Menschen

Material als Leitfaden

Nachruf auf die Designerin Pauline Deltour (1983-2021)

Die Designwelt trauert um Pauline Deltour. Vergangene Woche wurde bekannt, dass die französische Produktdesignerin überraschend verstorben ist. Sie arbeitete einst im Büro von Konstantin Grcic und startete 2010 ihr eigenes Studio, mit dem sie sich in kurzer Zeit international etablierte. Sie entwarf Möbel und Wohnaccessoires für Hersteller wie COR, Alessi oder Established & Sons, richtete aber auch ganze Boutiquen ein. Pauline Deltour wurde 38 Jahre alt. Ein Nachruf.

von Judith Jenner, 15.09.2021

„Effektivität ist der Beginn der Freiheit“, sagte Pauline Deltour einmal. „Wenn alles gut organisiert ist, hat man mehr Zeit für Kreativität.“ Nach diesem Motto schien die 1983 im bretonischen Landerneau geborene Designerin gelebt zu haben. Bereits mit 17 Jahren stand ihr Berufsziel fest. Sie zeichnete viel und interessierte sich zugleich für Wissenschaft und Technik. Durch die Arbeit als Designerin wollte sie beides vereinen.

Die frühen Jahre
Nach ihrem Kunststudium an der École Nationale Supérieure des Beaux-Arts (ENSAAMA) spezialisierte sie sich im Bachelor auf Industriedesign an der École Nationale Supérieure des Arts Décoratifs (ENSAD). Währenddessen absolvierte sie verschiedene Praktika: 2006 im Studio von Konstantin Grcic – später wurde sie dessen erste weibliche Assistentin und stieg dann zur Projektleiterin auf. Aber auch in einer Keramikwerkstatt und einem Stahlunternehmen sammelte sie Erfahrungen.

Erste Entwürfe
Metall hatte es Pauline Deltour angetan. Bereits ihre Abschlussarbeit – ein Abtropfgitter aus Metalldraht – ging einige Jahre später in Serie. Alessi hat A Tempo bis heute im Programm. Es folgten weitere Projekte für die Italiener, zum Beispiel der Garderobenständer Pierrot. Für das junge Möbelunternehmen Fucina zeigte sie auf dem Salone del Mobile 2018 eine Schrankserie aus poliertem Stahl. Zu den geschwungenen Türen ließ sie sich durch die Kurven von Oldtimern inspirieren. „Den Leitfaden bilden bei mir das Material sowie dessen kluger Einsatz“, erläuterte Pauline Deltour 2018 im Interview mit unserer Redaktion.

Erfolg mit eigenem Studio
Seit 2010 setzte Pauline Deltour solche und andere Projekte in ihrem Studio in Paris um. Selten musste sie sich um Aufträge bemühen, die Firmen kamen zu ihr. In den farbenfrohen Büromöbeln der Serien Drop und Floater für COR brachte sie New-Work-Werte wie Agilität und Flexibilität auf den Punkt. Aber auch Schmuck aus ethisch vertretbar gewonnenem Gold, eine Toilettenspülung und ein Fahrrad gehörten zu ihren Projekten. „Wenn wir über Form sprechen, dann würde ich nicht den Begriff ‚Minimalismus’ verwenden, sondern diese eher als pure Formen definieren“, beschrieb Pauline Deltour den gemeinsamen Nenner ihrer vielfältigen Designprojekte. Zusammen mit Gwenaëlle Girard setzte sie unter dem Namen En Bande Organisée aber auch Innenarchitekturprojekte um, gestaltete Boutiquen und Apartments.
 
Mit Pauline Deltour verliert die Designwelt eine inspirierende Persönlichkeit und einen kreativen Geist.

Facebook Twitter Pinterest LinkedIn Mail

Mehr Menschen

Puzzle für die Wand

Interview mit Paolo Zilli, Associate Director bei Zaha Hadid Architects

Interview mit Paolo Zilli, Associate Director bei Zaha Hadid Architects

Die perfekte Proportion

Interview mit Birthe Tofting von Vola

Interview mit Birthe Tofting von Vola

Wie es Euch gefällt

FSB-Co-Chef Jürgen Hess über den neuen Mut zur Farbe

FSB-Co-Chef Jürgen Hess über den neuen Mut zur Farbe

Sinnliche Bäder

Stefano Giovannoni über seine Erweiterung der Kollektion Il Bagno Alessi

Stefano Giovannoni über seine Erweiterung der Kollektion Il Bagno Alessi

Der Fliesenmacher

Wie Edgard Chaya in Beirut eine Zementfliesenfabrik aufbaute

Wie Edgard Chaya in Beirut eine Zementfliesenfabrik aufbaute

Pool mit Korallenriff

Unterwasser-Designerin Alex Proba im Interview

Unterwasser-Designerin Alex Proba im Interview

Heilende Räume

Matteo Thun und Antonio Rodriguez im Gespräch

Matteo Thun und Antonio Rodriguez im Gespräch

Startpaket für nachhaltige Innenarchitektur

Ein Gespräch mit BDIA-Präsidentin Pia A. Döll

Ein Gespräch mit BDIA-Präsidentin Pia A. Döll

Mut zur Einfachheit

Dominik Tesseraux über gute Badgestaltung bei Bette

Dominik Tesseraux über gute Badgestaltung bei Bette

Neue Farbinspiration fürs Bad

Yvonne Dallmer über ein unterschätztes Detail der Badgestaltung

Yvonne Dallmer über ein unterschätztes Detail der Badgestaltung

Die junge Internationale

Kuratorin Anniina Koivu über die The Lost Graduation Show auf dem Supersalone

Kuratorin Anniina Koivu über die The Lost Graduation Show auf dem Supersalone

Baddesign im Wandel

2000-2020: Zeitreise im Badezimmer mit Sven Rensinghoff von BETTE

2000-2020: Zeitreise im Badezimmer mit Sven Rensinghoff von BETTE

Dominik Tesseraux und Sven Rensinghoff

Ein Gespräch über Email im Bad von Bette

Ein Gespräch über Email im Bad von Bette

„Es geht immer auch um eine Art Heimat“

Pauline Deltour im Gespräch

Pauline Deltour im Gespräch

Toan Nguyen

Der französische Designer zur ISH 2015 über laue Sommerabende, plötzliches Altaussehen und darüber, einmal der Erste zu sein.

Der französische Designer zur ISH 2015 über laue Sommerabende, plötzliches Altaussehen und darüber, einmal der Erste zu sein.

Yvonne Dallmer

Ein Interview über Tradition und Zukunft

Ein Interview über Tradition und Zukunft

Marcio Kogan

Der Architekt aus São Paolo über Filme, Widescreen-Architektur und Beziehungen in der Badewanne.

Der Architekt aus São Paolo über Filme, Widescreen-Architektur und Beziehungen in der Badewanne.

Andreas Dornbracht

Thilo C. Pahl

Carlo Colombo

Dominik Tesseraux

Shay Alkalay/ Raw-Edges

Claudio Silvestrin

Ronan Bouroullec & Philippe Grohe

Harry Allen

Andreas Dimitriadis

Jochen Schmiddem

Terri Pecora

Interpalazzo

Amanda Levete