten, die dauerhaft gültig sind und keinen kurzfristigen Moden folgen. Da führt an der seit Jahrzehnten etablierten Polychromie Architecturale von Le Corbusier kein Weg vorbei.
Was macht Farbe mit einem Türdrücker?
Wir sehen, dass Architekt*innen mit dem Thema Farbe spielen, um Verbindungen herzustellen, die raum- oder architekturübergreifend wirken. Sie können bewusst mit Kontrasten und Gleichklängen arbeiten und wissen, dass sie miteinander funktionieren. Deswegen sagen wir es mit Shakespeare: Wie es Euch gefällt. Wir wollen den Architekt*innen ein Werkzeug in die Hände geben, mit dem sie überraschende Effekte kreieren können – ganz gleich, welche Farben sie kombinieren.
Haben die klassischen Metalloberflächen ausgedient?
Keinesfalls. Wir haben auch weiterhin ein stark aufgefächertes Programm in Edelstahl, Aluminium und Bronze. Aber Farbe ist eine perfekte Ergänzung, um einen wirklich umfassenden Baukasten zu bieten. Unsere Absicht ist, dass sich das gegenseitig befruchtet und die klassischen Metalloberflächen durch Farbe abgerundet werden.
Verbessert Farbe die Durchgängigkeit bei der Planung?
Absolut. Es ist uns sehr wichtig, dass wir in einem Netzwerk von Lizenznehmern der Le Corbusier-Farben sind und so gewerkeübergreifend agieren können. Unsere Türdrücker lassen sich zum Beispiel farblich auf die Schalter von JUNG abstimmen. Beide sind meistens in unmittelbarer Nähe zueinander verbaut, auf einer Höhe von 1.050 Millimetern über dem Boden. Für die Architekt*innen ist es sehr interessant, diese Typologien durch Farbe miteinander zu verbinden.
Wie steht es mit den Griffen von Fenstern und Türen: Lassen sie sich aus einer Hand planen?
Seit einigen Jahren setzen wir auf das Prinzip der FSB-Adaptertechnik, das ein bisher ungekanntes Maß an Flexibilität beim Handling von Garnituren oder einzelnen Bauteilen ermöglicht: Von der Bestellung bis zur Montage profitieren Sie von der Kombinierbarkeit der Komponenten. Die Beschlagkonfiguration erfolgt dabei nach dem Baukastenprinzip. Komponenten können anforderungsbezogen kombiniert oder als Einzelteile (nach-)bestellt werden. Wenn ein Lochteil heute die FSB-Produktion verlässt, weiß es noch gar nicht, ob es ein Fenster- oder Türgriff wird.
Kann man den Türdrücker immer noch neu erfinden?
Die Frage stellen wir uns ja auch immer wieder. Und dann sehen wir, dass sich auch die Architektur wandelt. Genau so wollen wir unsere „Werkzeuge zur Verlängerung der Hand“ – so nennen wir unsere Beschläge für Türen und Fenster sowie die barrierefreien Griffsysteme – weiterentwickeln. Sowohl von der formalen Gestaltung als auch von der werkstofftechnischen Seite her. Unsere Produkte sollen ressourcenschonend und kreislauffähig sein, ebenso langlebig. Ein Türdrücker muss schließlich jahrzehntelang einwandfrei funktionieren. Wir haben ein sehr gutes Inhouse-Team, in dem Markus Michalski den Bereich Design und Innovationen verantwortet. Und dann genießen wir es, mit renommierten Gestalter*innen aus aller Welt zusammenzuarbeiten. Das ist ein Prozess, bei dem beide Seiten viel voneinander lernen können und so zusammenwachsen.
Gehen Sie mit einem Briefing an Architekt*innen heran oder melden sich diese bei Ihnen?
Beide Wege sind möglich. Der Name FSB steht für Franz Schneider Brakel, benannt nach unserem Gründer. Deswegen sagen wir: Wir möchten der Maß-„Schneider“ der Branche sein. Wenn Architekt*innen interessante Entwürfe haben und jemanden suchen, der sie auf höchstem fertigungstechnischen Niveau umsetzt, dann sind wir immer eine gute Adresse. Man setzt sich zusammen und schaut, was man machen kann. Wir haben ja alle Möglichkeiten, weil die Fertigung hier vor Ort in Brakel erfolgt. Natürlich halten wir auch immer die Augen offen, wer gerade spannende Projekte und Ideen umsetzt und Themen bearbeitet, die unsere Fragestellungen inspirieren. Das müssen nicht nur Personen sein, die heute schon in aller Munde sind. Es ist ja spannend, aufstrebende Talente zu finden.
Was erfahren Sie im Austausch mit der jüngeren Architekt*innen-Generation? Was ist relevant für Sie?
Wir erleben, dass die Architektur- und Bauwelt in einer Phase ist, in der vieles auf den Prüfstand gestellt wird. Was müssen wir in Zukunft anders machen, lautet die große Frage. Viele Architekt*innen sagen, wir müssen stärker im Bestand bauen, weniger auf Neubau setzen. Wir merken auch, dass die Digitalisierung im Bauprozess Fahrt aufnimmt. Nachhaltigkeit und Antworten gegen den Klimawandel spielen eine immer wichtigere Rolle. Daraus ergeben sich individuelle Anforderungen für uns als Hersteller von Beschlägen.
Können Sie ein Bespiel geben für die BIM-Planung (Building Information Modeling), bei der das gesamte Gebäude mit allen Details im digitalen Raum abgebildet wird?
Hier setzt sich immer mehr die Sichtweise durch, dass ein Baukörper ein Materialspeicher ist. Um ihn als solchen nutzen zu können, muss ich wissen, welche Materialien in welchen Mengen wo verbaut sind. Das bekomme ich über die BIM-Daten abgebildet. Deswegen ist es wichtig, dass der Bauprozess parallel digital läuft. Indem wir digitale Zwillinge unserer Produkte haben, können wir genau das unterstützen. Ich glaube, das gilt zukünftig für jede Komponente eines Gebäudes: Sie muss digital abgebildet sein, egal wie analog sie auch in der Herstellung ist. Diese Umstellung wird die Baubranche massiv verändern. Parallel schauen wir, wie die Digitalisierung Einzug hält in alle Prozesse, von der Fertigung über den Vertrieb bis hin zu den Produkten. Da sind wir im Bereich Forschung und Entwicklung stark tätig.
2022 wäre Otl Aicher 100 Jahre alt geworden. Auch das Unternehmen FSB hatte eine enge Verbindung zu ihm. Was hat er Ihnen mit auf den Weg gegeben?
Aicher war eine sehr starke Persönlichkeit. In den Achtzigerjahren hat er uns geholfen, zur Architektur- und Design-Marke zu werden. Dazu hat er uns erst einmal angeregt, darüber nachzudenken, was wir eigentlich bei FSB machen. Was ist unsere Legitimation am Markt? Da haben wir einen Schritt zurück gemacht von den Griffen und uns stark mit dem Thema des Greifens auseinandergesetzt. Wie funktioniert denn die Hand? Aicher hat einmal gesagt, ein Türdrücker ist ein Gegenstand der Alltagskultur. Aber erst aus der Kultur des Alltäglichen kann Hochkultur entstehen. Er war ein Visionär, der auch das Thema Nachhaltigkeit sehr stark geprägt hat. Er hat schon damals viele Dinge identifiziert, mit denen wir uns heute befassen müssen und dürfen. Deswegen war es eine Freude für uns, ihn zu seinem 100-jährigen Geburtsjubiläum zu ehren.