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Surrealistische Vielfalt in Paris

Highlights von der Maison & Objet 2025

Bonjour Paris, au revoir Winter-Tristesse! Die Maison & Objet 2025 präsentierte unter dem Motto „Sur/Reality“ die Vielseitigkeit der aktuellen Interiortrends: Auf unserem Rundgang über die Messe entdeckten wir Inspirationen aus der Natur, Sehnsüchte nach fernen Ländern und vergangenen Zeitepochen sowie Installationen, die Optimismus ausstrahlten.

von Jana Herrmann, 22.01.2025

Weil die Kölner Möbelmesse imm cologne nicht wie geplant stattfand, begann das Designjahr 2025 in Paris. Mitte Januar zog es Trendscouts aus aller Welt in die französische Metropole, wo neben Showrooms und Galerien vor allem die Einrichtungsmesse Maison & Objet im Parc des expositions in der Nähe des Flughafens Charles de Gaulle im Fokus stand. Zum 32. Mal wurden dort die aktuellen Trends für Inneneinrichtung und Einzelhandel präsentiert, dieses Mal unter dem Motto Sur/Reality – als Hommage an die ikonische Kunstbewegung, die seit einem Jahrhundert inspiriert, provoziert und die Schöpfungskraft in allen Formen elektrisiert – von der bildenden Kunst über das Design bis hin zur Architektur.

„Einfallsreiche Installationen und ungewöhnliche Objekte in fesselnden Umgebungen“ versprachen die Veranstaltenden schon im Vorfeld. Diese sollten dazu anregen, „unsere komplexe Welt mit ihrer allgegenwärtigen Technologie und der Beliebigkeit künstlicher Intelligenz mit Fantasie und Poesie zu hinterfragen, um den Weg zurück zu einer instinktiven Kreativität zu finden“.

Eine bewegende Gastfreundschaft
Prädestiniert für die Umsetzung dieses Konzepts war das Pariser Studio Uchronia, dessen Handschrift sich zwischen Realität und Fantasiewelt bewegt. Für die Maison & Objet entwickelten die Architekt*innen eine surrealistische Hotelsuite, die auf 200 Quadratmetern mit der menschlichen Wahrnehmung spielte. Sie gestalteten Ess-, Schlaf- und Fitnessräume ausschließlich mit Objekten der Messeaussteller und luden zur Interaktion mit den „lebendigen“ Zimmern ein. Durch den Einsatz von Licht- und Farbwechseln inszenierten sie beispielsweise einen fließenden Übergang zwischen Tag und Nacht und schufen damit einen Raum, der sich ständig neu zu erfinden schien. Die spielerische Installation sollte veranschaulichen, wie Hospitality in der Zukunft aussehen könnte: Dem Architektur- und Designbüro zufolge braucht es Orte, die nicht nur funktional sind, sondern die auch unsere Sinne fesseln, Emotionen wecken und uns den Alltag vergessen lassen.

Dekoratives Labyrinth
Wie eine Schocktherapie gegen winterlichen Trübsinn wirkte auch die Ausstellung der französischen Trendforscherin Elizabeth Leriche, die unter dem diesjährigen Motto Sur/Reality die neuesten Entwicklungen im Bereich Dekoration präsentierte. Leriche führte die Besucher*innen durch ein labyrinthartiges Arrangement imaginärer Landschaften, in denen die Grenzen zwischen Realität und Fantasie verschwammen. Eine Vielzahl intensiver Farben, sinnlicher Formen, Lichtreflexe und die Kombination antiker mit futuristischen Elementen spiegelten den Zeitgeist wider und setzten frische Akzente. Zu den Highlights der Installation zählten ein Kuriositätenkabinett mit Objekten des amerikanischen Designers Jonathan Adler, Masken von Silver Sentimenti sowie zahlreiche Spiegelflächen, die ungewohnte Perspektiven durch verzerrte Reflexionen schufen.

Zwischen Naturverbundenheit und Lebensfreude
Neben bunten Farbnuancen und kuriosen Gegenständen, die unsere Räume aufheitern sollen, war weiterhin der Trend zu natürlichen Farben und Materialien auf der Messe erkennbar. Erdige Töne wie Braun, Ocker und Terrakotta – die perfekt mit dem von Pantone zur Farbe 2025 gekürten Mocha Mousse harmonieren – sorgen für Wärme in unseren Wohnräumen. Eine beruhigende Atmosphäre wird aber auch mithilfe von Texturen natürlicher Materialien erzeugt. So begegneten uns in Paris immer wieder gewebte Wandbilder, voluminöse Teppiche sowie grafische Vasen mit Reliefstrukturen. Viele Aussteller setzten auf Kontraste: Stickereien zeigten Inspirationen aus fernen Traumwelten, Skulpturen erinnerten an das Erbe der antiken Vergangenheit und kunstvoll gearbeitete Objekte feierten die Eleganz des Minimalismus.

Frauen im Rampenlicht
Bereits zum zweiten Mal war auf der Maison & Objet die Ausstellung Women & Design zu sehen, die von Mélanie Leroy, der Geschäftsführerin der Messe, ins Leben gerufen wurde. Die Initiative richtet den Fokus auf Projekte von Frauen, die die Designbranche nachhaltig prägen, und bietet ihnen eine internationale Plattform für Austausch und Vernetzung. So teilten auch bei zahlreichen Talkrunden Designerinnen wie Nina Magon, Margaux Keller oder Tatjana von Stein ihre Perspektiven und Erfahrungen mit dem Publikum.

Als Designer of the Year wurde Faye Toogood auf der Maison & Objet gekürt. Die Britin ist bekannt dafür, in ihrem kreativen Prozess die Grenzen des Möglichen auszuloten. Auch ihre Installation Womanifesto! auf der Messe spiegelte ihren avantgardistischen Geist wider. Sie zeigte eine eklektische Auswahl eigener und zusammengetragener Möbel- und Modeentwürfe sowie Artefakte. Zum ersten Mal nahm das in Berlin ansässige Frauenkollektiv Matter of Course an der Einrichtungsmesse teil. Es besteht aus elf unabhängigen Designerinnen, die an der Schnittstelle von Design, Kunst und Handwerk arbeiten und in Paris neue Objekte auf ihrem Gemeinschaftsstand in Halle 7 präsentierten.

Inszenierte Kontraste
In Halle 7 sorgte der Designer und Innenarchitekt Thomas Haarmann für ein Highlight: In seiner Installation Curatio setzte er etwa 15 Objekte in Szene, die Handwerkskunst aus Europa repräsentierten und weitaus mehr als nur eine Ausstellung darstellten. Denn die überraschende, mutige Kombination und der Dialog von Materialien, Formen und Epochen ermöglichten eine neue Perspektive auf die gezeigten Objekte. „Ich wollte Welten zusammenbringen, die eigentlich nichts miteinander zu tun haben, und Objekte aus ihren gewohnten Kontexten herausholen. Denn meiner Meinung nach ist der Kontext genauso wichtig wie das Objekt selbst“, erklärt Thomas Haarmann seinen Ansatz.

Kreative Kräfte aus Südkorea
Schließlich bot die Maison & Objet auch dieses Jahr wieder den Preisträger*innen der Rising Talent Awards, die alle jünger als 35 Jahre sind und ihre Studios vor weniger als fünf Jahren gegründet haben, eine prominente Standfläche im Eingangsbereich der größten Messehalle 6. Das Programm rückte dieses Jahr sechs Designer*innen sowie einen Meisterhandwerker aus Südkorea ins Rampenlicht. Als Begründung ihrer Wahl führte die Jury an, dass Hallyu – auch bekannt als Korean Wave – Südkorea zu einem anerkannten kulturellen Hotspot gemacht und sich die Halbinsel zu einem inspirierenden Ort für Kreative aus aller Welt entwickelt habe. Die junge Generation koreanischer Designer*innen, die von den Paradoxen westlicher Einflüsse und handwerklichem Erbe geprägt wurde, experimentiere mit traditionellen Materialien und verschiebe die Grenzen zwischen Design und Kunst – oder bringe sie gar vollständig zum Verschmelzen. Dereen O’Sullivan, Leiterin des Rising Talent Awards-Programms, fügte dem hinzu: „Die in Südkorea entstehenden gestalterischen Ausdrucksformen zeichnen sich durch eine klare futuristische Ästhetik, reduzierte Designs und die Neuinterpretation skulpturaler Handwerkskunst aus.“ Auch in der nahen Zukunft werde es dort noch viel zu entdecken geben, wobei Südkorea bereits heue eine unverzichtbare Inspirationsquelle für die internationale Designwelt sei.

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