Laute Örtchen
Die Toilette als ästhetisches Erlebnis: Ett La Benn mischen Berliner Waschräume auf.

In Restaurants ist die räumliche Inszenierung beinahe so wichtig wie das kulinarische Konzept – und der visuelle Sinneseindruck der beste Multiplikator des geschmacklichen. Hinter einer Tür ist damit allerdings oftmals Schluss: Die Waschräume haben häufig einen funktionalen Einheitslook oder bemühen sich bestenfalls um die Nähe zur Wellnessoase. Die Berliner Designer von Ett La Benn dagegen sind die Protestkünstler der WC-Welt. Sie gestalten die Toilette monochrom Kanariengelb, verwirren mit schwarz-weißem Dazzle-Muster oder inszenieren eine blinkende Kirmes, die sich in der Unendlichkeit verliert.
Das asiatische Restaurant Toca Rouge liegt in Berlin-Mitte und empfängt mit einem monochromen Schwarzraum. Die Raumgrenzen verschwimmen, und gezielt eingesetzte Spotlights bündeln das Licht vertraulich auf dem Tisch. Gäste, die aus dem Waschraum kommen, kehren oft gleich wieder dahin zurück. Diesmal mit Kamera oder in Begleitung der Freunde. Die Toilette des Toca Rouge ist ein Instragram-Star, vielleicht das meistfotografierte Örtchen Berlins. Wer „Toca Rouge“ googelt, landet schnell auf seiner Toilette. Denn obwohl der Raum verhältnismäßig klein ist, saugt er den Besucher mit dem Öffnen der Tür unmittelbar in einen anderen Kosmos. Decke und drei Raumseiten sind verspiegelt, die gegenüberliegenden Spiegel vervielfachen den Raum und den Gast in einer endlosen Reihe. Hunderte, im Raster montierte bunte Kunststoff-Lampen im klassischen Jahrmarkt-Schliff blinken an der Decke auf.
Hinter verschlossenen Türen
Aufregung und Kommunikation der Gäste nach dem Besuch der Toilette sind ein kalkuliertes Moment. Denn Oliver Bischoff, Johann Gooßen und Danilo Dürler von Ett La Benn sehen bei gastronomischen Interieur-Konzepten im Waschraum nicht nur eine infrastrukturelle Notwendigkeit, sondern eine gestalterische Möglichkeit: „Die Toilette ist immer konsequent vom Gastraum abgetrennt. Das Konzept in sich selbst stark zu variieren, wirkt schnell unruhig. Wenn aber die Toilette als Kontrastraum genutzt wird, lässt sich eine andere Welt mit einem positiven Irritationsmoment erzeugen“, erläutert Bischoff. Indem die Designer die Waschräume als Intervention innerhalb ihres eigenen Projektes nutzen, schaffen sie kleine Bereiche des Unerwarteten – und hinterlassen beim Gast einen nachhaltigen Eindruck.
Wege ins Licht
In welche Richtung die Inszenierung ausschlägt, hängt also auch vom Grundkonzept der jeweiligen Gastronomie ab. Der Good Time Grill in Mitte serviert gehobene Küche in einem in warmen Braun- und Orange-Nuancen gehaltenen Gastbereich. Geht der Gast zur Toilette im Untergeschoss, führt der Weg dorthin durch einen radikalen Weißraum. Erleuchtet wird er von Lichtboxen, die in ihrem grafischen Rhythmus an Donald Judd denken lassen. Die versetzte Kubatur des Flurs wird zu einem Licht- und Schattenspiel. Der Gast fällt aus der weichen Atmosphäre oben in diese neue Umgebung unten wie Alice im Wunderland. Mit ähnlichen Folgen wie im Märchen – zurück am Tisch hat der Gast unten ein ästhetisches Abenteuer erlebt, von dem seine Tischnachbarn oben nichts ahnen.
Gestreifte Punkte
Die Bandbreite dessen, was sich hinter der Waschraumtür verstecken lässt, interessiert Ett La Benn. Deswegen geht es hier nicht immer so monochrom zu wie im konsequent kanariengelben WC des chinesischen Restaurant Yumcha Heroes oder der schwarzen Spiegelwelt des Toca Rouge. Im Friedrichshainer Glory Duck wird der Gast bewusst irritiert. Während der durch eine schräg gestellte Wand offen gestaltete Vorraum zu den Toiletten noch ganz schwarz ist, wartet hinter der nächsten Tür grafische Ausgelassenheit. 13.000 runde, schwarz-weiß gestreifte Sticker bilden die Tapete, verkleiden die Decke und erreichen selbst verborgene Winkel. Ohne klare Kanten und Bezugspunkte verschwimmen die räumlichen Grenzen. Eine Strategie übrigens, die sich im letzten Jahrhundert Militärs bei U-Booten zunutze machten. Von schwarz-weißen Dazzle-Grafiken bedeckt, ließen sich deren Umrisse nicht mehr genau abgrenzen – der Gegner war verwirrt.
Das Reizvolle an Ett La Benns Konzept ist, dass der Gast mit einem komplett neuen Eindruck konfrontiert wird, wenn er sich in den Räumlichkeiten eines Restaurants eingerichtet hat. Den unvermeidlichen Ausflug in den Funktionsraum nutzt Ett La Benn, um eine Überraschung zu servieren – und kreativ so durchzudrehen, wie es der Gastraum selbst kaum erlaubt. „Die Toilette wird oft wie eine Besenkammer verstanden“, meint Oliver Bischoff. „Wir aber wollen unsere Auftraggeber davon überzeugen, dass sie keineswegs als banales Hinterzimmer aufgefasst werden sollte, sondern dass man hier einen Spielraum hat, in den man Energie und Aufmerksamkeit investieren sollte.“ Auch in ihrem aktuellen, gerade in der Umsetzungsphase befindlichen Projekt geben sie dem stillen Örtchen wieder eine laute Aussage. Viel erzählen wollen sie davon noch nicht – nur dass die Reise diesmal konsequent in fremde Welten und Kulturen führen wird. Wir werden uns also wie gewohnt überraschen lassen.
Toca Rouge
www.tocarouge.deGlory Duck
www.gloryduck.deGood Time Grill
www.goodtime-grill.deYumcha Heroes
www.yumchaheroes.deMehr Stories
Digitale Werkzeuge in der Innenarchitektur
Wie ein Schweizer Büro Planung, Präsentation und Produktion verbindet

Natursteinästhetik in Keramik
Fünf neue Oberflächen erweitern das Feinsteinzeug-Programm des Herstellers FMG

Rauchzeichen aus dem Abfluss?
Wie Entwässerungstechnik zur Sicherheitslücke beim Brandschutz werden kann

Zwischen Zeitenwende und Tradition
Unsere Highlights der Munich Design Days und des Münchner Stoff Frühlings

Charaktervolle Bäder
Vier Planende geben Einblick in ihre persönlichen Gestaltungsansätze

Wellness für Zuhause
Wie das Badezimmer zur persönlichen Oase wird

Wellen, Wärme, Wohnlichkeit
Best-of ISH 2025

Maximale Gestaltungsfreiheit
Befliesbare Duschrinnen für dünne Bodenbeläge

Outdoor mit System
Clevere Lösungen für Außenbereiche von Schlüter-Systems

ITALIENISCHE HANDWERKSKUNST
Mit Möbeln, Leuchten und Textilien gestaltet SICIS ganzheitliche Wohnwelten

Farbenschöne Bäderwelt
Einfache Badgestaltung mit dem Farbfächer von Bette

Glas im Großformat
Das Material Vetrite von SICIS bringt Vielfalt ins Interior

Bunte Bäder
Bette präsentiert neues Farbkonzept

NACHHALTIGKEIT TRIFFT DESIGN
GREENTERIOR by BauNetz id auf dem Klimafestival 2025

Barrierefreier Komfort
Generationenübergreifende Badplanung mit Schlüter-Systems

Begehbare Kunstwerke, Teil 2
Weitere Gestalter*innen teilen ihre spannendsten Bodengeschichten mit uns

Vom funktionalen Raum zum designorientierten Lebensbereich
Wie Dallmer die Entwicklung des Badezimmers mitgestaltet

Made in Berlin
Drei originelle Badlösungen aus der Hauptstadt

Best-of Salone del Bagno 2024
Die wichtigsten Badtrends aus Mailand

Baden ohne Reue
Wie das Wannenbad mit Nachhaltigkeit in Einklang gebracht werden kann

Einmal um die Welt
180-seitiger Katalog gibt umfassende Einblicke in das Portfolio von Vola

Bunt und barrierefrei
Farbige Schalter und Notrufsysteme aus dem Programm LS 990 von JUNG

Verantwortungsvolle Bäder
Grohe sorgt mit ganzheitlicher Badplanung für Nachhaltigkeit

Ganzheitliches Designverständnis
Sonderpreise für Formafantasma und Vibia Lighting bei den Iconic Awards 2024

Alles unter Kontrolle
Intelligente Wassersteuerung von LAUFEN

Perfect Days
Wim Wenders würdigt das Tokyo Toilet Project im Kino

Lebensraum Bad
Dallmer-Auftritt bei den Passagen 2024 im Stoff-Pavillon Moeller

Best-of Fliesen 2023
Dekorative Neuheiten für Wand und Boden

Bunte Becken
Die Colour Edition von DuPont Corian

Mattschwarze Details
Dallmer Black Edition rundet die Badgestaltung ab
