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Die Schönmacher

Gepflegte Marken: Kosmetikprodukte brauchen ein makelloses Erscheinungsbild.

von Claudia Simone Hoff, 10.07.2014

Creme A soll Falten killen. Shampoo B unser Haar reparieren. Während Deo C 24 Stunden hält und keine Flecken hinterlässt. Kosmetikkonzerne leben vom Versprechen der Makellosigkeit. Und deshalb muss auch das Erscheinungsbild der Produkte selbst makellos sein. Also glänzt nicht nur die Verpackung, sondern auch die Architektur und das Interiordesign, in denen die vermeintlichen Alleskönner präsentiert werden. 

Aesop, Cowshed, Kiehl’s, The Organic Pharmacy, Susanne Kaufmann, Shu Uemura. (High-End-)Kosmetikmarken gehören zum Leben des stilbewussten Besserverdieners dazu wie kostspielige Möbel, Stereoanlagen, Autos, Kleidung und Schmuck – getreu dem Motto: Ich kaufe, also bin ich. Nur die richtige Marke muss es sein. Und deswegen ist Branding alles. Schließlich ist der Mehrwert der Marke ein entscheidender Verkaufsaspekt und für den kommerziellen Erfolg eines Unternehmens extrem wichtig.

Ästhetisierung des Profanen
Bedeutung im heutigen Sinn des Wortes erlangten Marken mit Beginn der Industrialisierung im 19. Jahrhundert. Durch das Aufkommen der Massenproduktion glichen sich die Produkte immer mehr an, so dass sie kaum noch voneinander zu unterscheiden waren. Die Lösung: der Aufbau einer Marke, die durch eine bestimmte Bildsprache kontextualisiert wird. Es war der Startschuss für eine Ästhetisierung des Markenprodukts durch Künstler, Architekten und Designer, die heute ungeahnte Ausmaße angenommen hat.

Image erleben
Auch Kosmetikkonzerne müssen über das eigentliche Produkt hinaus Kaufanreize schaffen, um den Kunden dauerhaft an die Marke zu binden. Diese Entwicklung ist eingeflochten in einen allgemeinen kulturellen Paradigmenwechsel von einer reinen Konsum- zur Erlebnisgesellschaft. Dabei tritt das eigentliche Produkt zugunsten des Produktimages in den Hintergrund. Bei der Entscheidung zum Kauf einer bestimmten (Kosmetik-)Marke spielen das Markenumfeld und die damit verknüpften Assoziationen eine entscheidende Rolle. Die werden auch durch eine bis ins Detail durchdachte Gestaltung erzeugt, wozu neben Grafik- und Produktdesign auch die Architektur und das Interiordesign zählen. Denn je stringenter die Gestaltung eines Produkts und seiner Umgebung, desto besser wird es mit bestimmten, vom Hersteller gewünschten Assoziationen und Werten im Kopf des Konsumenten verankert.

Nicht einfach eine blaue Dose
Gebauter Kontext spielt eine entscheidende Rolle für das Unternehmensimage, denn es braucht einen (möglichst dreidimensionalen) Ort, der mit Erlebnissen angereichert werden kann. Architektur und Interiordesign dienen also vor allem Kommunikations- und Vertriebszwecken. Im Nivea-Haus in Hamburg beispielsweise gibt es auf 800 Quadratmetern Fläche nicht nur einen Shop mit Nivea-Produkten und sogenannten Fan-Artikeln. Eine Tester-Bar, interaktive Erlebnisse zur Marke und eine ganze Etage für Kosmetik- und Massageanwendungen vervollständigen das Angebot. Entworfen vom Architekturbüro Schwitzke & Partner, spielen die Farben Blau und Weiß eine entscheidende Rolle im Interior, denn sie erinnern an die legendäre blaue Nivea-Dose, die 1925 auf den Markt kam. Aufgrund der hohen Wiedererkennbarkeit stand die blaue Dose auch im Zentrum des Relaunches der Nivea-Produktrange vor zwei Jahren. Yves Béhar und sein Büro Fuseproject fanden eine gemeinsame Designsprache für die unterschiedlichen Verpackungen von 1600 Produkten. Sämtliche Deckel der Nivea-Produktfamilie sind nun in Blau gehalten und erinnern in ihrer Form an die Nivea-Dose – ebenso wie die abgerundeten Konturen der Flaschen, Tuben und Tiegel.


Sinn und Sinnlichkeit
Dass gerade in der Kosmetikindustrie neben Grafik- und Verpackungsdesign die Architektur – Shop-in-Shop-Systeme, Monobrand Stores, Flagshipstores und Messepräsentationen – zur Vermittlung von Konsumerlebnissen und als Differenzierungsfaktor zu anderen Marken genutzt wird, verwundert nicht. Denn die dort präsentierten Produkte sind nicht länger abstrakt wie in der klassischen Werbung, sondern können sinnlich erfahren werden. Deshalb positionieren sich die Kosmetikhersteller besonders gern in den luxuriösen Spas der Fünf-Sterne-Hotels. Gerade hat beispielsweise im Grand Resort Bad Ragaz ein 18 Quadratmeter großer Laden der Luxusmarke La Prairie – die ebenso wie Nivea zu Beiersdorf gehört – eröffnet. Werner Dirks, General Manager von La Prairie Schweiz, versucht den Marketing-Coup auch gar nicht zu verbergen, wenn er bei der Shop-Eröffnung von einer „La Prairie-Schönheitswelt“ und von den „La Prairie-Wünsche[n]“ seiner Kunden spricht.

Öko Österreich
Manchmal ist es aber auch umgekehrt: Da entsteht erst die Architektur und dann die Kosmetikmarke. So jedenfalls war es bei Susanne Kaufmann, die in Vorarlberg das Hotel Post Bezau betreibt. Ihr Bruder, der Architekt Oskar Leo Kaufmann, hatte das Interior des Spas entworfen: klinisch weiß in transparenter Anmutung und klarer Linienführung. Quasi nebenbei kam der Österreicherin die Idee zu einer eigenen Kosmetiklinie, die nun in einer kleinen Manufaktur im Bregenzerwald nach ökologischen Prinzipien hergestellt wird. Auch bei der Gestaltung der Produktlinie überließ sie nichts dem Zufall: Während Birgit Rehm ästhetisch passende Badetücher, Flip Flops und Saunatücher entworfen hat, kümmerte sich der schwedische Designer Johannes Norlander um das Aussehen der Glasflaschen, -dosen und Tiegel, das die hochwertigen Inhaltsstoffe widerspiegeln soll. Zudem passt das extrem reduzierte Corporate Design kongenial zur Spa-Architektur. Norlander gestaltete auch das Logo der Susanne-Kaufmann-Kosmetiklinie: einen abstrahierten, schwarzen, beinahe niedlichen Vogel.

New York Times? Architektur!
Doch den größten Vogel in Sachen Corporate Design abgeschossen hat der Kosmetikhersteller Aesop. 1987 gegründet, machen die Australier nicht nur mit gelungenem Packaging, das an altmodische Apothekerflaschen erinnert, auf sich aufmerksam. Die Architektur ihrer Monobrand Stores ist intelligente Corporate Architecture. Im Unterschied zu den meisten Kosmetikmarken setzt Aesop nämlich nicht auf ein einheitliches Erscheinungsbild, das schnell ermüdend und langweilig werden kann. Bei Aesop sieht jeder Shop anders aus und ist dazu noch überaus aufwändig gestaltet: Mal türmt sich nämlich eine Wand aus Exemplaren der New York Times auf (Store Nolita, New York), mal hängen 7560 Glasflaschen von der Decke (Store Adelaide) und mal erinnert ein ganz in Grün gefliester Raum an traditionelle Schlachterläden (Store Mitte, Berlin). Lediglich ein Element des Interiors ist überall gleich: das Waschbecken als gestalterischer Mittelpunkt.

Creme A killt keine Falten. Shampoo B kann unser Haar nicht reparieren. Deo C hält keine 24 Stunden und macht Flecken. Wir wissen das, und doch lassen wir uns gern verführen. Das hohe Marketingbudget für die Unternehmen ist also rasch wieder eingespielt. Und wir gehen nach Hause mit prall gefüllten Tüten.

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