Chalet mal anders
Minimalistisches Berghotel in Südtirol von Martin Gruber
Der Hotelier Andreas Plattner entschied sich gegen das klassische Wachstumsprinzip und damit für einen Neuanfang. Zusammen mit dem Südtiroler Architekten Martin Gruber ersetzte er das ehemalige Hotel seiner Eltern – mitten auf der Plose, auf einer Höhe von 1.850 Metern gelegen – durch ein minimalistisches Refugium, das Tradition und Moderne unter einem Dach vereint.
Schon der Name verrät, dass hier oben so einiges „anders“ ist. Etwa eine halbe Autostunde von Brixen entfernt, gerahmt von Nadelhölzern und Heidekraut, schlängelt sich eine schmale Straße nach oben. Und hier, mitten auf der Plose, befindet sich das Hotel Anders – auf einer Höhe von 1.850 Metern gelegen. Kennen tut der Hotelier Andreas Plattner diesen Ort schon lange, schließlich befand sich hier noch bis vor wenigen Jahren das Hotel Aurora, das Gasthaus seiner Eltern, das über die vergangenen Jahrzehnte auf über 50 Zimmer wuchs. Gezeichnet von den Spuren der Zeit, stand dem Aurora eine umfassende Erneuerung bevor. Doch statt das Gasthaus zu renovieren, entschied sich Plattner für einen Neuanfang. „Das Haus zu verkleinern und stattdessen einen Rückzugsort zu schaffen, war eine bewusste Entscheidung gegen das klassische Wachstumsprinzip“, erklärt der Hotelier. „Wir wollten kleiner und feiner werden. In unseren Augen ist weniger nicht mehr, sondern besser.“
Minimalistisches Refugium
Mit dem Wunsch, einen Urlaubsort zu schaffen, an dem man mit weniger mehr zur Ruhe kommt, wandte sich Plattner an den Südtiroler Architekten Martin Gruber. Und die Veränderung war enorm: Die alte Struktur des Hotels Aurora wich komplett, übrig blieb zunächst eine Baugrube, aus der dann ein hölzernes Bauwerk emporwuchs. „Ich suchte nach einer Form, die einfach dasteht – selbstverständlich und leicht“, erinnert sich Gruber. „Ein Haus, das einen Teil schützender Weichheit birgt.“ Wie ein Schirm ragt das massive Zementdach nun über die gebürstete Fichten-Fassade hinaus, die wellenförmig aus dem Boden herauszuwachsen scheint und die skulpturale Form des Neubaus definiert.
Traditionelle Elemente und moderne Architektur
So wurde jene unverkennbare Stilsprache auch im Inneren des Hauses fortgesetzt: Inspiriert von der rauen Bergwelt fließt grauer Zement über den Boden, die Innenwände sind mit naturbelassener Fichte verkleidet. Eine hölzerne Schleife teilt die große Fläche in zwei Hälften und verbirgt einen begehbaren Weinschrank. Während ein Teil nun als privates Backoffice dient, umfasst der größere Raum den öffentlichen Bereich des Hotels – das Herz des Hauses. Hier befinden sich ein offener Kamin sowie der Restaurant- und Barbereich, von dem aus man – dank der Glasfassade – einen freien Blick auf die raue Berglandschaft genießen kann.
Schlafen mit Panoramablick
Eine Treppe führt zu den sieben Apartments des Hauses hinab, die allesamt auf zwei Stockwerke verteilt und jeweils 65 Quadratmeter groß sind. Während der untere Bereich Wohnraum und Küche sowie einen Zugang zum Garten umfasst, befinden sich im oberen Teil der Eingangsbereich mit Garderobe, ein Bad mit verglaster Sauna und das Bett. Letzteres wurde bewusst vor die riesige Glasfront gesetzt und bietet einen ungestörten Ausblick in die Natur. „Hier im Anders sitzen alle in der ersten Reihe“, sagt Plattner. „Deshalb haben die Zimmer auch zwei Stockwerke. Damit alles so nah wie möglich am Fenster ist.“
Gemütlichkeit und Gastfreundschaft
Um trotz der minimalistischen Architektur jene Urigkeit zu behalten, die ein traditionelles Alpenchalet mit sich bringt, wurde ein Großteil der Möbel maßgefertigt. Für zusätzliche Behaglichkeit umhüllen weiche Textilien und Stoffe die Möbel und Polster. Im Kontrast dazu stehen schwarze Elemente wie zurückhaltende Leuchten aus Stahl oder moderne, dunkle Armaturen im Bad. „Heimelig, bequem, entspannend – für die Atmosphäre hier im Anders gibt es viele Ausdrücke“, so der Hotelier. „Zu Gast bei Freunden zu sein, das ist das Gefühl, was wir als Gastgeber vermitteln möchten.“
FOTOGRAFIE Tobias Kaser Photography Tobias Kaser Photography