Ligne Roset feiert 2020 sein 160-jähriges Bestehen. Über 70 Designer*innen – bekannte Namen wie junge Talente – arbeiten aktuell für den französischen Möbelhersteller. In fünfter Generation steuert das Familienunternehmen weiter nach vorne.
Das Wörtchen „Ose“ steht im Französischen für einen Imperativ: „Wage es!“. Antoine Roset hatte das Glück, dass ihm diese drei Buchstaben sogar in den Namen geschrieben wurden. Nach der Pfeife anderer zu tanzen, kam für den jungen Forstwirt nicht in Frage. Also gründete er 1860 im Ort Montagnieu einen kleinen Betrieb zur Holzverarbeitung. Der in den Ausläufern des Juragebirges entspringende Fluss Brivaz lieferte genügend Wasser, um die Schaufelräder der Säge anzutreiben. Das Holz kam aus den umliegenden Wäldern. Dass daraus einmal die weltbekannte Marke Ligne Roset werden sollte, war anfangs nicht zu erahnen. Zumal das Unternehmen zunächst keine Möbel, sondern Griffe für Sonnenschirme und Gehstöcke produzierte.
Aus der Region in die Welt
Das Geschäft florierte und schon bald wuchs die kleine Manufaktur auf 30 Mitarbeiter an. Als Sonnenschirme in den 1890er-Jahren langsam aus der Mode kamen, sattelte Antoine Roset in ein weiteres Segment um: Er fertigte Bauteile für Holzstühle wie Sprossen oder Beine. Schließlich ging er dazu über, ganze Stühle aus Holz zu fertigen. Antoine Rosets Sohn Emile begann 1893 mit der Entwicklung erster Polstermöbel – und gab damit eine entscheidende Richtung vor. In den Fünfzigerjahren trat mit Jean Roset die dritte Generation in das Unternehmen ein. Er stellte die Produktion auf industrielle Fertigungsmethoden um und lieferte mit inzwischen 50 Mitarbeiter*innen Möbel für Schulen, Universitäten, Krankenhäuser und Pflegeheime. Ab den Sechzigerjahren rückte das private Wohnen in den Mittelpunkt.
Mäandernde Spielwiese
Der Enkel des Firmengründers wollte jedoch nicht mehr an die Stilmöbel der Vorkriegsjahre anknüpfen, sondern einen Neuanfang wagen. Und genau der wurde in den Sechzigerjahren von neu entwickelten Schaumstoffen beflügelt, die eine gänzlich neue Formensprache zuließen. Jean Roset begann, mit zeitgenössischen Gestaltern wie Bernard Govin zu arbeiten, der 1966 die ikonische Sitzlandschaft Asmara entwarf, die seit 2020 wieder aufgelegt wird. Statt steif und gerade Platz zu nehmen, kann man sich locker in das tiefe, bodennahe Möbel hineinfallen lassen. Es setzt sich aus einer Vielzahl wellenartiger Module zusammen, die das Wohnzimmer in eine mäandernde Spielwiese verwandeln.
Dreifacher Neustart
Später traf Jean Roset auf den Designer Michel Ducaroy. Der junge Absolvent der Kunsthochschule von Lyon entwarf das Polsterprogramm Togo, das ebenso der Idee der Sitzlandschaft verhaftet war. Ducaroy vermochte daraus eine Familie von Sofas, Sesseln und Hockern abzuleiten, die sich flexibel an die Grundrisse anpassen und den Grundstein für einen enormen wirtschaftlichen Erfolg legten. Bis heute ist Togo mit über 1,5 Millionen Exemplaren das meistverkaufte Möbel des Unternehmens. Das Jahr 1973 markierte neben der Markteinführung von Togo noch zwei weitere Schritte: Der Firmenname wurde von Veuve A. Roset S.A.R.L. in Ligne Roset geändert. Zudem wurde der Firmensitz ins nahe gelegene Briord verlegt – nur wenige Meter vom Ufer der Rhône entfernt.
Stilistische Vielfalt
Den Fokus auf zeitgenössisches Design setzten Jean Rosets Söhne Pierre und Michel in den kommenden Jahren weiter fort. Das Unternehmen arbeitet heute mit über 70 Gestalter*innen zusammen, darunter bekannte Namen wie die Brüder Bouroullec, Inga Sempé, Marie Christine Dorner, Didier Gomez, Eric Jourdan, Pascal Mourgue, Yabu Pushelberg, Sebastian Herkner, Philippe Nigro, Pierre Charpin oder Keiji Takeuchi und Christian Werner. Aber ebenso viele Nachwuchstalente erhalten bei Ligne Roset ein Sprungbrett für den Karrierestart. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf den Ikonen der französischen Design-Avantgarde: Seit 2007 werden zahlreiche Entwürfe von Pierre Paulin bei Ligne Roset in Produktion genommen – darunter auch jene Möbel, die er für den Amtssitz des damaligen französischen Präsidenten Georges Pompidou entwarf, und die selbst zu ihrer Entstehungszeit in den Siebzigerjahren nicht in Serie erhältlich waren.
Neuer Lebenszyklus
In Frankreich wurde jüngst das Pilotprojekt gestartet, gebrauchte Togo-Sitzmöbel zurückzunehmen. Diese werden aufgearbeitet und zu neuem Leben erweckt, was Ressourcen schont und die Kreislaufwirtschaft vorantreibt. „Die zeitlosen Formen, das sorgfältige Savoir-faire verbinden Eleganz und Robustheit in unseren Produkten, die entworfen wurden, um lange zu überdauern, ein ganzes Leben lang, manchmal länger. Unsere Fertigungsbetriebe in Briord freuen sich, wenn sie Modelle aus ganz Europa restaurieren können“, sagt Pierre Roset, der heute das Unternehmen mit seinem Bruder Michel leitet. Die fünfte Generation ist aber auch längst mit an Bord: Die Söhne von Michel und Pierre Roset, Olivier und Antoine, treiben die Digitalisierung voran und bauen die Präsenz der Marke in den USA, China und Japan aus. Immer nach vorne schauen und etwas Neues wagen gilt auch weiterhin – nach 160 Jahren.

Ligne Roset
Fertigungsstandorte von Ligne Roset mit ca 800 Mitarbeitern. 95% der Sitz-, Kasten-, Kleinmöbel und Accessoires werden hier gefertigt. Das seit 1860 bestehende Familienunternehmen exportiert in 5. Generation weltweit in 70 Länder und begeistert überall Menschen für hochwertige französische Möbel. Anspruchsvolle und zeitlose Ästhetik prägen die Marke sowie ein hohes Maß an Innovation und Kreativität. Möbel von Ligne Roset werden im gehobenen stationären Handel, in Exklusivgeschäften sowie über einen eigenen Onlineshop vertrieben. Darüber hinaus sind Hotels, Sternerestaurants, Kreuzfahrtschiffe und Luxusboutiquen ein wichtiges Geschäftsfeld.
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